Geliebte magische Lilie
ein Makel, und Makel waren für einen Namarra inakzeptabel, auch das hatte man ihm schon früh beigebracht. Als sein Vater ihm damals mitgeteilt hatte, dass er seine zukünftige Frau kennenlernen würde, hatte er eine weitere unangenehme Pflicht erwartet, bis er sie getroffen hatte, Anna Steiner, seine zukünftige Ehefrau. Er war damals siebzehn gewesen, sie zwei Jahre jünger, und ein richtiger Wildfang. Das hübsche blonde ungestüme Geschöpf hatte sein Herz im Sturm erobert, und das wohl ohne es zu wollen. Man hatte ihm zu verstehen gegeben, dass sie außerhalb des Zirkels aufgewachsen, und noch nicht mit ihren Pflichten vertraut gemacht worden war. Sie hatte vermutlich auch nichts von den Eheplänen geahnt, hatte sie ihn zwar liebevoll aber eindeutig nicht wie einen Mann behandelt. Er war sich nicht sicher, ob sie noch an ihn dachte, er hatte lange nichts von ihr gehört, aber für ihn war die Erinnerung an diese zwei Monate, die er in ihrer Nähe verbracht hatte, sein kostbarster Schatz. War es doch die einzige Zeit seines Lebens, in der er glücklich gewesen war. Er betete sie an, sie war für ihn wie ein voller Brunnen für einen Verdurstenden. Er gestattete sich ein Lächeln, nun war es endlich soweit, gerade eben hatte er die Einladung nach Hopes End erhalten, bald würden sie vereint sein, bald würde er wieder glücklich sein. Er hatte bisher noch nie eine Frau berührt, nicht weil sein Vater dagegen gewesen war, da er es als Ablenkung von den allgegenwärtigen Pflichten betrachtete, sondern einfach weil ihm der Gedanke eine andere Frau zu berühren, wie Verrat an seiner geliebten Anna vorgekommen wäre. Er galt als Eiskönig, den keine Frau reizen konnte, manche tuschelten sogar, er hätte nichts für Frauen übrig, auch wenn niemand es gewagt hätte, ihm das ins Gesicht zu sagen. Der Name Namarra stand sowohl im Zirkel als auch in der Geschäftswelt für Brillanz, Härte, Rücksichtslosigkeit und für Erfolg, er ebenso wie sein Vater wurden gefürchtet, aber Anna würde er dazu bringen ihn zu lieben. Er war kein Narr, es würde nicht leicht werden sie zu erobern, aber er würde es schaffen, egal was es ihn kostete, und wenn sein trostloses Leben ihn auf eines vorbereitet hatte, dann auf das Beseitigen von Hindernissen, Gnade Mutter Erde dem, der sich zwischen ihn und Anna stellen sollte.
Die gute Neuigkeit hatte Anna ihre Pläne für ihren ersten Abend in Freiheit gründlich verdorben. Statt in die Stadt oder zu ihrer Freundin zu gehen, hatte sie den Rest des Abends in der Bücherstube der Steiners verbracht und sich die Prophezeiung der Salia herausgesucht. Die hatte ihre Laune zwar nicht verbessert, aber dafür einiges an Klarheit in ihr Leben gebracht. Da ihre Eltern sie für dieses Erdenkind aus der Prophezeiung hielten, und die Verbindung mit einem Mann, sprich eine Ehe oder zumindest dauerhafte Beziehung so großen Einfluss auf die Magie haben sollte, war ihr klar geworden, warum ihre Eltern jeden potenziellen Ehemann verscheucht hatten, und warum sie auf die Ehe mit David bestanden. Sie hielten den Briten wohl für die richtige Wahl, und nachdem ihre Wut sich erst mal abgekühlt hatte, musste sie zugeben, dass sie recht haben könnten. Auch ihre Vision, die sie seit Monaten verfolgte, begann Sinn zu machen. Der Brand und die Blutflut standen vermutlich für das Schicksal der Magie, falls sie die falsche Wahl treffen sollte. Es war nie ratsam den Rat der Magie zu missachten, oder ihre Regeln, darum hatte sie damals ihrer Freundin auch nur mit dezenten Hinweisen geholfen, damit die Regeln wenigstens nur verbogen und nicht gebrochen wurden, aber diesmal würde sie nicht so leicht davonkommen. Ob David tatsächlich die richtige Wahl war, wusste sie nicht, aber sie hoffte auf ein Zeichen der Magie, wenn er erst mal da war. Sollte so ein Zeichen allerdings bekunden, dass er der Falsche war, hatte sie erst recht Probleme, denn davon würde sie den Zirkel oder auch nur ihre Eltern nie überzeugen können. Sie rief sich die Zeit damals ins Gedächtnis, David war zwei Jahre älter als sie, also war er jetzt zweiunddreißig, sie hatte keine Ahnung, wie er jetzt aussah, damals war er ein hochgewachsener aber viel zu dünner Junge gewesen, dessen an sich hübsches Gesicht immer viel zu ernst war. Aber sie hatte es geschafft ihn zum Lachen zu bringen, und dazu, ein paar harmlose Regeln zu übertreten. Als sie an seinen Vater, den Zirkelherrn dachte, stieg Mitleid in ihr auf, der Kerl war furchtbar, er hatte
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