Geliebte Feindin
denke.«
Sein heftiger Tonfall beunruhigte Sara, und sie lehnte sich leicht gegen die Brust ihres Mannes. Nathan konnte ihr Gesicht nicht sehen, aber er wußte, daß sie sich fürchtete. Ohne nachzudenken, schlang er einen Arm um ihren Hals, und sie legte das Kinn auf sein Handgelenk. Seine Berührung vertrieb ihre Angst, und sie fragte Chester: »Ist Euch diese Boshaftigkeit angeboren, Sir?«
Chester fiel keine passende Antwort ein, und er zuckte mit den Schultern.
»Also gut«, rief Sara. »Stimmt ab.« Sie stieß Nathans Arm beiseite und trat einen Schritt vor. »Ihr solltet nur eines bedenken«, fuhr sie hastig fort, als schon einige die Hände hoben. »Ich wäre enttäuscht, wenn ihr für den Tod der Männer stimmt. Wirklich sehr enttäuscht«, wiederholte sie dramatisch. »Wenn ihr euch entschließen könntet, die Männer über Bord zu werfen und zu ihrem Schiff schwimmen zu lassen, würdet ihr mir eine große Freude bereiten. Ich hoffe, daß alle verstanden haben, was ich meine.«
Sie behielt ihr Publikum so lange im Auge, bis alle Männer nickten.
»Ist das alles?« fragte Nathan ungläubig. »Mehr wolltest du ihnen nicht sagen?«
»Nein, Nathan, ihr könnt jetzt abstimmen, aber ich denke, du solltest dich der Stimme enthalten.«
»Warum?«
»Weil du nicht in der Lage bist, richtig über alles nachzudenken.«
Er sah sie verständnislos an, und sie erklärte: »Nathan, du bist immer noch wütend, weil … deine liebe Frau niedergeschlagen worden ist.«
»Meine liebe Frau?«
Sie warf ihm einen mißbilligenden Blick zu. »Ich.«
Gütiger Gott, diese Person brachte ihn wirklich noch an den Rand des Wahnsinns. »Zur Hölle, ich weiß genau, wer meine Frau ist«, knurrte er.
Sara raffte ihre Röcke und ging zur Treppe.
»Bleib in der Kajüte, bis wir hier fertig sind«, befahl Nathan.
Sie spürte, daß die Blicke aller auf sie gerichtet waren, und die Männer warteten offensichtlich, daß sie verschwand, damit sie ihr schändliches Werk vollbringen konnten.
Sara fühlte sich kein bißchen schuldig für das, was sie vorhatte, weil ihre Motive rein wie frischgefallener Schnee waren. Sie konnte nicht zulassen, daß ihre Bediensteten zu Mördern wurden, auch wenn die Piraten noch so gräßlich und brutal gewesen waren. Und eines Tages würden sie ihr bestimmt dankbar sein, daß sie die grausame Tat verhindert hatte.
»Nathan«, sagte sie freundlich. »Ich werde nicht in der Kajüte warten, aber laß mich bitte sofort wissen, was die Abstimmung ergeben hat. Ich würde gern erfahren, ob ihr mich enttäuscht habt oder nicht.«
Nathan schüttelte den Kopf über diese verrückte Aufforderung. Er ahnte, daß sie etwas ausheckte, konnte sich aber nicht vorstellen, was für Möglichkeiten sie noch haben könnte, die Meinung seiner Männer zu beeinflussen.
»Wo werden wir Euch finden, Mylady?« wollte Jimbo wissen.
Sara beobachtete die Gesichter der Männer, während sie verkündete: »Ich warte in der Kombüse.«
Die Männer erschraken zu Tode, nur Nathan grinste.
»Ich wünschte, ich müßte keine solchen Methoden anwenden, Männer«, sagte Sara, »aber ihr laßt mir keine andere Wahl. Das Abstimmungsergebnis sollte mich besser nicht enttäuschen.«
Nur wenige verstanden noch immer nicht, was sie andeutete. Chester gehörte zu den wenigen. »Was macht Ihr in der Kombüse, Mylady?« fragte er.
Ihre Antwort kam prompt. »Suppe.«
10
Das Ergebnis der Abstimmung war einstimmig. Keiner wollte, daß Sara enttäuscht war. Die Piraten wurden über Bord geworfen, damit sie zu ihrem Schiff zurückschwimmen konnten.
Trotzdem hatte Nathan das letzte Wort. Er gab den Befehl, zwei Kanonen feuerbereit zu machen und beobachtete mit großer Genugtuung, wie die Kugeln in den Rumpf des Piratenschiffs schlugen. Als Sara wissen wollte, was der Lärm zu bedeuten hatte, behauptete er, seine Männer hätten nur das restliche Pulver aus den Kanonen holen müssen.
Die Seahawk war schwer beschädigt. Zum Glück befanden sich die meisten Lecks über der Wasserlinie, und genau die Segel, die durch Saras Ungeschicklichkeit mit ihrem Sonnenschirm schon einmal in Mitleidenschaft gezogen worden waren, waren wieder zerfetzt.
Die Besatzung machte sich daran, die Schäden so gut wie möglich zu reparieren. Sie waren so vergnügt bei ihrer Arbeit wie schon lange nicht mehr, und alle hatten ihre Knoblauchzehen weggeworfen. Sie wiegten sich in Sicherheit, da sie glaubten, daß der Fluch endlich gebannt war.
Ihre Herrin hatte ihre
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