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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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das Signal zum Aufbruch. Es waren eh nur ein paar Minuten zu gehen, aber die waren unheimlich interessant, denn wir befanden uns hier im Stadtzentrum, und drum ging's in den Straßen, durch die wir wanderten, besonders hoch her; auch in El-Minja feierten sichtlich die Moslems Ramadan. Natürlich war der Durst der Feiernden enorm, und an einer Stelle war der Gehsteig gerammelt voll mit Mannsbildern und Bürschlein, die hatten alle ein Glas in der Hand und becherten eifrig. Ja, was becherten die denn da mit solcher Hingabe, und wo hatten sie's her? Wo sie's herhatten, bekam ich relativ rasch heraus: am Gehsteigrand, dort, wo das dichteste Gedränge herrschte, stand eine seltsame Maschine, und daneben lag ein riesiger Stapel komischer Stecken oder Stangen, und der die Maschine bediente, entnahm diesem Stapel jeweils eine Stange und steckte sie in seine Maschine, und da konnte man zuschauen, wie sie zwischen zwei Zahnrädern zusammengepreßt wurde, und heraus rann so ein gelblicher Saft, der in Gläsern aufgefangen wurde; und das war dann eben die Flüssigkeit, die von den Männern mit solcher Begeisterung getrunken wurde. Na, Obstler war das garantiert keiner; davon hatte ich heute nämlich schon genug gehabt. Und da ich die, wenn ihr wollt, schlechte Angewohnheit habe, alles ausprobieren zu müssen, und ohnehin als Schlußlicht fungierte, stellte ich mich um ein solches Glas an und staunte zunächst einmal über den Preis; es kostete nämlich ganze 10 Piaster, und das sind, wohlgemerkt, 40 Groschen. Aber noch mehr geriet ich ins Staunen, als ich mit der gebührenden Vorsicht an meinem Glas nippte. Diese gelbliche Flüssigkeit schmeckte nämlich unglaublich süß, und nicht nur das, sondern, was ja nicht dasselbe ist, zugleich unglaublich gut. Und jetzt kam ich auch drauf, was das für eine Flüssigkeit ist: Zuckerrohrsaft nämlich. Und während ich da herumstand und dieses köstliche Getränk genießerisch schlürfte, fiel mir auf, daß einige von den kleineren Buben ungepreßte Stücke vom Zuckerrohr in den Mund steckten und, ebenfalls mit sichtlichem Genuß, wie Kaugummi kauten. Aha, das ist wahrscheinlich noch billiger! Und als ich dem Verkäufer deutete, ich wolle auch so ein Stück probieren, riß er mir gleich eines ab und wollte überhaupt kein Geld dafür. Naja, das hätt' ich mir ja eigentlich gerade noch leisten können, oder? Als ich es aber dann in den Mund steckte, konnte ich zwar feststellen, daß es süß schmeckt, aber kauen konnte ich's nicht; dafür war's viel zu hart. Nanu, sagte ich mir kopfschüttelnd, was haben denn die für Zähne?
    Inzwischen hatte ich natürlich total den Anschluß verloren und konnte nur hoffen, das Restaurant auf eigene Faust zu finden. Und das war auch nicht allzu schwer, denn erstens sind ja Lokale im allgemeinen leicht zu erkennen, und zweitens fand ich unerwartet Hilfe; denn jedesmal, wenn ich stehenblieb und prüfend hin- und herschaute, streckte mindestens ein Büblein seinen Arm aus und zeigte in die Richtung, in die ich gehen müßte. Und so fand ich wirklich ohne die geringste Schwierigkeit das Lokal und wurde von meinen Leuten auch schon sehnlichst erwartet, und Lydia hatte wieder für mich einen Platz besetzt und einen für Myriam; aber Myriam hatte ihr Angebot diesmal leider nicht angenommen, sondern hatte sich mit Machmut und unseren zwei Freunden und Helfern an einen eigenen Tisch etwas abseits von unserem gesetzt und war offensichtlich in ein angeregtes Gespräch vertieft. Oje, da hatte ich mich also zu früh gefreut! Ich muß ein ziemlich langes Gesicht gemacht haben, und als ich mich zu Lydia umblickte, sah ich, daß sie mich intensiv beobachtete, und las in ihren Augen fast sowas wie Eifersucht, während mich ihre Lippen freundlich anlächelten. Neben ihr saß natürlich wieder Götzi, und neben diesem Babsi. Götzi entfaltete, wie schon gewohnt, seinen ganzen Charme und amüsierte damit nicht nur seine unmittelbaren Nachbarinnen, sondern praktisch unsere ganze Großfamilie. Und dafür war ich ihm bald ausgesprochen dankbar, denn damit lenkte er die Leute ein wenig von einem kleinen Problem ab, oder vielleicht sollte ich sagen: von einem Umstand, der leicht zu einem kleinen Problem hätte werden können. Es gab nämlich nichts zu trinken. Das Essen war ganz gut, aber zu trinken gab's nichts. Das heißt, zu trinken gab's schon was, aber nur Mineralwasser oder jedenfalls in Flaschen abgefülltes Wasser und natürlich das offenbar unvermeidliche Coca Cola, aber

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