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Geliebte Gefangene

Geliebte Gefangene

Titel: Geliebte Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: NICOLA CORNICK
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gefährlich sein könnte, ihr zu vertrauen.
    Selbst jetzt konnte sie lügen, um ihn dazu zu bringen, seine Truppen zurückzuziehen und ihm doch noch eine Niederlage abzutricksen. Auch wenn ihm jede Faser seines Körpers sagte, dass sie die Wahrheit sprach, konnte er sich nicht die Schwäche erlauben, Zuneigung für sie zu empfinden. Er war müde. Sein Verstand war vor Erschöpfung und den Gedanken an die bevorstehende Schlacht getrübt, und er wusste, dass dies verhängnisvolle Auswirkungen auf sein Urteilsvermögen haben konnte.
    Unvermutet wandte Anne den Kopf. Der Blick ihrer dunklen Augen traf ihn wie die Spitze eines Dolches. Sie wollte aufstehen, aber Simon griff nach ihrem Arm und hielt sie zurück. Sie waren sich sehr nah. Nur eine Haaresbreite trennte sie noch.
    „Ich lüge nicht“, sagte Anne verächtlich. „Wenn ich ein Mann wäre, würde ich Euch für diese Beleidigung zur Verantwortung ziehen.“
    Simon zog sie so abrupt auf die Füße, dass ihr Stuhl ins Wanken geriet und beinahe umfiel. Ihr Körper war starr unter seinen Händen, und doch konnte er sie vor Ärger und Entrüstung zittern spüren. „Schöne Worte, Mylady. Doch einen von uns müsst Ihr angelogen haben, Malvoisier oder mich. Und er ist jetzt Euer Verbündeter.“
    In plötzlicher Wut entwand Anne ihren Arm seinem Griff. „Wagt es nicht, mich des Verrats zu beschuldigen.“ Ihre Stimme schwankte. „Ich diene dem König, und bis er mich von meinem Treueschwur entbindet, ist meine Loyalität ungebrochen. Malvoisier …“ Sie hielt inne, und eine gespannte Stille erfüllte den Raum.
    „Ja?“ Simons Stimme klang rau, als er sie zum Weitersprechen aufforderte. Sein Atem kam rasch. „Was ist mit ihm?“
    Einen Augenblick zögerte Anne. „Malvoisier und ich stehen beide auf der Seite der Royalisten, aber unsere Loyalität gehört verschiedenen Dingen“, erwiderte sie langsam. „Meine Loyalität gilt zuallererst dem König, aber direkt danach folgen meine Leute. Ich muss Grafton beschützen.“ Beschwörend hob sie die Hände. „Ich kam heute Nacht aus eigenem Antrieb zu Euch, da ich um einen Waffenstillstand bitten wollte, Mylord. Wenn ihr das Gut angreift, werdet Ihr mit großer Wahrscheinlichkeit Euren Bruder und mindestens die Hälfte der Einwohner der Burg töten. Ihr habt Kanonen – solch einen Angriff können wir nicht überstehen. Widerruft Euren Befehl und schont Henrys Leben und das meiner Leute.“
    Gespannte Stille breitete sich zwischen ihnen aus. Simon wusste, dass das alles war, was er von Anne an Bitten erwarten konnte. Sie war sehr stolz, und sie hatte sich trotzdem so weit erniedrigt, in dieser Nacht zu ihm zu kommen, um ihn zu bitten, die Leben der Menschen, die ihr nahestanden, zu schonen. Und er musste es ihr abschlagen. Langsam schüttelte er den Kopf. „Nein. Ich werde den Angriffsbefehl nicht widerrufen.“
    Schock und Entsetzen standen in ihrem Gesicht, und ihm wurde klar, dass sie fest damit gerechnet hatte, ihn umstimmen zu können. Sie richtete sich gerade auf und sah ihn unverwandt an. „Wollt Ihr mich nicht verstehen, Mylord?“, fragte sie aufgebracht. „Sir Henry ist zu schwach, um aufzustehen, geschweige denn zu kämpfen! Wenn Ihr angreift, wird er im Kampf getötet werden, oder schlimmer noch: Malvoisier wird ihn auf den Zinnen der Burg aufhängen! Er ist eine Geisel, und Malvoisier wird ihn benutzen, um seine eigene Freiheit zu garantieren oder Eure einzufordern! Wie auch immer Ihr es betrachtet, Euer Bruder ist ein toter Mann!“
    „Und das kümmert Euch?“, fragte Simon schroff.
    „Natürlich tut es das!“, erwiderte Anne scharf. „Euer Vater ist mein Taufpate, Lord Greville. Henry steht meinem Herzen so nahe wie …“ Sie brach ab und fuhr dann leise fort: „… so nahe wie ein Bruder.“
    „Und doch wollt Ihr ihn benutzen, um Sicherheit für Grafton zu erkaufen“, sagte Simon bitter. „Doch ich werde mich nicht so erpressen lassen.“
    Anne starrte ihn an, Ärger und Unglaube in ihrem Blick. „Ihr werdet tatsächlich nichts unternehmen, um ihm zu helfen?“, fragte sie fassungslos. „Mir scheint, Ihr seid wahnsinnig geworden. Ihr würdet Euren Bruder für nichts und wieder nichts opfern?“ Ärger schwang in ihrer Stimme. „Warum sagt Ihr mir nicht die Wahrheit, Mylord? Ihr wollt Eure Truppen nicht zurückziehen, weil Ihr einen Angriff auf Grafton angekündigt habt und es Euch jetzt nicht erlauben könnt, schwach zu erscheinen. Henry ist Euch dabei völlig egal! Es geht nur um

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