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Geliebte Kurtisane

Geliebte Kurtisane

Titel: Geliebte Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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dass er wirklich ein Idiot sei. Ein ausgemachter Idiot. Sie könnte ihn zerstören. Sie würde ihn zerstören. Was blieb ihr anderes übrig?
    „Jessica?“, fragte er mit leiser, tiefer Stimme. Hier standen sie, in aller Öffentlichkeit, das ganze Dorf konnte sie sehen. „Ich darf dich doch Jessica nennen, oder nicht?“
    „Nein“, brachte sie mühsam hervor. „Tun Sie das nicht.“
    „Was? Ich soll mir kein Gefühl der Verbundenheit eingestehen? Du weißt, dass es nicht so ist, dass ich es nicht leugnen kann. Oder meintest du, ich solle nicht nach mehr verlangen? Das habe ich versucht. Aber es ist mir nicht möglich. Ich kann nicht anders.“
    „Sir Mark, vielleicht habe ich mich gestern nicht klar genug ausgedrückt. Ich habe Beziehungen unterhalten zu Männern – recht zahlreiche Beziehungen –, zu Männern, mit denen ich nicht verheiratet war. Sie sollten mir nicht trauen.“
    Wie schon am vorigen Abend, so schienen ihre Worte ihn auch jetzt nicht zu schrecken. „Gut, das mag wohl sein“, gestand er ihr zu, „aber auf mich wirken Sie trotzdem auf seltsame Weise grundanständig.“
    Seine Worte waren ein Schlag in die Magengrube. Westons Brief, den sie noch immer zusammengeknüllt in der Hand hielt, brannte wie Feuer. Sie musste dem Idioten wehtun, ihn verletzen. Doch wie sollte sie das anstellen, wenn seine Worte dazu führten, dass sie fast in Tränen ausbrach?
    „Da spricht die Lust aus Ihnen, nicht die Vernunft“, beschied sie. „Und Sie wollen eine praktische Anleitung zur Keuschheit geschrieben haben? Dann denken Sie jetzt auch praktisch. Meine Grundanständigkeit ist in keinster Weise seltsam – sie ist nicht vorhanden. Weshalb Sie mich nicht mögen können.“
    „Was Sie nicht sagen. Dann wäre es Ihnen also lieber, ich würde mich an Ihnen vergreifen, ohne nur die geringste Zuneigung für Sie zu empfinden?“
    „Ja“, fuhr sie ihn an. „Ja, das würde so manches erleichtern.“
    „Seien Sie nicht so streng mit sich, Jessica. Ein Fehler von einst sollte einen nicht zu immerwährendem Unglück verdammen.“ Sein Blick wurde mitfühlend. „Wahrscheinlich sind Sie noch immer ganz außer sich wegen Ihrer Freundin.“
    Ein Fehler. Ein Fehler! Hörte er ihr überhaupt zu? Wenn sie ihre Fehler nur zählen könnte! Zu zahlreich waren sie. Und sie war erfüllt von allem, was sie je falsch gemacht hatte, dass sie daran zu ersticken meinte.
    „Sie idealisieren mich, Sir Mark. Das sollten Sie nicht tun. Ich tauge nicht für Ihre Romanze.“
    „Nein?“, fragte er und schüttelte verwundert den Kopf. „Was wollen Sie denn?“
    Sie senkte den Blick und starrte auf seinen Rock, als könne das braune Tuch ihr darauf eine Antwort geben.
    Nachdem auch er nichts sagte, sah sie schließlich wieder zu ihm auf und suchte seinen Blick. „Ich will mich wieder lebendig fühlen“, bemerkte sie und versuchte, ganz ruhig zu klingen – doch ach, es fiel ihr unendlich schwer. „Ich will nie wieder lügen müssen.“ Sie hielt inne und schüttelte leise den Kopf. „Sir Mark. Mark. Bitte tun Sie mir das nicht an. Verlangen Sie das nicht von mir.“
    Ja, sie hatte Fehler gemacht. Aber er hatte nicht unrecht. Selbst wenn sie in Sünde gelebt hatte, so war sie stets darauf bedacht gewesen, sich einen letzten Rest an Anständigkeit zu bewahren. Um zu überleben, hatte sie Zugeständnisse machen müssen. Ihre Moral hatte bisweilen empfindlich darunter gelitten. Nun jedoch würde sie auch ihre Ehrlichkeit opfern. Wenn Sir Mark ihr erlag, würde sie alles verlieren.
    Er konnte kaum verstehen, worum sie ihn bat, und sie hielt es für besser, es ihm nicht zu erklären. Sie wollte einfach nur, dass er aufhörte, sie zu mögen , dass er der Versuchung widerstand, die sie ihm war.
    „Wissen Sie“, sagte er leise, „eine Romanze hatte ich auch gar nicht im Sinn.“
    „Was wollen Sie denn?“
    Er ließ seinen Blick über sie schweifen. Sie meinte wieder zu spüren, wo er sie berührt hatte. Mehr noch – sie spürte ihn auch dort, wo seine Hände nicht gewesen waren, auf der zarten Haut ihres Bauchs, der empfindsamen Blöße ihrer Schenkel. Er machte aber keine Anstalten, ihr zu nahezutreten. „Jetzt?“, fragte er mit einer Nonchalance, die so gar nicht zur Leidenschaft seines Blicks passen wollte. „Jetzt wäre ich schon zufrieden, wenn Sie mich einfach nur Mark nennen würden. Außerdem wollte ich fragen, ob Sie von der kleinen Rede wissen, die ich heute Abend halte. Ich habe mich bereit erklärt, vor der BMK zu

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