Geliebte Fälscherin (German Edition)
malen. Schneller und besser, als du bis jetzt malst.“
Und so hatte sie monatelang Tag und Nacht gearbeitet und sich um ihre Mutter gekümmert, während ihre Mutter sie weiterhin unterwies – wie immer, seit Claire ein kleines Mädchen gewesen war. Manchmal vom Bett aus, wenn sie zu schwach war, um zu sitzen oder zu stehen. Aber am Ende hatte Papa sich trotzdem nicht umstimmen lassen, sosehr Claire ihn auch angefleht und soviel sie auch gemalt hatte. Schließlich war ihre Mutter hier in diesem Zimmer gestorben.
Ihr Vater räusperte sich. „Zu deinem Glück hat Brissaud bei den siebzehn Bildern, auf denen er die Jardins de Versailles gemalt hat, jedes Mal ein anderes Detail eingebaut.“
Claire nickte, da ihr das sehr wohl bewusst war. Ihr war auch bewusst, dass jedes der siebzehn Originalbilder der Jardins de Versailles – plus die vier, die sie vor diesem Bild gemalt hatte – im Umlauf waren. Falls je jemand eine Gelegenheit fand, diesen vier, bald fünf, stolzen Besitzern eines „Originals“ von François-Narcisse Brissaud, die sie in der Galerie für europäische Meisterwerke in New Orleans gekauft hatten, Details über die anderen siebzehn Gemälde zu verraten ...
Ihr Vater deutete zur Uhr auf dem Kaminsims und warf ihr einen vielsagenden Blick zu, bevor er wieder die Treppe hinabging.
Claire holte ihre Handtasche und wollte ihm folgen, doch dann warf sie noch einmal einen Blick auf das Bild hinter sich. Ohne über die Konsequenzen nachzudenken, nahm sie einen Pinsel, tauchte ihn in die Farbe und signierte das Porträt mit ihrem Namen, auch wenn ihre Hand dabei zitterte. Sie würde das später ändern müssen, das wusste sie.
Aber im Moment gab es ihr ein gutes Gefühl, ihren Namen auf etwas zu sehen, auf das sie so stolz war. Ein wenig Genugtuung verschaffte ihr auch das Wissen, dass es Papa nicht gefallen würde. Es fühlte sich sogar ein wenig rebellisch an.
Während sie durch die Küche ging, sah sie, dass die Tür offen stand, die in die Kunstgalerie führte. Das erlaubte Papa nie. Wenn man durch diese Tür trat, war es, als würde man eine andere Welt betreten. Weiche Teppiche und Messingkronleuchter, Ölgemälde und Skulpturen, burgunderrote Seidentapeten an den Wänden, die zu den Samtstoffen passten, die auf den Tischen lagen. Alles war auf Kredit gekauft worden, als sie vor zwei Jahren in dieses Gebäude gezogen waren, mit der Absicht, eine Atmosphäre aus Wohlstand und Luxus zu schaffen, auch wenn diese Fassade wackelig und sehr dünn war.
Claire wurde wieder mit dem krassen Unterschied zwischen der Galerie und der Wohnung konfrontiert und blieb an der Hintertür stehen. Mit der Hand auf dem Türgriff nahm sie ihren ganzen Mut zusammen. „Papa … wegen des Bildes, das ich heute fertig gemalt habe. Ich würde gern mit dir darüber reden, ob wir es nicht behalten …“
„Nein. Kommt nicht infrage!“
Eine unerwartete Hitze schoss in ihre Brust. „Aber dieses Bild ist etwas Besonderes. Wenigstens für mich . Ich male ein anderes, schneller und genau so, wie du es mir vorgibst. Was du …“
„Die Antwort ist Nein !“ Zorn lag in seiner Stimme. „Das Bild ist bereits verkauft.“
„Aber darin ist Maman . “
„Wir brauchen das Geld, Claire Elise! Unsere Gläubiger warten auf ihr Geld und dein Trödeln kommt mich teuer zu stehen. Wieder einmal.“
Obwohl sie wusste, dass sie sich auf gefährlichem Terrain bewegte, wagte sie einen weiteren Vorstoß. „Ich habe noch ein Bild, Papa. Eines von mir, das ich dir noch nicht gezeigt habe. Vielleicht möchte der Kunde …“
„Er will einen Brissaud! Habe ich dir das nicht klargemacht?“ Sein Hals bekam vor Wut rote Flecken. „Unsere Kunden interessieren sich nicht für die harmlosen, nichtssagenden Bildchen einer…“ Als höre er selbst, wie harsch und beißend sein Tonfall war, atmete er aus und schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid, Claire. Aber das Bild ist verkauft. Es gibt nichts mehr zu diskutieren. Irgendwann können wir vielleicht deine eigenen Bilder verkaufen. Aber bis jetzt fehlt deinem Talent einfach jede … Einzigartigkeit. Ein Talent zu entwickeln kostet Zeit. Für dich ist es vorerst am besten, wenn du weiterhin andere Bilder kopierst. Das machst du ganz gut.“
Bitterkeit brannte in ihrem Mund und Claire fühlte einen unerwarteten Schmerz tief in ihrem Inneren. Sie wollte etwas erwidern, aber sie wollte nicht noch mehr weinen. Und wenn sie jetzt ihren Mund aufmachte …
„Du musst das verstehen.“ Er
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