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Geliebte Korsarin

Geliebte Korsarin

Titel: Geliebte Korsarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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plötzlich mit ihrer hellen Stimme an.
    »Natürlich auch!« Er rückte nahe an sie heran, hob die Mullkompressen von der Wunde ab und bemerkte, daß die blutstillende Watte geholfen hatte. Dann reinigte er mit Alkohol noch einmal ihre schöne Brust und blinzelte dabei nach ihrem Gesicht.
    Sie hatte die Augen wieder geschlossen, ihre Nasenflügel blähten sich auf, und die Mundwinkel vibrierten leicht. Auch eine Piratin bleibt immer eine Frau, dachte er. Oder wenigstens manchmal. Und wenn die Piratin eine leidenschaftliche Frau mit verdrängten, geknebelten Sehnsüchten ist, dann wird es besonders schwer, in bestimmten Augenblicken weiterhin ein Neutrum zu bleiben …
    Er ließ sich Zeit mit der Säuberung der Brust, umkreiste sie mit seinem alkoholgetränkten Läppchen und gestand sich ein, daß er gern der erste Mann wäre, der die Narbe auf dieser Brust küssen durfte.
    »Wann fangen Sie endlich an?« knirschte sie ungeduldig zwischen den Zähnen.
    »Ich bin doch dabei …«
    »Nennen Sie das nähen …?«
    »Ich stamme noch aus der antiquierten medizinischen Schule, wo man uns lehrte, daß für eine Naht ein Operationsgebiet sauber zu sein hat. Moderne Lehrmeinungen sind da konträr … es soll Unfallchirurgen geben, die nicht einmal das Blut wegwischen, sondern sagen: Luft heilt am besten! Keine Verbände, Wunde nur mit Antibiotika übersprühen und dann abwarten. Andere wieder verkleben die Wunden oder setzen winzige Klammern. Ich bin nun einmal für absolute Sauberkeit!«
    Er legte den Alkoholtupfer weg und klappte die Chromkästen mit dem Nahtmaterial auf.
    »Sie reden und reden …«
    »Aber jetzt ist Ihre Brust wirklich blank und keimfrei – in all ihrer Schönheit!«
    »Ich möchte Ihnen ins Gesicht schlagen! Ja, das möchte ich jetzt!« sagte Mary-Anne mit dunkler Stimme.
    »Sieh an, sieh an …« Dr. Rainherr hob mit einer Pinzette eine ganz dünne, gebogene Nadel hoch.
    »Da haben wir ja sogar atraumatische Nadeln! Alle Achtung!«
    »Was heißt das?«
    »Mit den Dingern kann man so fein nähen, daß später als Narbe nur ein feiner Strich übrigbleibt. Ein weißer, kleiner schmaler Strich, kaum sichtbar … Man müßte schon sehr nahe an Ihre Brust herankommen!«
    Sie schlug nach ihm. Tatsächlich … ihre freie rechte Hand holte blitzschnell aus, aber ebenso schnell reagierte Dr. Rainherr und hielt die Hand fest, bevor sie ihn treffen konnte.
    »Sie Ekel!« schnaubte Mary-Anne. »Sie widerliches Ekel!«
    »Ich weiß, Mary-Anne.«
    Er hielt ihre Hand noch länger fest, zog sie an sich und küßte die Handfläche zart. Dann ließ er sie abrupt los und hielt seinen Kopf hin.
    »Wenn's Ihnen soviel Spaß macht, schlagen Sie zu!«
    Er fädelte den Nahtfaden ein und wartete, daß sie von neuem zu dem Schlag ausholte. Sie tat es nicht … Ihre Hand sank zurück und ballte sich zur Faust.
    »Soll ich nicht doch Äther nehmen?« fragte er leise. »Ein ganz klein wenig. Ein Räuschlein …«
    »Nähen Sie endlich, zum Teufel! Ich bin keine Memme.«
    »Nein, ich weiß. Sie sind das Gespenst der Karibik, und als solches haben Sie natürlich mutig zu sein.« Er beugte sich wieder vor. »Mary-Anne, stützen Sie mit der rechten Hand Ihre Brust. Mein Gott, zucken Sie doch nicht wieder zusammen. Natürlich haben Sie eine herrliche feste Brust, die keine Stütze braucht – aber immerhin hat sie ein bestimmtes Gewicht, und das zieht die Wunde oberhalb, am Ansatz, auseinander. Die Naht soll doch möglichst unsichtbar werden … es sei denn, Sie wären ein Narbentyp, dann hilft alles nichts.«
    »Ich habe gutes Heilfleisch, wie man so sagt.« Sie legte ihre rechte Hand aber doch unter ihre linke Brust und hob sie etwas an.
    Der erste Einstich war unangenehm, aber weniger schmerzhaft, als sie gedacht hatte. Die Schmerzen vorher, die ihren ganzen Körper ergriffen hatten, waren weit schlimmer gewesen. Sie legte den Kopf zurück in die Kissen, schloß die Augen und zählte die Einstiche.
    Viermal glitt die Nadel durch ihren Brustansatz … Juans Klinge war breit gewesen, ein Messer, das er, wie Rainherr sagte, als Universalwerkzeug brauchte. Vier Einstiche … Sie rührte sich nicht, gab keinen Laut von sich, aber sie registrierte jede Berührung von Rainherrs Hand.
    Es war, trotz aller Schmerzen, ein merkwürdiges, fast glückliches Gefühl, das sie jetzt durchrann. Sie spürte genau, wie seine Fingerspitzen über die Wunde tasteten, wie sie die Naht kontrollierten, wie sie von neuem über die Brust strichen … und

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