Geliebte Korsarin
Tolkins eisern gespart. Ihr Konto ist randvoll! Ökonomisch gesehen wäre es doch möglich, daß Miss Tolkins den Konkurs anmeldet …«
»Sie sind ja verrückt!« schrie Dalques.
»Moment! Wären Sie allein in der Lage, alle Verbindlichkeiten zu zahlen? Na also! Aber Miss Tolkins könnte es – von ihrem Privatkonto. Und wenn sie das nicht will, dann gibt es eine Pleite. Und dann kauft sie aus der Konkursmasse die Firma wieder zurück, für sich allein!«
»Na – und?« Don Fernando fragte es ahnungslos.
»Diese Firma macht noch einmal ein großes Geschäft und dann … dann stiftet sie alles wohltätigen Zwecken! In Belize wird man sie wie eine Heilige verehren! Von einer Korsarin wird keiner mehr sprechen. Jeder würde gesteinigt werden, der nur einen solchen Verdacht äußerte. Und das Wichtigste ist: Ihr Gewissen ist gereinigt! Was sie zusammengekapert hat, was sie verdient hat mit der Firma … es gehört den Armen. Oder den Kranken. Oder sonst einer Institution, die sich um den Bodensatz der menschlichen Gesellschaft kümmert.«
»Sie phantasieren, Casillas!« Dalques schüttelte den Kopf. »Mary-Anne ist im Augenblick nicht zurechnungsfähig. Sie hat erst einmal endlich entdeckt, was ein Mann wert sein kann, was er ihr geben kann … und das bringt sie fast um den Verstand! Das ist es! So sehe ich es! Wenn der erste Brand gelöscht ist, wird sie vernünftig. Das ist so, als wenn ein Verdurstender ein Glas Bier trinkt. Es zischt – und weg ist es! Aber dann bekommt er wieder klare Gedanken.«
»Und wie deuten Sie die Haltung von Saba?«
»Casillas, reden Sie doch vernünftig! Deuten! Das sind alles kleine Gauner, weiter nichts. Die machen sich jetzt selbständig und kassieren ab, bis man sie schnappt!«
»Mit bisher sieben Millionen Dollar!«
»Haben sie Glück, werden sie von den Amerikanern oder Engländern erwischt – haben sie Pech, laufen sie Fidel Castro in die Arme. Dann hängen sie am nächsten Schiffsmast oder Baum. McDonald ist doch nicht Mary-Anne … Er kann wohl ein Boot führen, aber ihm fehlt doch jegliches Vermögen, große Dinge durchzudenken! So genial war allein Mary-Anne …«
»Warten wir es ab, Don Fernando.«
Dr. Casillas bog von der Hauptstraße ab und fuhr über einen gefährlichen Dschungelpfad – eine Abkürzung zu dem Haus am Belize-River. »Ich als Ihr Anwalt rate Ihnen jedenfalls: Sammeln Sie Geld, soviel Sie noch können … und dann hauen Sie ab ins Unbekannte! Weit weg, wo Sie keiner kennt. Zum Beispiel auf die Malediven! Oder in die Südsee. Dort haben Sie auch alles, was Sie brauchen: Sonne, Meer, Strand, Luxushotels und wunderschöne Frauen. Hier … das ahne ich! – geht bald ein Feuerwerk los!«
Fernando Dalques antwortete nicht mehr.
Er war sehr nachdenklich geworden. Was Dr. Casillas sagte, hatte Sinn und vor allem System. Tatsächlich: Was würde, wenn Mary-Anne hier alles hochgehen ließ?
Südsee! dachte er und lehnte sich zurück. Tahiti, Samoa, die Karolinen … Vom Geld leben und nichts mehr tun … Mit 40 Jahren nur noch genießen, was das Leben bietet.
Das ist eine eingehende Überlegung wert. Vor allem, wenn man an Mary-Annes Bankkonto käme … mit einer gefälschten Unterschrift …
Acht Tage versteckten sich Dr. Rainherr und Joanna Tabora in den Jardines de la Reina vor Kuba.
Acht Tage paradiesischen Glücks, seliger Liebe, nie enden wollender Vereinigung und wohliger Müdigkeit – Körper an Körper.
Juan Noales kochte und servierte, putzte das Schiff und lauschte mit der Funkanlage in die Welt hinaus. Im Radio wurden die Meldungen knapper. Wie es Andreas Rainherr vorhergesehen hatte: Je erfolgloser die Suche nach der ALTUN HA und dem ›entführten‹ Deutschen war, um so mehr hatte man ein Interesse daran, diesen Mißerfolg nicht zuzugeben. Außerdem kostete die Suche eine Menge Geld für Treibstoff …
Zuerst wurden die Flugzeuge in die Flugbasen zurückgerufen, dann nahmen die Patrouillenboote den Normaldienst wieder auf. In der tausendfach verschlungenen Inselwelt des karibischen Meeres eine Yacht zu suchen ist überhaupt die Realisation des Sprichwortes von der Stecknadel im Heuhaufen.
Sir Howard Betford tobte zwar, aber auch er beugte sich schließlich der Einsicht. Seine Offiziere bewiesen ihm anhand von Karten der abgesuchten Gebiete, daß die ALTUN HA mit Dr. Rainherr und der geheimnisvollen Miss Tabora an Bord längst aus dem Nahgebiet entkommen sein mußte.
»Wenn sie durch den Canal del Viento, die Meeresstraße
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