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Geliebte Gefangene

Geliebte Gefangene

Titel: Geliebte Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: NICOLA CORNICK
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Apfelbaumholz erfüllte den Raum. Draußen lag hoch der Schnee, und die Männer bereiteten sich auf den Kampf vor. Doch hier drinnen herrschte ein warmes Halbdunkel, das eine trügerische Illusion von Intimität erzeugte.
    „Es tut mir sehr leid, dass Euer Vater krank ist“, sagte Simon. „Der Earl of Grafton ist ein guter Mann. Wir mögen nicht auf derselben Seite stehen, aber ich habe ihn immer bewundert.“
    „Danke.“ Anne strich sich das dunkle Haar aus der Stirn. Die langsam trocknenden Strähnen bildeten einen dunkel schattigen Rahmen um ihr Gesicht. Sie sah blass und müde aus.
    „Wird er sich wieder erholen?“
    Anne schüttelte den Kopf. „Er lebt, Mylord, aber es wäre genauso wahr zu sagen, dass er tot ist. Er redet oder bewegt sich nicht, und er isst nur sehr wenig. Zudem erkennt er keinen mehr von uns. Es ist nur noch eine Frage der Zeit.“
    Simon nickte. Das entsprach dem, was er schon im Dorf gehört hatte. Der Earl of Grafton war schon seit Jahren leidend, und es war keine Überraschung, dass der König vor Kurzem beschlossen hatte, Grafton mit Truppen aus Oxford unter dem Kommando von General Gerard Malvoisier zu unterstützen. Graftons Lage prädestinierte es dazu, die Straße zwischen den westlichen Landesteilen und Oxford für den König zu schützen, und er hatte es gut mit Männern und Waffen ausgerüstet. Die parlamentarischen Generäle vermuteten auch, dass sich in Grafton eine nicht unbeträchtliche Menge an Geld und Wertgegenständen befand, die die Royalisten aus dem Westen zur Unterstützung des Königs geschickt hatten. Das war auch der Grund, warum General Fairfax Simon mit einem Bataillon Fußsoldaten und einer Division Kavallerie entsandt hatte, um Graf ton ein für alle Mal von den Royalisten zurückzuerobern.
    König Charles selbst hatte, kurz nachdem 1642 der Krieg erklärt worden war, die Verlobung zwischen Gerard Malvoisier und Anne angeordnet, und Simon hatte so mehr als genug Grund, gegen den royalistischen Feldherrn Groll zu hegen. Denn bevor der König eingegriffen hatte, war Grafton – genau wie seine Erbin – ihm versprochen gewesen. Simon hatte Gerard Malvoisier immer verachtet. Er hielt ihn für einen brutalen Schlächter, der seine Grausamkeit unter dem Mantel des Soldatentums zu verbergen suchte. Dass Malvoisier seiner Meinung nach Henry ermordet hatte, hatte seinen Hass nur noch verstärkt, genauso wie die Tatsache, dass er mit Anne verlobt war. Allein der Gedanke, dass Malvoisier sie für sich beanspruchte, ihren schlanken Körper in sein Bett zerren und sie mit all der Brutalität, zu der er fähig war, zu der Seinen machen würde, ließ Übelkeit in Simon aufsteigen.
    Als er jetzt sah, wie ihr Haar vor dem warmen Feuer langsam trocknete und die Kerzen Schatten über die zarte Linie ihrer Wangen warfen, fühlte er, wie tief in ihm etwas zerbarst. Malvoisier würde sie niemals besitzen. Außer … Simon erstarrte. Vielleicht war es schon zu spät. Gerüchte besagten, dass Gerard Malvoisier die Unauflösbarkeit der Verlobung garantiert hatte, indem er sie sofort in sein Bett genommen hatte. Wahrscheinlich war sie schon seine Geliebte.
    Es klopfte, die Tür wurde einen Spalt geöffnet, und Standish sah vorsichtig herein. „Der Wein, Mylord.“ Lautlos zog er sich wieder zurück und schloss die Tür mit einem leisen Klicken hinter sich.
    Simon goss ihnen beiden ein und reichte Anne ein Glas. Seine Hand berührte die ihre. Ihre Finger waren kalt. Ein seltsames Gefühl, ein Gemisch aus Ärger und dem Wunsch, sie zu beschützen, erfasste ihn und durchbrach die Kälte, die ihn seit Henrys Tod erfasst hatte. „Kommt näher ans Feuer“, sagte er abrupt. „Ihr müsst halb erfroren sein. Die Nacht ist nicht dazu geeignet, draußen herumzulaufen.“
    Sie warf ihm einen schnellen Blick zu, zog dann aber gehorsam ihren Stuhl näher an die Flammen. Jetzt, da sie allein waren, schien sie ganz ihren eigenen Gedanken nachzuhängen. Ihr inneres Feuer, das eben noch so hell gelodert hatte, schien beinahe erloschen oder war zumindest nicht mehr sichtbar, und zurück blieb nur die Fassade ihrer Schönheit. Simon setzte sich auf den Stuhl ihr gegenüber und betrachtete sie für einen Moment, bevor sie wieder den Blick zu ihm hob.
    „Auf was können wir trinken“, fragte er, „jetzt, wo wir auf verschiedenen Seiten stehen?“
    „Dieser Konflikt bringt Unruhe und Verwirrung in die Loyalitäten aller Beteiligten. Das Ganze gerät immer mehr außer Kontrolle. Ich weiß nicht,

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