Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geliebte Kurtisane

Geliebte Kurtisane

Titel: Geliebte Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
Vom Netzwerk:
mir spricht?“
    Bestürzt sahen sie ihn an und entschuldigten sich sogleich – alle gleichzeitig. Mark ging dazu über, sie einzeln aufzurufen und ihren Anliegen bestmöglich gerecht zu werden, was nicht immer leicht war. Etwas abseits nahm er Mrs Farleigh wahr. Er hatte versprochen, sie nach Hause zu bringen. Das, und nur das, hielt ihn einigermaßen bei Laune.
    Nein, Mrs Cadfall, er könne diese Woche nicht zum Dinner kommen. Mit Vieh kenne er sich nicht aus, da könne jeder andere besseren Rat geben als er. Doch, wirklich.
    „Und Sie, Tolliver, was wollten Sie?“
    Tolliver stand da wie ein begossener Pudel, und Mark merkte, dass er vielleicht etwas kurz angebunden gewesen war. Er holte tief Luft und sagte sich, dass es wahrlich Schlimmeres gab, als beliebt zu sein.
    „Die BMK überlegt, eine öffentliche Debatte zu organisieren.“ Tolliver senkte den Blick und scharrte verlegen mit den Schuhen. „Wir dachten, eine solche könnte auch andere zur Keuschheit ermutigen.“
    „Eine Debatte?“, fragte Mark nach. Er war kein großer Freund der BMK. Diese dummen Handzeichen, die Kokarde – das alles missfiel ihm. Vor allem missfielen ihm die Handbücher und Pamphlete, die ihr Gründer en masse verhökerte. Reine Geschäftemacherei, zu der Jedidiah Pruwett sich schamlos Marks Namens bediente. „Und Sie wollen bestimmt, dass ich daran teilnehme“, vermutete er.
    Sein Verdruss musste ihm anzuhören gewesen sein, denn der arme Tolliver sank noch mehr in sich zusammen. Mark tat es sogleich leid. Es war ja nicht so, dass er etwas gegen diesen Jungen hätte, nur …
    „Ja, Sie haben natürlich recht“, meinte Tolliver denn auch entmutigt. „Ich hatte es nicht gründlich genug bedacht. Wer sollte denn die Gegenposition zu Ihnen beziehen? Keuschheit kann man schließlich nicht infrage stellen.“
    Seine Worte senkten sich über die betreten dreinblickende Menge.
    „Ach was“, meinte Mark. „So schlimm ist es auch wieder nicht. Es gibt viele …“ Aber wozu dieser Debatte noch das Wort reden? Er ließ den Rest ungesagt.
    „Viele was ?“
    „Viele Argumente, die man in einer solchen Erörterung vorbringen könnte“, kam es zu seiner Rechten. Mark spürte ein Prickeln im Nacken. Langsam drehte er sich nach Mrs Farleigh um, die sich vom Rand des Geschehens zu Wort gemeldet hatte. Niemand machte Anstalten, sie weiter vorzulassen.
    Tolliver zog die Stirn in Falten. „Zum Beispiel?“
    „Oh, woher soll ich das wissen?“ Sie zuckte gleichmütig die Schultern. „Aber man könnte natürlich fragen, welchen Sinn eine Organisation hat, die dem Tragen blauer Kokarden mehr Bedeutung beimisst als praktischen Taten.“
    Dem konnte Mark nur beipflichten. „Sehr gut. Was noch?“
    Sie sah ihn an. „Vielleicht könnte auch jemand – natürlich nicht ich – ein Wertesystem hinterfragen, das eisern an bestimmten Prinzipien festhält, ohne auch nur zu versuchen, den relativen Wert dieser Prinzipien unter gewissen Umständen in Zweifel zu ziehen.“
    Tollivers Stirnfalten vertieften sich. „Was meinen Sie mit relativer Wert und gewissen Umständen ? Entweder etwas ist richtig, oder es ist falsch. Was gibt es da zu hinterfragen?“
    „Oh, gewiss eine Menge. Ich traue mir eine solche Argumentation natürlich nicht zu. Aber ein guter Debattierer könnte beispielsweise die Frage aufwerfen, was man selbst täte, sähe man sich vor die Wahl gestellt, entweder das Leben eines unschuldigen Kindes zu retten oder sich unkeuschen Verhaltens schuldig zu machen.“
    Tolliver rieb sich das Kinn.
    „Immerhin stehen nicht wenige Frauen vor genau dieser Wahl – entweder sie verkaufen ihren Körper, oder sie lassen ihre Kinder verhungern.“
    Mit großen Augen sah Tolliver sie an. Es schien, als könne er nicht so ganz folgen. Hatte niemand zuvor ihm eine so simple Gewissensfrage gestellt?
    „Ich … äh, ja. Das ist …“ Hilfe suchend sah er zu Mark hinüber. „Ich glaube schon, dass das falsch wäre, weil …“
    Mark erbarmte sich seiner. „Aber ja“, sagte er munter. „Das Kätzchen-Dilemma. Das höre ich oft.“
    Nun war sie es, die große Augen machte. „Kätzchen-Dilemma?“
    „Kätzchen, ganz genau. Stellen Sie sich vor, ein Verrückter hätte sechzehn arme, unschuldige Kätzchen in einen Sack geschnürt und drohte damit, sie zu ertränken, würde ich nicht auf der Stelle mit einer beliebigen, mir durchaus genehmen Frau verkehren. Was würde ich tun?“
    „Und was würden Sie tun?“, fragte Mrs

Weitere Kostenlose Bücher