Geliebte Fälscherin (German Edition)
beobachtet zu werden. Sie drehte sich schnell um und schaute hinter sich. Aber niemand war da. Sie wollte die Tür schon schließen und konnte es nicht erwarten zu gehen, als sie noch einmal zögerte. Sie würde nie wieder eine Gelegenheit bekommen, sich in diesem Zimmer umzusehen. Denn sobald sie dieses Haus verlassen hätte, kam sie bestimmt nicht wieder zurück. Zitternd durchsuchte sie jede Schublade, jeden Winkel, sogar seine Ledertasche, achtete aber darauf, dass sie alles wieder genau an Ort und Stelle zurücklegte.
Ihr machte nicht so sehr der Gedanke Angst, Antoine DePaul wiederzusehen. Er war ein Betrüger und ein Lügner und beherrschte beides perfekt. Und auch wenn er sie dieses eine Mal geschlagen hatte, war sie ziemlich sicher, dass er kein gewalttätiger Mann war. Aber mit einem einzigen Wort könnte er sie ruinieren und ihren Neuanfang auf Belmont zunichtemachen. Und etwas sagte ihr, dass er genau das tun würde, sobald er wüsste, dass sie nicht mehr für ihn malen würde.
Und er würde es genießen.
Keine Handtasche. Kein Medaillon. Nichts von ihrem Vater oder ihrer Mutter. Und keine Koffer, das konnte sie sehen. Sie musste akzeptieren, dass das Medaillon fort war, und schloss die Tür und eilte wieder durch den Gang. Als sie an Mrs Brodericks Zimmer vorbeikam, hörte sie die alte Frau leise schnarchen.
Claire blieb oben an der Treppe stehen und lauschte, um sich zu vergewissern, dass niemand hereingekommen war. Dann stieg sie die Treppe hinab. Aber das Knarren einer Tür, die im Laden aufging, ließ sie auf halbem Weg erstarren.
16
C laire stand auf der dritten Stufe von oben und hörte, wie sich die Tür im Laden unter ihr schloss, dann vernahm sie das dumpfe Geräusch von Männerschritten. Sie schlich wieder nach oben und drückte sich mit dem Rücken an die Wand. Bei ihrer Suche im ersten Stock hatte sie keine weitere Treppe entdeckt. Der einzige Ausweg aus dem Gebäude führte also über diese Treppe.
Die Schritte kamen näher. Claire verharrte regungslos, da sie fürchtete, dass eine knarrende Bodendiele sie verraten könnte. Es ist so dumm von mir gewesen, wieder hierherzukommen. War es Samuel Broderick? Oder Antoine? Sie war sich nicht sicher, vor welchem der beiden Männer ihr mehr graute.
„Broderick, sind Sie da?“, rief eine Männerstimme.
Claire atmete langsam wieder ein. Das war nicht Antoine DePauls Stimme. Aber wie sähe es aus, wenn sie jetzt die Treppe hinabspaziert käme? Sie wartete, wie es ihr vorkam, eine halbe Ewigkeit darauf, dass die Ladentür wieder auf- und zuginge, aber vermutlich waren es nur eine oder zwei Sekunden. Die Tür knarrte nicht. Wartete der Besucher, bis Broderick zurückkam?
Claire wagte zwei Schritte und spähte nach unten. Sie sah niemanden. Dieser Mann wollte vielleicht auf Broderick warten, aber sie hatte das ganz bestimmt nicht vor. Sie überlegte sich eine plausible Erklärung für ihre Anwesenheit, nahm allen Mut zusammen und ging nach unten.
Ein vornehmer, älterer Herr saß auf einem Stuhl neben dem Schreibtisch und blickte auf, als sie nach unten kam. Er stand auf und zog seinen großen, schwarzen Hut. „Guten Tag, Madam.“
Claire bemühte sich, ungezwungen zu wirken. „Guten Tag, Sir.“
Er schaute hinter sie. „Broderick versteckt sich nicht irgendwo da oben, oder?“
Das Zwinkern in seinen Augen verriet, dass er nur einen Scherz machte. „Nein, Sir. Er ist nicht da. Seine Mutter sagt, dass es noch dauern kann, bis er zurückkehrt.“ Sie deutete zur Treppe. „Ich habe Mrs Broderick in ihr Zimmer hinaufgeholfen. Sie war etwas wackelig auf den Beinen.“
„Ach ja.“ Er nickte. „Das war wirklich sehr nett von Ihnen, junge Dame. Wir schwachen, alten Leute brauchen hin und wieder etwas Hilfe.“
Claire lächelte, denn die Beschreibung schwach passte überhaupt nicht zu diesem Mann. Er war zwar schon in einem fortgeschrittenen Alter, aber sein Blick war aufmerksam, und sie schätzte, dass sein Verstand genauso lebhaft und scharf war wie seine Augen.
Sie konnte es nicht erwarten zu verschwinden und machte einen Knicks. „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Nachmittag, Sir.“
„Ich habe vor, ihn mir schön zu machen, Madam.“
Er ging mit ihr zur Tür und hatte offenbar entschieden, das Geschäft ebenfalls zu verlassen. Claire öffnete die Tür und wollte ihm aus Respekt den Vortritt lassen.
Er schüttelte den Kopf. „Nein, Madam. Die Dame zuerst.“
„Danke, Sir.“ Sie lächelte und ging durch die Straße.
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