Geliebte Gefangene
dafür tadeln, dass er sich insgeheim dasselbe gewünscht hatte wie sie.
„Dein Vater hätte einer solchen Verbindung nie zugestimmt“, warf sie schnell ein, um wieder Schutz zu finden hinter sachlichen Argumenten und Tatsachen. „So gerne er auch mit meinem Vater Schach spielte, für seinen ältesten Sohn war ich von zu niedriger Geburt. Er ließ keine Gelegenheit aus, mich daran zu erinnern. Ich war gewöhnlich. “
„Du warst meine Sophie“, sagte Harry mit fester Stimme und ließ die Hand unter ihren Hutrand gleiten, um sie auf ihre Wange zu legen. Sanft drehte er ihr Gesicht zu sich. „Das war mehr als genug für mich.“
„Verzeihung, Mylord“, sagte ein pockennarbiger junger Mann, der aus den Ställen kam, „aber Mr. Connor meint, ich soll Ihnen sagen, die Pferde und Ihr Abendessen warten im Hof auf Sie.“
„Ach, zur Hölle“, murmelte Harry. Immer noch lag seine Hand auf Sophies Wange. „Mein Pferd und mein verdammtes Abendessen, alles steht bereit, genau wie ich es verlangt habe.“
„Ja, genau so“, sagte Sophie mit brennenden Wangen, während sie den Kopf von Harrys Hand wegdrehte. Sie schluckte schwer und bemühte sich, ruhiger zu werden, bevor sie dann den Stalljungen ansah. „Ich danke dir, und sage bitte auch Mr. Connor meinen Dank für seine unverzügliche Hilfe.“
„Der Teufel soll Mr. Connor holen“, knurrte Harry düster und kramte in seinen Taschen. „Warte, Junge, hier. Gib das der Braut und dem Bräutigam, mit meinen besten Wünschen für ihre Zukunft.“
Auf seiner Handfläche schimmerten drei goldene Guineen auf, bevor er sie dem verblüfften Burschen in die schmutzige Hand drückte. „Geh schon, Bengel, und bring sie ihnen“, sagte Harry. „Und erlieg nicht der Versuchung, etwas für dich zu behalten, sonst wirst du dich ganz schnell in eine quakende Kröte verwandelt wiederfinden, zur Strafe für deine Gier.“
„Das war sehr großzügig von dir, Harry“, meinte Sophie, während sie ihm durch die offene Tür in den Hof hinaus folgte. „Zumindest das Geschenk war es. Aber was du zu dem Jungen gesagt hast, war nicht gerade wohlwollend.“
„Jungs verdienen keine wohlwollenden Gedanken“, erwiderte er. „Ich weiß das. Ich war selbst einer, und das auch noch ziemlich lange. Das da muss deine Stute sein, die dort neben Thunder. Ist sie dir gut genug?“
„Oh ja“, antwortete Sophie, während sie sich die Hände rieb, um sie zu wärmen. Nach der Hitze in dem Gasthof erschien ihr die Nachtluft jetzt kühler als zuvor. „Sie ist um einiges besser als die meisten Mietpferde, würde ich sagen.“
„Gut möglich, dass sie gar kein Mietpferd ist und stattdessen einer der Damen da drinnen gehört.“ Harry strich dem Pferd über die Blesse. Es war eine hübsche kleine, braune Stute mit weißen Fesseln, die zu ihrer Blesse passten. Begierig loszutraben, schlug sie mit dem Kopf. „Doch wir werden es Connor überlassen, dieses Problem zu lösen, nicht wahr? Komm, lass mich dir in den Sattel helfen.“
Aber Sophie blieb neben dem Pferd stehen und klopfte ihm die Flanke. „Sag mir, Harry, da drinnen eben – du hättest mich geküsst, nicht wahr?“
Er sah sie ruhig an. „Ja“, bestätigte er, „und wenn ich es getan hätte, hättest du nichts dagegen gehabt.“
„Nein“, erwiderte Sophie, beunruhigt über ihre eigene Antwort. „Nein, ich glaube nicht, dass ich das Geringste dagegen gehabt hätte.“
„Ach, Miss Potts“, sagte er mit einem Lachen voll nachsichtiger Zuneigung. „Miss Potts, Sie sind die sündhafteste und rechtschaffenste Frau, die ich je gekannt habe.“
„Ich kann es nicht ändern, Harry“, seufzte sie hilflos, wäh rend sie die zwei Stufen zu dem steinernen Block hinaufkletterte, der als Aufstiegshilfe diente. Das Mondlicht hob Harrys Profil scharf hervor, teilte sein Gesicht in dunkle und scharf abgesetzte helle Zonen auf. Der Gastwirt hatte sie vor den Gaunern der Landstraße gewarnt, doch indem sie einwilligte, mit Harry zu reisen, hatte sie ihr Schicksal vielleicht dem allergrößten Gauner anvertraut. Wenn sie, wie Harry behauptete, sündhaft rechtschaffen war, dann war er rechtschaffen sündhaft wie er so dastand, mit seinem schwarzen Haar, das ihm verwegen in die Stirn fiel, und seinem Umhang, der sich hinter ihm im Wind blähte. „Es tut mir leid, aber ich kann mich nicht ändern. Es geht einfach nicht.“
„Versuch es erst gar nicht, mein Schatz“, beteuerte er und wartete, dass sie die Zügel aufnahm und es sich im
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