Geliebte Fälscherin (German Edition)
gesagt.
Aus ihrem Versteck konnte Claire eine der Frauen niederknien sehen. Plötzlich schämte sie sich, weil sie das Gespräch der beiden belauschte.
„Wie kommst du überhaupt auf die Idee, dass du die Stelle bekommen könntest? Die Hälfte der Frauen, die wir kennen, hat sich dafür beworben und bekam eine Absage.“
„Weil ich am besten dafür qualifiziert bin, Susanna. Ich weiß, wie man sich in ihren Kreisen bewegt. Vater hat gesagt, dass Mrs Acklen ihn bei seinem Namen ansprach, als sie das letzte Mal in der Bank war und sich bei ihm bedankte.“
„Ja, aber in der Anzeige werden Bewerberinnen gesucht, die Kenntnisse von Buchhaltung und Archivierung haben und sehr ordentlich sind. Du hast Schwierigkeiten, die Parfumflaschen auf deiner Kommode ordentlich hinzustellen. Und du sprichst nicht französisch.“
Claire stieß sich den Kopf von unten an die Sitzbank. Sie erstarrte sofort.
„Was war das?“, kam ein heiseres Flüstern. Der Rock der Frau, die stehen geblieben war, raschelte, als sie sich nach allen Richtungen umdrehte.
Claire hielt den Atem an.
„Das war nur ein Wagen oder so etwas draußen. Und excusez-moi! Ich spreche französisch. À quelle heure arrive le train?“
Claire atmete vorsichtig aus und dann wieder ein. Die Frau, die sich für eine Stelle bewerben wollte, hatte einen passablen französischen Akzent. Aber passabel bedeutete nicht, dass sie die Sprache tatsächlich beherrschte.
„Susanna, betest du jetzt mit mir oder nicht? Heute ist Bewerbungsschluss. Es ist also meine einzige Gelegenheit!“
Claire schaute zu, wie Susanna sich neben ihrer Freundin hinkniete, und fragte sich, wie lang die beiden Frauen bleiben würden. Sie hoffte, dass sie bald gingen, denn sie wollte nicht dabei ertappt werden, wie sie sich hier versteckte.
Nur wenige Sekunden waren vergangen, als die Frau wieder aufstand. Claire lächelte bei sich. Offenbar war die Länge des Gebets, mit dem sie den allmächtigen Gott für sich einnehmen wollte, unwichtig.
„Ich muss mich für mein Vorstellungsgespräch fertig machen.“
Auch Susanna erhob sich. „Ich dachte, es sei erst heute Mittag.“
„Das stimmt! Aber es muss alles perfekt sein. Du hast sie in der Stadt gesehen. Du weißt, dass sie sich immer perfekt kleidet. Ich muss auch so aussehen. Und du musst mir dabei helfen. Bitte …“
Ein müdes Seufzen. „Einverstanden. Ich helfe dir. Aber du musst mir versprechen, dass du ein gutes Wort für meinen Bruder einlegst, wenn du die Stelle hast.“
Die Frau stieß ein leises Kreischen aus. „Das werde ich. Versprochen. Aber ich kann nichts garantieren.“
Eilige Schritte verrieten, dass sie näher kamen. Claire verhielt sich mucksmäuschenstill.
„Dein Bruder muss sich sehr anstrengen, um diese Stelle zu bekommen und um sie dann zu behalten. Ich werde meinen Ruf nicht für irgendjemanden aufs Spiel setzen …“
Die Eingangstüren zur Kirche gingen knarrend auf und wieder zu. Claire atmete erleichtert auf.
Sie wartete noch einen Moment, um sicherzugehen, dass sie allein war. Dann rutschte sie unter der Bank hervor und zog ihre Sachen heraus. Als sie sich bückte, um ihre Stiefel zu suchen, fiel ihr Blick auf ihr Kleid. Sie war völlig mit Staub bedeckt! Jeder Zentimeter an ihr, von ihrem Mieder bis zu ihrem Saum, einschließlich ihrer Strümpfe.
Mit einem resignierten Schnauben wischte sie sich, so gut sie konnte, ab. Ihre Pläne für diesen Tag hatten sich durch das, was sie soeben gehört hatte, völlig geändert. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie es anstellen sollte, aber sie musste einen Termin für ein Vorstellungsgespräch bekommen bei … Mrs Acklen , wer auch immer diese Frau war. Und zwar heute! Denn sie brauchte eine Arbeit und Geld, um sich etwas zu essen kaufen und ein Zimmer bezahlen zu können. Immerhin verstand sie etwas von Buchhaltung und Archivierung und war sehr ordentlich. Und sie sprach fließend französisch!
Sie runzelte die Stirn. Ihre Unterröcke waren vollkommen verdreht. Nach dieser Nacht war das kein Wunder.
Sie griff unter ihr Kleid und schüttelte es kräftig, dann stellte sie nacheinander ihre Füße auf die Sitzbank und nutzte die Gelegenheit, ihre Strümpfe hochzuziehen. Als sie merkte, dass ihr Korsett und Mieder auch verrutscht waren, brachte sie auch das mit einem schnellen Ziehen und Zupfen in Ordnung und versuchte dann, sich die Haare zu richten. Staub und Schmutz bedeckten ihr Gesicht und ihre Haare. Übermäßige Anstrengungen wären reine
Weitere Kostenlose Bücher