Geliebte Gefangene
wie es enden soll.“ Sie zögerte. „Ich habe gehört, dass Euch der Treueschwur, den Ihr abgelegt habt, Eurem Vater entfremdet hat …“ Sie brach ab und errötete leicht.
„Das ist richtig“, erwiderte Simon kurz.
Anne blickte zur Seite. „Das tut mir leid“, flüsterte sie.
Simon fühlte, wie ihr Schmerz auch sein Herz berührte. Der Zwist mit seinem Vater war etwas, das er nicht leicht verdrängen konnte. Es war keine fünf Jahre her, dass er an der Seite von Fulwar Greville im Parlament gesessen hatte. Rückblickend schien es, als ob das Land fast unmerklich in den Bürgerkrieg hineingerutscht wäre. Fulwar hatte die Arroganz des Königs gegenüber seinem Volk nicht gutgeheißen, aber er hatte der Krone vierzig Jahre lang gedient, hatte mit seinem Herrscher das Brot geteilt und würde seinen Treueschwur jetzt nicht brechen. Simon seinerseits hatte einen Monarchen gesehen, der eine Armee aufgestellt hatte, um gegen seine eigenen Untertanen zu kämpfen, und dessen Macht eingeschränkt und kontrolliert werden musste. Als er den Schwur der Milizarmee leistete, das Parlament zu schützen, schien das Gesicht seines Vaters vor seinen Augen um Jahre zu altern. Sie wussten beide, was dieser Schwur bedeutete. Gehörte seine Treue seinem Vater oder seinem Land? Seine Loyalität konnte nur einem gelten.
„Vielleicht gibt es jetzt nur noch eines, auf das wir anstoßen können. Die Treue selbst“, sagte Simon. „Auch wenn das für jeden Menschen etwas anderes bedeuten kann.“ Er stieß sein Glas sanft gegen Annes.
Einen Moment später lächelte sie und hob ihr Glas mit einem Nicken, bevor sie einen kleinen Schluck nahm. „Treue“, sagte sie. „Darauf kann ich trinken.“
Das Feuer und die wärmende Wirkung des Weines malten eine sanfte Röte auf ihre Wangen, und sie sah plötzlich sehr jung aus.
Simon lehnte sich zurück. Es war still geworden, nur noch das leise Knistern des Feuers im Kamin war zu hören. Für einen Moment herrschte Frieden – so weit das in dieser Zeit möglich war.
Es war Anne, die die Stille schließlich brach. „Werdet Ihr also Eure Truppen zurückziehen?“, fragte sie. „Sind wir uns einig, Lord Greville?“
„Nein. Noch nicht.“
Anne sprang auf die Füße. Ihre Hand griff nach dem Dolch, der immer noch auf dem Tisch lag, aber Simon war schneller. Seine Finger schlossen sich um ihr Handgelenk.
„Nicht so hastig.“ Seine sanfte Stimme stand im Gegensatz zu seinem eisernen Griff, mit dem er sie festhielt. „Ich habe noch ein paar Fragen, auf die ich Antworten haben will, bevor wir eine Einigung erreichen können. Bleibt noch ein wenig.“
Er ließ sie los, und Anne setzte sich wieder. Sie rieb sich das Handgelenk, während Simon nach dem Dolch griff. Das Feuer warf glitzernde Reflexe auf den diamantenbesetzten Griff, als er ihn in den Händen drehte. „Das ist eine gute Arbeit“, sagte er.
„Mein Vater hat ihn mir gegeben.“
„Und ohne Zweifel hat er Euch auch beigebracht, ihn zu benutzen.“ Simon ließ den Dolch in seiner Tasche verschwinden. „Ihr werdet verzeihen, dass ich ihn für den Moment behalte. Aber ich habe kein Verlangen, ihn zwischen meinen Schulterblättern zu spüren.“
Anne zuckte die Achseln, doch in ihren Augen blitzte es. Lord Grevilles Ablehnung, schnell zu einer Einigung zu kommen, verärgerte sie, aber sie wollte sich nichts anmerken lassen. „Es scheint, ich habe kaum eine Wahl.“ Herausfordernd sah sie ihn an. „Ihr wollt Antworten, Mylord? Dann stellt Eure Fragen.“
Simon nickte langsam. „Also gut.“ Er wartete noch einen Moment, dann fuhr er fort: „Ist es wahr, dass General Malvoisier nicht weiß, dass Ihr hier seid, und auch nicht in Euren Plan eingeweiht ist, mir von Henry zu erzählen und um die Sicherheit des Gutes zu verhandeln?“ Bei der Nennung von Malvoisiers Namen flackerte Annes Blick auf, aber sie hatte sich zu schnell wieder gefasst, als dass Simon den Ausdruck hätte deuten können.
„Das ist richtig. Malvoisier liegt das Wohl der Menschen von Grafton nicht auf die gleiche Weise am Herzen wie mir. Er hätte niemals einem Verhandlungsversuch mit Euch zugestimmt.“
„Dann habt Ihr also Euren Verbündeten verraten?“
Der Blick, den sie ihm zuwarf, hätte einen schwächeren Mann in die Knie zwingen können. „Meine Loyalität gehört dem König. Ich habe die Sache der Royalisten nicht verraten und werde dies auch niemals tun!“
Simon nahm ihre Worte mit einem Kopfnicken hin. Sie würde um keinen Preis
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