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Geliebte Gefangene

Geliebte Gefangene

Titel: Geliebte Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: NICOLA CORNICK
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Söhne akzeptieren würde. Aber Fulwar war ihr in vielem ein Rätsel. Erwachsene Männer zitterten vor ihm, und doch hatte Anne gehört, dass er einen Hengst, der auf der Reise nach Grafton gelahmt hatte, mit sanften Händen und leisen Worten beruhigt und ihm selbst den Dorn aus dem Huf entfernt hatte. Sie wusste aus ihrer eigenen Kindheit, dass er rau und streng war, aber dass sich hinter seiner Kälte ein weiches Herz verbarg.
    Ein Ruf vom Koppelgatter riss sie aus ihren Gedanken. Als sie sich umdrehte, sah sie Fulwar mit Henry und Muna herankommen. Die Cousine hatte ihren Zwergfalken auf der Hand. Sie und Henry winkten ihr fröhlich zu und gingen dann zum anderen Ende des Feldes, um mit ihrem Unterricht fortzufahren. Anne seufzte. Sie sahen sehr glücklich aus.
    Fulwar kam allein zu ihr hinüber. Anne hatte das seltsame Gefühl, sie könnte für einen Moment in die ferne Zukunft sehen. So würde Simon in dreißig Jahren aussehen, wenn die Zeit und das Leben ihre Spuren hinterlassen hätten. Fulwars graues Haar war noch immer voll und dicht, und mochten auch Falten sein Gesicht durchziehen, war sein Gang immer noch aufrecht und zeugte von einem Mann, der stets ein aktives Leben geführt hatte. Anne fühlte eine plötzliche Sehnsucht, die nächsten dreißig Jahre an der Seite seines Sohnes zu verbringen. Diese Zeit würde reich an Erfahrungen und Taten sein. Jahre voller Leidenschaft und Gefühl, warm und intensiv, ganz anders als die kalte Einsamkeit, die sie jetzt so oft quälte. Sie brauchte Liebe und Verbundenheit, wollte eine Familie und mit ihr Freude und Leid durchleben. Sie wollte Simon. In den letzten Wochen hatte sie gesehen, wie er all das Böse, das Gerard Malvoisier über Grafton gebracht hatte, rückgängig machte. Land und Leute waren ihm wichtig, und dafür bewunderte sie ihn sehr. Voller Wehmut dachte Anne an die Vergangenheit. Vor vier Jahren hatte sie Simon ein Eheversprechen gegeben. Aber etwas Schreckliches war passiert und hatte die Welt auf den Kopf gestellt.
    „Eure Cousine lernt schnell“, sagte Fulwar schroff, aber durchaus anerkennend, als er an Annes Seite trat und zusah, wie Muna den Zwergfalken an der Lockschnur fliegen ließ. „Sie ist ein gutes Mädchen, sanft und fügsam. Ich denke, dass Henry eine gute Wahl getroffen hat.“
    „Es freut mich, dass Ihr die Verbindung billigt.“ Im Stillen war Anne der Meinung, dass Muna eine bessere Schauspielerin sein musste, als sie ihr zugetraut hätte, wenn sie den Earl davon hatte überzeugen können, dass sie fügsam sei.
    Fulwars blaue Augen funkelten amüsiert, als er sie ansah. „Höre ich da etwa Missbilligung in Eurer Stimme, Lady Anne? Ist ein Greville nicht gut genug für Eure Cousine?“
    Anne lachte. „Ein Greville ist für jeden eine gute Partie, Mylord! Meine Cousine verdient es, glücklich zu sein.“ Sie zuckte die Schultern. „Und Henry macht sie glücklich. Das reicht, um mich zu überzeugen, auch wenn mir ihre unterschiedlichen Loyalitäten Sorge machen.“
    Sie pfiff nach ihrem Falken. Er kam aus dem Himmel gestürzt und landete in einem Wirbel von Grau auf ihrem Handschuh. Anne kraulte seinen Kopf, und der Vogel ließ ein leises Kreischen hören.
    „Ihr behandelt den Vogel wie ein Schoßtier“, brummte Fulwar. Der Falke wandte den Kopf und bedachte ihn mit einem bösen Blick aus seinen leuchtend gelben Augen.
    Anne lächelte. „Er ist wild, Mylord. Er kommt nur zu mir, wenn er es will und weil es ihm so gefällt.“ Sie hielt ihm ihre Hand hin. „Er ist der Falke eines Earls. Würdet Ihr ihn gerne fliegen lassen?“
    Fulwar schüttelte den Kopf. „Ihr habt den Platz Eures Vaters eingenommen. Es ist nur richtig, dass Ihr auch seinen Falken fliegen lasst.“
    Anne hob die Hand, und der Vogel erhob sich wieder in die Lüfte. Er stieg höher und höher, bis sie ihn gegen die strahlende Bläue des Himmels aus den Augen verloren.
    „Man sagt“, bemerkte Fulwar nachdenklich, „dass weibliche Falken viel unnachgiebiger als männliche sind.“
    „Das ist häufig so“, erwiderte Anne mit bemüht ernstem Gesicht. Es war amüsant zuzusehen, wie Fulwar versuchte, taktvoll zu sein.
    „Ihr habt das bei Eurer beherzten Verteidigung Graftons auch bewiesen, mein Kind“, fuhr Fulwar fort. „Aber jetzt müsst Ihr über Eure Zukunft entscheiden. Ich bin gekommen, um Euch in Harington ein Heim anzubieten, falls Ihr nicht hier in Grafton bleiben könnt.“
    Anne setzte sich auf den Stamm einer umgefallenen Eiche. „Muss ich

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