Geliebte Fälscherin (German Edition)
schüttelte den Kopf und zuckte dann die Achseln.
Er sagte einen Moment nichts, dann drückte er ihr einen liebevollen Kuss auf die Stirn. „Danke, Claire, für einen schönen Abend. Und für das Geschenk Ihrer Freundschaft.“
Claire stand in der Eingangshalle und hatte eine Hand zum Abschied erhoben, als Andrews Kutsche losfuhr. Sie steckte ihre Handschuhe in ihre leeren Manteltaschen, da die Ausgabe von Les Aventure de Télémaque sicher auf dem Tisch in Andrews Foyer lag.
Dann ging sie geradewegs in ihr Zimmer und schrieb einen Brief an Sutton. Sie teilte ihm mit, dass sie und Mr Stanton ihre „Informationen miteinander verglichen“ hätten und dass er nach Hause kommen sollte.
Nicht nur nach Hause nach Belmont, sondern nach Hause zu ihr.
* * *
Claire schlüpfte durch die Kirchentür und ging durch den Mittelgang zu Mrs Acklens Bank.
„Ich begrüße Sie herzlich, liebe Gemeinde.“ Pastor Bunting trat an die Kanzel. „Stehen Sie bitte alle zum Gebet und für das erste Lied auf.“
Claire rutschte in die Kirchenbank und nahm ein Liederbuch, da sie noch nicht von allen Liedern den Text kannte. Als das Gebet endete und die Orgelmusik erklang, stimmte sie mit den anderen Gemeindemitgliedern in das Lied ein, vermisste aber Suttons kräftigen Tenor.
Sie hatte am Freitag ihren Brief an ihn abgeschickt, gleich am Morgen nach dem Abendessen mit Andrew Stanton. Sie wusste also, dass er ihn noch nicht bekommen hatte. Ein Brief war fast eine Woche zwischen ihnen unterwegs – manchmal auch länger, je nach Wetter.
„Bitte schlagen Sie Ihre Bibeln beim Propheten Jeremia, beim achtzehnten Kapitel, auf. Und bleiben Sie bitte stehen, während wir in Gottes Heiligem Wort lesen.“
Claire schlug ihre Bibel auf. Jeremia kam direkt nach Jesaja, dem Buch, das sie genauer gelesen hatte. Sie hatte also kein Problem, die richtige Stelle zu finden.
Sie las mit, als Pastor Bunting laut vorlas.
„Der Herr sprach zu mir: ‚Geh hinab zum Haus des Töpfers, dort werde ich dir eine Botschaft geben!‘ Ich ging dorthin und sah, wie der Töpfer gerade ein Gefäß auf der Scheibe drehte. Doch es misslang ihm. Er nahm den Ton und formte ein neues Gefäß daraus, das ihm besser gefiel.“
Ein Tongefäß? Ein Töpfer? Claires Interesse war geweckt.
„Da sprach der Herr zu mir: ‚Volk Israel, kann ich mit euch nicht genauso umgehen wie dieser Töpfer mit dem Ton? Ihr seid in meiner Hand wie Ton in der Hand des Töpfers!‘“ Pastor Bunting schwieg einen Moment. „Der Herr segne sein Wort und helfe uns, danach zu leben.“
Ein geflüstertes Amen erfüllte die Kirche, als die Gemeinde sich setzte. Claire las die Bibelstelle noch einmal, während Pastor Bunting anfing zu sprechen. Das war etwas, das sie verstand. Die Bemühungen, aus Ton etwas zu formen, das einem gefiel. In den letzten Wochen hatte sie wiederholt versucht, etwas von Wert zu schaffen. Etwas, das bei seinen Betrachtern Beachtung fände. Ihr Versailles war ein solches Bild gewesen. Sie atmete langsam aus.
Irgendwie war es tröstlich zu wissen, dass Gott ihre Enttäuschung verstand. Nur dass in diesem Fall sie selbst der Ton war, erkannte sie. Als sie es von dieser Seite betrachtete, regte sich ein leichtes Unbehagen in ihr.
„Sie sind vielleicht heute Morgen hier und denken über die Güte des Herrn in Ihrem Leben nach“, sprach der Pastor weiter. „Oder Sie fragen sich vielleicht, warum Gott schwere Zeiten zulässt. Wenn Prüfungen kommen – und sie werden kommen –, sollten wir sie bewusst aus Gottes Hand annehmen. Denn entweder ist Gott souverän, oder er ist es nicht. Er ist entweder Herr über alles, oder er ist es nicht.“
Schon wieder dieses Thema. Das Gleiche hatte Mrs Acklen vor einigen Wochen in ihrem Schlafzimmer zu Claire gesagt. Aber Claire glaubte allmählich, dass Mrs Acklen und der Pastor recht hatten, obwohl es nicht besonders ermutigend war, sich vorzustellen, dass ein souveräner Gott bewusst Freude … und Schmerz schickte.
Als der Pastor alle einlud, aufzustehen und zu singen, war Claire froh, dass es ein Lied war, das sie auswendig kannte. Sie legte das Gesangbuch beiseite und stimmte mit ein. Die kräftigen Töne der Orgel stiegen an und wurden voller. Sie schloss die Augen und versank in der Musik und in dem Text.
Würdest du malen, wenn du wüsstest, dass du nur für mich malst?
Claire schlug die Augen auf und war sicher, dass sie ein Flüstern gehört hatte. Sie wusste nur nicht, ob es aus der Kirchenbank vor ihr gekommen
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