Geliebte magische Lilie
nie auch nur ein nettes Wort für seinen Sohn übrig gehabt, egal wie sehr der arme Junge sich bemüht hatte, nie war es genug gewesen. Sie hatte David wirklich gemocht, aber eher wie den älteren Bruder den sie nie gehabt hatte, nicht wie einen Jungen. Sie versuchte sich ihn als Ehemann vorzustellen, er würde vermutlich sehr zuverlässig sein, sehr pflichtbewusst und sehr nett zu ihr, vor einem Jahr wäre das neben ihren kleinen lockeren Geschichten, die sie sich neben ihrem braven Hexenleben im Geheimen genommen hatte, nicht so schlecht gewesen. Aber wenn sie jetzt an einen Partner dachte, tauchte immer das Bild von Lukas und Jess vor ihr auf. Der Gedanke an die innige Liebe und die prickelnde Leidenschaft die ständig um die Beiden in der Luft zu flirren schien weckte Sehnsucht in ihr, und nun da sie ihre Zukunft kannte tiefe Niedergeschlagenheit. Anna, die sich während ihrer Grübeleien fürs Bett fertiggemacht hatte, kniete sich jetzt davor hin, und murmelte: „Bitte Mutter Erde, ich weiß ich bin nicht wichtig im Vergleich mit der Magie an sich, aber bitte hilf mir, ich will so nicht leben.“ Es kam keine Antwort, aber das hatte sie auch nicht erwartet, so funktionierte die Magie nicht, wenn sie überhaupt eine Antwort erhalten sollte, dann würde sie eine Vision haben, und diesmal hoffentlich nicht nur wieder diesen bescheuerten Albtraum.“
Als ob die Magie sie verhöhnen wollte, war sie schon wieder in dem brennenden Wald, sie rannte wieder auf den alten Baum zu. Wie immer begann es auf dem Weg dorthin, Blut zu regnen. Als sie aber am verkohlten Stumpf ankam, veränderte sich die Vision. Neben dem Stumpf stand ein Mann, er war groß, gut trainiert, wenn auch eher auf schlanke sehnige Weise, sein Haar war hellbraun, aber seine Augen völlig untypisch für diese Haarfarbe hellblau. Es waren diese Augen, an denen sie ihn erkannte, obwohl er über ein Jahrzehnt älter geworden war. „David“, flüsterte sie, er lächelte sie an, streckte ihr die Hand entgegen und sagte zärtlich: „Anna, ich habe so lange auf dich gewartet, komm zu mir.“ Dabei sah er sie so voller Liebe und Sehnsucht an, dass sie instinktiv die Hand ausstreckte, um seine zu ergreifen. Aber kurz bevor ihre Finger sich berührten, erklang aus der Ferne ein klagendes Heulen. Anna fuhr herum, um die Quelle zu finden. Sie fand sie einige Meter hinter sich, ein Wolf stand mitten in der abgebrannten Landschaft und starrte sie an. Ihr erster Gedanke galt dem Mann ihrer Freundin, aber er war es nicht, denn das Fell dieses Wolfes war rot, und ein schneeweißer Streifen zog sich vom Kopf bis zu seinem Schwanz über das ganze Fell. Als sie ihn nun endlich ansah, heulte er noch mal kurz auf, es klang wie eine Auforderung, dann wandte er sich um und begann zu laufen. Sie verstand nicht warum, aber sie musste, dem Wolf folgen, als sie begann ihm nachzulaufen schrie David hinter ihr gequält auf: „Anna, verlass mich nicht.“ Anna zögerte kurz, der Schmerz in Davids Stimme berührte sie, aber das Verlangen dem Wolf zu folgen war stärker. Sie lies den Mann zurück und folgte dem Wolf. Sie rannten über den kahlen blutbesudelten Boden, er immer knapp vor ihr, durch die Stadt, die Landstraße, bis sie bei dem Truckstopp zwei Meilen vor der nächsten Stadt ankamen. Dort öffnete sich die Tür, und der Wolf schlüpfte ins Gebäude. Mit ihm verschwand auch das unwiderstehliche Bedürfnis ihm zu folgen. Anna blieb stehen und sah sich um, aber da war nur der Parkplatz und die abgestellten Autos, sonst nichts, was immer die Magie ihr zeigen wollte, war in dem Gebäude. Gerade als sie den ersten Schritt auf die Tür zu machte, erklang plötzlich Davids schmerzliche Stimme hinter ihr, „Warum willst du ihn? Du gehörst zu mir, das musst du doch wissen. Wir werden die Welt verändern, wir werden den Zirkel verändern, du und ich.“ Anna war herumgefahren und sah, dass er so knapp bei ihr stand, dass sie ihn fast berührte und sie sah die Tränen auf seinem Gesicht. Sie streckte die Hand aus um sie wegzuwischen, aber sie berührte nur Stoff, denn in diesem Moment wachte sie auf. Anna schüttelte sich, um wieder ganz zu sich zu kommen, so intensiv war die Vision gewesen. Da hatte sie ihre Antwort, das Dumme daran war nur, sie wurde nicht schlau daraus. David spielte in ihrer Zukunft zweifellos eine Rolle, aber warum war sie zum Truckstopp geführt worden, von einem Wolf? Schlimmer noch, diesmal endete die Magie nicht mit der Vision, sie verspürte wieder den
Weitere Kostenlose Bücher