Geliebte Fälscherin (German Edition)
ihre Antwort gab es ihm erneut einen Stich ins Herz. Sie hatte versucht, ihre wahren Gefühle zu verbergen, aber sich zu verstellen gehörte nicht zu ihren Stärken. Sie sagte, sie hätte kein Interesse daran, in die Oper zu gehen, aber das stimmte nicht. Und das ließ ihn irgendwie innerlich beschämt zurück, weil er etwas, das sie so gern erleben würde, nicht schätzte.
Ein anderes Bild von Claire tauchte vor seinem geistigen Auge auf. Er grinste, als er sich an die Situation in der Küche erinnerte, als sie so getan hatte, als würde sie sich verschlucken. Sie war so stolz auf sich gewesen, was die ganze Situation noch komischer gemacht hatte. Er hatte sich sehr bemüht, sie beim Frühstück nicht anzustarren, aber das war nicht leicht gewesen. Er hatte schon bei ihrer ersten Begegnung in der Kirche, zerzaust und mit völlig zerknittertem Kleid gedacht, dass sie hübsch sei.
Aber heute Morgen in der Küche …
Sie hatte ihn verwirrt. Sie hatte so frisch ausgeschlafen gewirkt, die süßen Grübchen, wenn sie lachte, die Art, wie sie unaufgefordert zu ihm getreten war, um die Eier zu machen. Ihr war es anscheinend nicht einmal aufgefallen, dass sich ihre Körper dabei kurz berührt hatten. Er atmete tief aus. Ihm war das sehr wohl aufgefallen. Ihm waren Dinge an ihr aufgefallen, die einem Mann, der mit einer anderen Frau ein Einvernehmen hatte, eigentlich nicht auffallen sollten.
Es war nicht so, dass er nie an Cara Netta denken würde. Es war nur so, dass er nie auf diese Weise an sie dachte, wie er an Claire Laurent dachte. Diese Erkenntnis war nicht gerade ermutigend.
Gesprächsfetzen drangen durch das offene Fenster zu ihm heraus, als er die Stufen vor dem Haus hinaufstieg.
„Ja, Madam. Genau so stelle ich es mir vor. Ich dachte auch …“
„Diese Idee gefällt mir, Miss Laurent. Die Jungen und die Mädchen treten in einem Wettkampf gegeneinander an …“
Sutton schüttelte den Kopf. Das musste Adelicia gefallen. Die Frau liebte Wettkämpfe jeder Art. Er hatte das Gefühl, dass Claire ihr in dieser Hinsicht in nichts nachstand. Er wagte sich nicht vorzustellen, was geschehen würde, wenn diese beiden Frauen je in einen Wettstreit gegeneinander treten sollten. Claire würde ihre Arbeitgeberin wahrscheinlich gewinnen lassen, was sie unbedingt sollte, obwohl Sutton sich darin nicht sicher sein konnte. Mrs Acklen würde einfach alles auf eine Karte setzen und nie aufgeben.
Was für eine gefährliche Kombination!
Wenn nur Adelicia eine etwas unscheinbarere junge Frau eingestellt hätte. Eine Frau, die ihn nicht so anschaute, dass er sich eher wie ein Schuljunge als wie ein erwachsener Mann fühlte. Aber ihn faszinierte nicht nur Claires Schönheit. Er war oft in der Gesellschaft von schönen Frauen, aber sie hinterließen keinen so bleibenden Eindruck bei ihm wie Claire Laurent. Sie weckten in ihm nicht den Wunsch, Vorwände zu erfinden, um sie wiederzusehen.
Es war leichtsinnig, dass er sich so zu ihr hingezogen fühlte, das wusste Sutton. Erstens war sie eine Angestellte von Mrs Acklen. Und zweitens sollte er sie im Auge behalten. Das tat er natürlich, aber zum Teil machte er das auch aus ganz persönlichen Gründen.
Die Eingangshalle war bis auf die Lampen in dem kleinen Büro dunkel. Ihr flackernder Schein warf ein silbernes Licht auf die Statue vor dem Kamin und verlieh Ruth beim Ährenlesen ein fast gespenstisches Aussehen. Sutton verstand, warum Adelicia diese Statue gekauft hatte. Sie war außergewöhnlich. Aber es überraschte ihn immer noch, dass sie sie an einen so auffälligen Platz gestellt hatte, wo jeder, der ins Haus kam, sie sehen konnte. Eine ziemlich kühne Entscheidung.
Er betrachtete die lebensnahe Feinarbeit des Bildhauers genauer und erinnerte sich an den biblischen Bericht. Dabei stellte er sich vor, wie Boas’ Reaktion auf eine solche Zurschaustellung, selbst wenn sie völlig unbeabsichtigt war, der lieben, unschuldigen Ruth ausgefallen wäre. Der arme Mann hätte gegen Ruths schmerzlichen Blick und ihre außergewöhnlichen körperlichen Vorzüge keine Chance gehabt und …
„Guten Abend, Mr Monroe.“
Erschrocken drehte Sutton sich um. „Mrs Routh.“ Er lächelte, um seinen Schreck zu verbergen. Irgendwie gelang es dieser Frau immer wieder, sich unbemerkt anzuschleichen. „Mir war nicht bewusst, dass Sie hier sind, Madam. Wie geht es Ihnen heute Abend?“
„Mir geht es gut, Sir. Danke.“ Sie neigte unterwürfig den Kopf. „Ich habe Sie kommen hören und wollte
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