Geliebte Myriam, geliebte Lydia
Vorführung war natürlich ebenfalls sehr eindrucksvoll, wenn auch etwas verkitscht, und immerhin erlebten wir dabei den gigantischen Amun-Tempel von Karnak mit dem berühmten Säulensaal, einem richtigen Wald von riesenhaften Säulen, zum ersten Mal, noch dazu in dieser märchenhaften Beleuchtung. Aber mit der Zeit wurde es dann doch ein bisserl fad, und ich wüßte nicht mehr, was die uns da alles erzählt haben. Eins aber weiß ich noch ganz genau, nämlich wie uns mit der Zeit richtig kalt geworden ist und wir, nämlich Lydia und ich, uns aneinandergekuschelt haben, nicht nur, aber auch, um den Erfrierungstod zu vermeiden. Zum Glück hatten wir uns in weiser Voraussicht ganz hinten hingesetzt, und überdies lagen die Zuschauerbänke in tiefem Dunkel.
Nach der Heimkehr, und nachdem alle anderen inklusive Lydia im Hotel verschwunden waren, wurde ich noch in ein furchtbares Palaver mit den Kutschern verwickelt, und zwar wegen dem Bakschisch, und es war so ähnlich wie seinerzeit am Flughafen. Aber das überstand ich auch, und vor allem ließ ich mir dadurch die Laune nicht verderben. Anschließend kaufte ich noch im nächsten Geschäft zwei Flaschen ägyptischen Rotwein - eine für heute abend und gleich eine zweite für morgen abend, falls es dann wieder was zu feiern geben sollte. Der, der sie mir verkaufte, bestand übrigens darauf, sie mir in ein Plastiksackerl zu stecken, 'damit mich keiner mit ihnen sieht', wie er mit leicht besorgter Miene betonte. Klar, Verletzung religiöser Gefühle oder so. Aber wie ich anschließend durch die belebten Straßen zu meiner Lydia zurückeilte, kam ich an mehr als einem Wirtshaus vorbei, und da saßen massenhaft die Mannsbilder, nicht nur im Lokal, sondern auch auf dem Gehsteig davor, hatten auf dem Tisch ein Glas mit irgendeinem schwarzen Gesöff vor sich stehen, palaverten miteinander oder schauten auch einfach nur in die Luft und nuckelten an ihrer Wasserpfeife, falls sie nicht modern sein wollten und einfach eine Giftnudel, pardon: eine Zigarette, im Mund stecken hatten. Und das darf ein jeder sehen? wunderte ich mich beim Vorbeigehen. Aber daß ich in meinem Sackerl zwei Weinflaschen heimtransportiere, um mein doppeltes Glück zu begießen - das darf keiner sehen? Das würde ihre religiösen Gefühle verletzen? Was für eine verkehrte Welt!
Als ich dann heimkam zu meiner Lydia, da empfing sie mich genauso, wie ich sie empfangen hatte, als sie vor dem Abendessen aus dem Bad herausgetreten war: sie fiel mir so stürmisch um den Hals und küßte mich so heftig, daß ich fast zu ersticken glaubte, und damit ich nicht ersticke, machte sie gelegentlich eine Pause, und diese Pausen nutzte sie dafür, mir liebe Dinge und Kosenamen ins Ohr zu flüstern und zu beteuern, wie sehr sie mich liebe und was ich für ein toller Mann sei und daß ich der Mann ihres Lebens sei und sie sich unsterblich in mich verliebt habe. Anschließend an diese phantastische Liebesszene verriet sie mir deren wahrscheinlichen Anlaß: der Götzi sei mit ihr ins Zimmer hereingekommen, und zwar ohne Babsi - die hatte es nämlich schon sehr eilig gehabt -, angeblich, um sein altes Zimmer noch einmal zu sehen. In Wirklichkeit habe er noch einmal versucht, mit ihr anzubandeln und sie mir abspenstig zu machen; er habe darauf hingewiesen, daß er sie von allem Anfang an glühend verehrt habe, während ich mir nie was aus ihr gemacht hätte - im Gegenteil, aus der Babsi hätte ich mir allem Anschein nach immer mehr gemacht, und auch die Babsi sei immer mehr auf mich gestanden als auf ihn. Und in diesem Ton sei das noch eine Zeitlang weitergegangen, bis sie, ohne darauf irgendwas zu erwidern, ihn freundlich lächelnd, aber mit Bestimmtheit gebeten habe, es nun genug sein zu lassen und zu seiner Babsi zurückzugehen, bevor ich zurückkäme. Da habe er sie die längste Zeit mit tieftraurigen Augen angestarrt, ihr dann unversehens, wie man so schön sagt, einen Kuß geraubt und sich anschließend mit der Bitte, ihn nicht zu vergessen, getrollt.
Wie ich das hörte, war ich zunächst klarerweise reichlich sauer auf meinen lieben Götzi, aber Lydia besänftigte mich mit der Versicherung, daß er diese Aktion bestimmt nicht wiederholen werde, und wenn doch, dann jedenfalls mit demselben Erfolg. Sobald ich mich einigermaßen beruhigt hatte und das Ganze schon mehr vom humoristischen Standpunkt aus betrachtete, verriet ich ihr einiges von den Problemen, die der arme Götzi mit sich herumschleppt, und gestand ihr sogar,
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