Geliebte Korsarin
Cayman-Inseln.
Stündlich wurden ihm Meldungen auf den Tisch gelegt, die über Funk zusammengetragen worden waren … Beobachtungen aus der Luft, Kontrollen auf dem Meer. Die Karibik war ein einziges, großes Jagdgebiet geworden. Erstaunlicherweise klappte sogar die Verständigung aller Anliegerstaaten untereinander, sogar Kuba machte mit und funkte Berichte.
Ein Gerücht geisterte von neuem durch die Karibik: Das Piratenschiff schlägt wieder zu! Zwar dementierte Don Fernando in Belize energisch, daß man seine schöne Yacht ALTUN HA, die aus dem Hafen gestohlen worden war (wie er aussagte), verdächtigte, ein Seeräuberschiff zu sein, aber was in den letzten drei Tagen zu hören war, war doch alarmierend:
Nach dem Überfall bei den Serrana Banks wurde eine Motoryacht aus Florida mitten auf der See, südlich von Jamaika, gekapert. Danach jagte die Hiobsbotschaft durch den Äther, daß bei den Morante Cays die Luxusyacht eines holländischen Exporteurs völlig ausgeraubt wurde. An Gegenwehr war nicht zu denken gewesen … das fremde Schiff, also die Piraten, kamen längsseits und schossen aus zwei dickrohrigen Gewehren ein geruchloses Gas. In Sekundenschnelle lagen alle Holländer betäubt herum. Das letzte, was der Steuermann noch sehen konnte, ehe auch er umfiel, waren drei Männer mit Gasmasken, die auf das Deck sprangen. Sie trugen – und das war das Tollste an der ganzen Geschichte – schneeweiße, geradezu elegante Marineuniformen. Einer von ihnen – ein Rothaariger? – hatte sogar goldene Offiziersstreifen auf den Ärmeln.
Es war selbstverständlich, daß solche Meldungen zu einer Verständigung unterschiedlicher politischer Richtungen führte. Die Bedrohung durch die Piraten war allgemein, traf jeden Staat, und war nicht an Grenzen oder Ideologien gebunden. Die Marineflieger Fidel Castros kontrollierten genauso wie die Suchboote der britischen Navy und die Schnellboote der USA. Sie tauschten ihre Beobachtungen aus und teilten die Karibik in Planquadrate ein, die sie systematisch abtasteten.
Bei Sir Betford liefen die Meldungen ebenso zusammen wie in den anderen Einsatz-Befehlsstellen. Das Bild, das sich immer wieder ergab, war entmutigend: Die ALTUN HA hatte niemand gesichtet, aber nach den Beschreibungen der Gekaperten war das Piratenschiff ein völlig anderer Typ.
Sir Howard folgerte daraus, daß es sich um einen ›Korsaren-Verband‹ handeln müsse, der militärisch organisiert war und jegliche Zivilisation bekämpfte.
Eine Piratenflotte in der Karibik, wie in den unseligen 18. und 19. Jahrhunderten –, das war etwas, was Sir Howard als Schlußfolgerung aus allen Meldungen herauslas.
Und eines dieser Schiffe hatte Dr. Andreas Rainherr als Geisel an Bord, und mit ihm jene geheimnisvolle, unbekannte, nach Aussagen von Annette Rainherr wunderschöne Frau, die ihr Vater auch noch heiraten wollte! Joanna Tabora. Ein Name, den keiner kannte.
Auch Don Fernando Dalques in Belize war dieser Name unbekannt. »Ich höre ihn zum erstenmal!« sagte er vor dem Polizeichef von Belize aus. Er fuhr in die Hauptstadt und gab im Innenministerium eine eidesstattliche Aussage zu Protokoll.
Der Syndikus Dr. Casillas begleitete ihn und achtete darauf, daß Fernando nicht zuviel und keinen Blödsinn redete …
Miss Tolkins wurde nicht erwähnt. Es fragte auch keiner nach ihr. Die Geschäfte liefen gut, das wußten einige Herren in hohen Staatsämtern, die still mit monatlichen Diäten beteiligt waren und daher kein Interesse daran hatten, über gewisse Vorkommnisse in der Exportfirma Dalques nachzudenken.
Daß man ihm und Miss Tolkins die schöne Yacht gestohlen hatte, erweckte überall reges Mitgefühl. Was Belize an Suchaktionen starten konnte, wurde getan. Es war mehr ein ideeller Einsatz, denn wo man die Piraten gesichtet hatte, kam kein Belizer mehr hin. Das war die Sache von Jamaika, von Kuba und Haiti … und von den Cayman-Inseln.
Aber auch in Belize war man betroffen, daß die ALTUN HA verschwunden war und ein anderes Boot auf Kaperfahrt identifiziert wurde. Man hätte – der Logik nach – doch folgern müssen, daß die Piraten das schöne Schiff von Señor Dalques gestohlen hatten, um ein schnelles Schiff zu haben.
Das aber schien nicht der Fall zu sein …
»Dieser Jim ist ein frecher Hund!« sagte Don Fernando wütend und zugleich voller Anerkennung, als er mit Dr. Casillas auf der Rückfahrt von Belmopan war. »Er pflastert seine Straße nach Saba mit Piratengut. Wieviel hat er denn schon
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