Geliebte Myriam, geliebte Lydia
Entrüstung, um dann endlich zur Sache zu kommen: 'Aber das eine sag' ich Ihnen: mit mir nicht! In diesem Zimmer bleib' ich keine Sekunde länger!'
'Ja, was haben Sie denn gegen das Zimmer?' fragte ich mit gespielter Unschuld. 'Es hat doch Dusche und WC, oder nicht?'
Nun, daran fehlte es natürlich nicht, sondern was sie so in Rage versetzte, war eben der bedauerliche Umstand, daß sie diese Nacht zu viert, also mit Lydia und Babsi, in einem Zimmer verbringen sollte, und sie brachte eine ganze Reihe von Gründen vor, warum ihr das nicht zugemutet werden könne. Und Lydia und Babsi standen derweil wie begossene Pudel daneben und fühlten sich wahrscheinlich schuldig an dem Unglück der armen Frau Gruber.
Da hatte ich eine Idee. Ich ersuchte die Frau Gruber um etwas Geduld und bat Lydia und Babsi, mit mir ein Stückchen zur Seite zu treten. Das taten sie, und während sie mich mit teils traurigen, teils amüsierten Blicken anschauten, fragte ich sie leise, ob sie eventuell bereit wären, zu mir und Götzi ins Zimmer zu kommen; eine andere Möglichkeit gebe es nicht. Da leuchteten ihre Augen auf, und sie nickten und lächelten dabei süß, und das sah bei beiden im höchsten Maße entzückend aus, besonders aber bei der Lydia. 'Aber nur', flüsterte diese, 'wenn ihr uns versprecht, auch wirklich ganz brav zu sein!' Die Babsi flüsterte gar nichts, sondern verstärkte nur ihr süßes Lächeln; vermutlich wäre es ihr sogar lieber gewesen, wenn wir versprochen hätten, nicht gar so brav zu sein.
'Ja, was den Götzi betrifft', flüsterte ich zurück, 'so weiß der ja noch gar nichts von seinem Glück! Ich muß ihn erst einmal interviewen. Wartet ihr bitte hier einen Moment?' Und ich eilte zu unserer Zimmertür - von dort aus überblickte Götzi die ganze Szene in aller Gemütsruhe -, und ich trug ihm mein Anliegen vor. Und er? Na, was glaubt ihr? Er war, genau, wie ich's von Anfang an erwartet hatte, von meiner Idee total begeistert und war auch dann noch von ihr begeistert, als ich ihm Lydias Bedingung nannte. Also zurück zu Lydia und Babsi, um ihnen Götzis Einverständnis mitzuteilen und zu versprechen, daß wir ganz, ganz brav sein würden, und von diesen zurück zur erregten Frau Gruber, um ihr mitzuteilen, daß sie und ihre Zimmerkollegin im Zimmer bleiben könnten und die beiden jungen Damen ausziehen würden; und sowas nennt man, glaub' ich, rotieren, nicht? Und die gute Frau Gruber war durch diese Mitteilung dermaßen erleichtert, daß sie sich nicht einmal erkundigte, wohin die beiden jungen Damen übersiedeln würden; ihre Zimmerkollegin übrigens auch nicht.
So kamen also Lydia und Babsi zu uns, und es herrschte eitel Wonne; der Götzi war selig, und auch die Babsi war sichtlich selig; nur die Lydia ließ sich ihren Gefühlszustand nicht anmerken, und sie war sogar einen Moment lang spürbar sauer, wie sie nämlich mitkriegte, daß unser Zimmer über kein Bad und kein Klo verfügte. Die Babsi hingegen ließ es sich nicht einmal dadurch verdrießen, sondern tröstete die Lydia sogar mit dem Argument, der Zustand des Badezimmers in ihrem ursprünglichen Zimmer sei ohnehin unter jeder Kritik. 'Ah - und jetzt habt ihr dafür ein indisches Bad!' flötete der Götzi in den süßesten Tönen.
'Oh, ein indisches Bad?' sagte die Lydia mit erwartungsvoller Stimme und dachte wahrscheinlich an unser tolles Hotel in Kairo und dessen indische Musikkapelle.
'Ja, ja!' nickte der Götzi eifrig. 'Jenseits des Ganges!'
Da brach die Babsi in entzücktes Kichern aus und schaute den Götzi genauso an, wie Klein-Barbara immer den Clemens anschaute. Und er bemerkte ihren Blick sehr wohl und sonnte sich sichtlich in ihm. Die Lydia hingegen schien das überhaupt nicht witzig zu finden und machte ein eher mißvergnügtes Gesicht, bis sich ihr Blick mit dem meinen kreuzte; da mußte sie, offenbar gegen ihren eigenen Willen, lächeln, und ich mußte zurücklächeln, und dabei wurde mir - das muß ich sagen - ganz anders.
Aber diese Lustbarkeit dauerte nur ein paar Minuten, und dann war's auch schon Zeit, uns an der Rezeption zu treffen, um unter Myriams Führung zum Abendessen zu gehen. Ich hatte gerade noch Zeit, unser berühmtes 'indisches' Bad beziehungsweise Klo zu inspizieren; na, berühmt war's auch nicht. Und dann kam ich tatsächlich als allerletzter zu unserem Treffpunkt - na klar, der Hunger! Der trieb natürlich meine Schäflein mit Macht an die Futterkrippe! Und kaum hatte Myriam mich erspäht, da gab sie auch schon
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