Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
Vom Netzwerk:
eher an Meister Salam seligen Angedenkens. Ach, Meister Salam und seine Führungen - zwischen denen und unserer jetzigen Situation schienen auf einmal Jahrhunderte und ganze Welten zu liegen! Und mein Taxler von Kairo und die Schwester Sara und die Pyramiden - hatte ich das alles überhaupt noch in diesem Leben erlebt, oder sind das Erinnerungen an ein früheres Leben, und bin ich inzwischen wiedergeboren worden? Hab' ich seitdem eine Reinkarnation durchgemacht, wie die Buddhisten sagen?

    3. Teil

    Lasciate ogni speranza, voi ch' entrate
    (DANTE)

    Solche und ähnliche Gedanken wälzte ich also, während ich mechanisch und praktisch willenlos hinter meiner Lydia her trottete und diese hinter unserer Myriam her trottete, die ihrerseits hinter dem Angsthasen her trottete; hinter mir folgte noch der Wilde nach und trieb uns andere mit einem gelegentlichen 'jalla, jalla' an. So trotteten wir also mehr oder weniger willenlos im Gänsemarsch dahin, wie das Schlachtvieh willenlos im Gänsemarsch zur Schlachtbank trottet, und wußten genauso wenig wie das Schlachtvieh, wohin's ging. Der Gang, durch den wir so dahintrotteten, führte zunächst eben dahin, begann dann nach einer scharfen Linkswendung zum Teil ziemlich steil abzufallen und wurde wenig später wieder eben, um bald danach wieder bergauf zu führen, und so wechselte das in einem fort. Es war auch nicht überall so bequem wie am Anfang. Mehrere Male mußten wir uns genauso tief bücken wie in den Pyramiden; offensichtlich hatte sich an diesen Stellen aus unerfindlichen Gründen so viel Sand angehäuft. Es schien sich auch nicht einfach um einen Gang zu handeln, sondern um ein ganzes Netz oder System von Gängen, denn es gab immer wieder Abzweigungen und Kreuzungen, und einmal waren wir offenbar falsch gegangen, und dann war's plötzlich aus, und wir mußten umkehren und bei der nächsten Kreuzung eine andere Abzweigung nehmen. Schlechte Führer! dachte ich mir im stillen und überlegte mir, wie oft ich als Reiseleiter meine Gruppen schon in die Irre geführt hatte. Ein paarmal kamen wir auch durch kleinere oder größere Hallen, und von deren Wänden leuchteten uns seltsame Gestalten und rätselhafte Hieroglyphen in herrlichen Farben entgegen, und ich wäre mehr als einmal nur zu gern stehengeblieben, um diese unerwarteten Wunder betrachten und genießen zu können, aber dafür war anscheinend keine Zeit. Wozu waren wir denn nach Ägypten gekommen, wenn nicht, um die Schönheiten der altägyptischen Kunst zu bewundern? Aber dafür schienen diese Banausen überhaupt kein Verständnis zu haben! Sie würdigten ja auch selber diese großartigen Wandmalereien und Hieroglypheninschriften nicht eines Blickes. Das kann ich nämlich bezeugen; schließlich trottete ich seit unserer Kehrtwendung hinter dem Wilden her und hatte dessen schwarzen Wuschelkopf die ganze Zeit genau vor meinen Augen.
    Aber wie es sich herausstellte, sollte ich noch genügend Zeit haben, um die Schönheit und Farbenpracht dieser großartigen altägyptischen Fresken zu bewundern - fast hätte ich gesagt: zum Glück. Nachdem wir nämlich mindestens eine halbe Stunde auf die beschriebene Weise herumgestiefelt waren, erreichten wir zunächst eine Abfolge mehrerer kleiner Hallen, ebenfalls mit wunderschön bemalten Wänden. In der vierten Halle, die zwar genauso schmal wie die vorangegangenen, aber bedeutend länger war, bogen wir plötzlich nach rechts ab, durchschritten eine auffallend schmale Pforte und standen danach zu unserer Überraschung in einer unerwartet großen Halle mit mehreren Säulen in der Mitte; und in dieser lagen merkwürdigerweise schon mehrere Säcke herum. Vor diesen machte der Wilde jetzt unvermittelt halt, und ich dachte schon, jetzt gibt's sicher eine Führung und eine ausführliche Besichtigung der Wandgemälde. Aber dieser Ignorant dachte ja gar nicht daran, sondern stellte unter lautem Stöhnen seinen Kanister auf den Boden neben die Säcke, und der Angsthase kam nach vor und stellte seinen Kanister dazu, stöhnte ebenfalls und rieb sich längere Zeit die Hände. Nachdem er diese lang genug gerieben und dabei mit seinem Kumpanen ein paar Worte gewechselt hatte, kam er auf mich zu, nahm mir den Sack von den Schultern und legte ihn zu den Kanistern. Dasselbe machte er mit den Säcken, die Lydia und Myriam trugen. Der Wilde begann sie, nämlich die Säcke, inzwischen aufzuschnüren, rief dann Myriam zu sich und redete eine Zeitlang mit grimmiger Stimme und ebensolcher Miene auf

Weitere Kostenlose Bücher