Geliebte Fälscherin (German Edition)
hatte vergessen, dass die Haustür verriegelt war!
Sie wappnete sich gegen den Schmerz und schlug mit geballter Faust dagegen. Der Riegel rutschte zurück.
„Miss Laurent, kommen Sie zurück! Ich glaube, Sie haben meine Absichten völlig falsch ver …“
Claire stürzte zur Tür hinaus und die Straße hinab. Sie hörte ihn hinter sich. Die Erinnerung an seine Hände auf ihrem Körper trieb sie weiter, bis sie nicht mehr wusste, wo sie war. Ihre Lunge brannte und ihre Seiten stachen. Die Reisetasche fühlte sich an, als läge das Gewicht der ganzen Welt darin, während die Riemen sich tief in ihre Schulter eingruben.
Sie bog in eine Gasse ein, ließ die Tasche fallen, stützte die Hände auf die Knie und beugte sich vor. Sie lehnte sich an die Seite eines Gebäudes, um sich abzustützen, lauschte, konnte aber nichts anderes hören als ihren eigenen keuchenden Atem. Ihr Magen verkrampfte sich, aber sie hatte seit Stunden nichts mehr gegessen. Sie hatte auch keinen Hunger. Nicht mehr.
Papa war nicht mehr da. Er war tot. Sie unterdrückte ein Schluchzen. Es erschien ihr so unwirklich. Der Arzt hatte ihr gesagt, dass Papa wieder gesund werden würde. Das Feuer in ihrer Lunge ließ ein wenig nach, aber das Pochen in ihrer Brust nicht. Ein Geräusch am anderen Ende der Gasse veranlasste sie, den Kopf zu heben.
Ein Mann kam um die Ecke. Sein Gang schwankte ungleichmäßig und er hatte eine Flasche in der Hand. Sie glaubte nicht, dass er sie gesehen hatte, und sie wollte ihm dazu auch keine Gelegenheit geben. Sie hob ihre Reisetasche auf und schaute ratlos nach links und rechts auf die Straße, da sie nicht wusste, wohin sie gehen sollte.
Sie wusste nur, dass sie hier nicht bleiben konnte.
5
C laire erreichte die nächste Kreuzung, schaute sich suchend um und versuchte, sich in dieser unbekannten Stadt zurechtzufinden. Es war noch nicht so spät, aber die Straßen waren leer. Die Straßenlaternen, die in der Dunkelheit leuchteten, hatten nicht mehr den Charme, den sie noch vor wenigen Minuten ausgestrahlt hatten. Ihre Füße schmerzten, weil sie in ihren Stiefeln mit den hohen Absätzen so weit gerannt war.
Ihr Blick blieb an einem Kirchturm hängen, der ein paar Straßen weiter emporragte. Sie ging darauf zu und erinnerte sich an eine andere Nacht, die ganz ähnlich wie diese gewesen war, als sie und ihre Mutter zu einer ihrer „Überraschungsabenteuerreisen“ aufgebrochen waren. Oh, Maman, wenn du nur noch hier wärst!
Nachdem sie die Eingangstür ausprobiert hatte, ging Claire zur Hintertür der Kirche herum. Die erste Tür war verschlossen, genauso wie das Fenster. Aber die zweite Tür …
Der Riegel ließ sich hochheben.
Sie schlüpfte hinein, schloss die Tür leise hinter sich und schaute sich mit großen Augen in der Dunkelheit um. Sie konnte kaum atmen und stand starr wie eine Statue da, während sie auf den leisesten Hinweis lauschte, ob sie vielleicht nicht allein hier war.
Alles, was sie hörte, war das Hämmern ihres eigenen Herzschlags.
Fahles Mondlicht umrahmte ein Fenster an der gegenüberliegenden Wand. Allmählich gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit. Sie war in einem Abstellraum. Sie tastete sich durch den vollgestellten Raum zu einer Tür. Der Türknopf drehte sich mühelos in ihrer Hand, und sie spähte durch die schmale Öffnung. Ein leichter Windhauch berührte ihr Gesicht. Ein schwacher Geruch stieg ihr in die Nase, und sie schnupperte noch einmal, da sie dachte, sie täusche sich. Aber der unverkennbare Geruch von Desinfektionsmitteln lag, wenn auch nur leicht, über dem Gottesdienstraum.
Sie trat ein und ihr Blick wanderte unwillkürlich nach oben.
Hohe, unverhüllte Fenster beherrschten den großen Raum, durch die unruhige Schatten über die Reihen aus hölzernen Sitzbänken tanzten. Sie hatte die Absicht, nach hinten zu gehen, wo es dunkler war. Doch bei einer Bank in der Mitte blieb sie stehen.
Diese Bank hatte ein Kissen. Die anderen nicht.
Ihre Entscheidung fiel schnell. Claire löste die Bänder an ihren Stiefeln und zog sie aus. Seufzend rieb sie sich ihre schmerzenden Füße. Sie zog ihren Mantel aus der Reisetasche, um ihn als Decke zu benutzen, und legte sich auf die Bank, rollte sich auf die Seite und schob ihre Reisetasche unter den Kopf.
Sie war völlig erschöpft und schloss die Augen. Sie konnte Papas Gesicht deutlich vor sich sehen, aber sie versuchte, sich an das Gesicht ihrer Mutter zu erinnern. Sie drückte die Tasche fester an ihre Wange.
Sie war so
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