Geliebte Feindin
tatsächlich so sehr, wie ihre Eltern immer behauptet hatten.
Sie gab sich geschlagen und ließ sich erschöpft auf dem Bett nieder. »Bitte verlaßt meine Kajüte. Wenn Ihr meine Vergebung erbitten wollt, könnt Ihr morgen gern vorsprechen. Im Moment bin ich einfach zu müde, um mir Eure Erklärungen anzuhören.«
Er traute seinen Ohren nicht – sie hatte die Stirn, ihn herumzukommandieren … »Sara, du wirst dich umstellen müssen: In unserer Ehe bestimme ich, was getan wird, und du hast zu gehorchen«, stellte er unnötig schroff klar.
Er mußte von Anfang an deutlich machen, wer der Herr im Hause war, auch wenn er damit ihre Angst von neuem schürte. Sie rang hilflos die Hände, und Nathan fühlte sich ein wenig schuldig, weil er so rüde Methoden angewandt hatte. Trotzdem war die Angelegenheit so wichtig, daß er sich weder von ihrer abgrundtief traurigen Miene noch von ihren Tränen erweichen lassen durfte.
Sara preßte die Hände immer wieder zusammen und stellte sich vor, sie würde ihrem sturköpfigen Mann den Kragen umdrehen – diese Vision hellte ihre Stimmung ein wenig auf.
Nathan holte sie unsanft in die Wirklichkeit zurück, als er donnernd fragte: »Hast du gehört, was ich gesagt habe, Braut?«
Himmel, wie sie es verabscheute, »Braut« genannt zu werden! »Ja, ich habe es gehört, aber mir ist nicht klar, was Ihr damit meint«, antwortete sie mit tränenerstickter Stimme.
Nathan kam sich mit einemmal wie ein Scheusal vor, trotzdem gab er nicht klein bei. »Willst du mich etwa auf den Arm nehmen?«
»Nein, mir leuchtet nur nicht ein, warum Ihr das Sagen haben sollt. Mir scheint in einer richtigen Ehe geht es anders zu.«
»Oh, und wie stellst du dir eine richtige Ehe vor?«
Offenbar war er wirklich an ihrer Meinung interessiert. Sara faßte sich ein Herz und erwiderte: »Ich habe es immer als meine Pflicht angesehen, meinem Ehemann meine Wünsche mitzuteilen …«
»Und?« ermunterte er sie, fortzufahren.
»Und Eure Pflicht ist es, meine Wünsche zu erfüllen.«
Seiner Miene war deutlich anzusehen, daß ihm diese Auffassung von einer Ehe nicht gefiel, und in Sara regte sich erneut der Unmut. »Ihr habt gelobt, mich zu ehren und zu achten, Nathan.«
»Ich soll etwas gelobt haben?« polterte er. »Ich habe nichts dergleichen versprochen, verdammt noch mal.«
Mit dieser Lüge kam er bei ihr nicht weiter. Sie sprang auf die Füße und schrie zurück: »Oh, natürlich habt Ihr das versprochen. Ich habe den Ehevertrag sehr genau durchgelesen. Euch wurde Landbesitz und Geld versprochen, wenn Ihr mich in Ehren haltet und für mein Wohlbefinden sorgt. Ihr habt geschworen, ein guter Ehemann und ein treusorgender Vater zu sein, Wikinger, und außerdem habt Ihr gelobt, mich zu lieben und zu ehren.«
Fast wäre er wieder in Gelächter ausgebrochen, ihr Gespräch hatte wirklich eine absurde Wendung genommen.
»Du willst tatsächlich, daß ich dich liebe und ehre?«
»Natürlich möchte ich das«, entgegnete sie und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ihr habt es versprochen, Nathan, und bei Gott, Ihr werdet Euer Versprechen halten.«
Sie nahm wieder auf dem Bett Platz und verbrachte einige Zeit damit, die Falten in ihrem Kleid zu glätten. Die Röte auf ihren Wangen verriet ihre Verlegenheit.
»Und was wirst du tun, während ich dich liebe und ehre?« wollte Nathan wissen. »Wie lauten deine Versprechen, Braut?«
»Ich habe überhaupt nichts versprochen. Ich war erst vier Jahre alt und habe den Vertrag nicht unterschrieben, aber Ihr habt es getan.«
Er schloß die Augen und zählte bis zehn. »Dann glaubst du also, daß die Unterschrift deines Vaters nichts gilt und daß die Gelöbnisse, die er in deinem Namen abgelegt hat, nicht bindend sind?«
»Das habe ich nicht gesagt«, hauchte sie und seufzte abgrundtief. »Selbstverständlich werde ich sie einhalten.«
»Und wie lauten sie?« hakte er nach.
Sie nahm sich viel Zeit für ihre Antwort und blitzte ihn erbost an. »Ich muß Euch ehren und lieben«, murmelte sie schließlich.
Aber das genügte ihm bei weitem noch nicht. »Und?«
»Und was?« fragte sie mit geheuchelter Unwissenheit zurück.
In diesem Augenblick war ihm klar, daß seine Braut vorhatte, ihn in den Wahnsinn zu treiben. »Ich habe den Vertrag auch genau durchgelesen«, schnappte er. »Du solltest meine Geduld nicht auf die Probe stellen.«
»Also gut«, entgegnete sie matt. »Ich muß Euch gehorchen. Seid Ihr nun zufrieden?«
»Ja«, gab er zurück. »Und jetzt
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