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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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schönen Nachmittags geprobt, hoch oben in seinem Musikkammerl mit traumhaftem Blick über die Donau zum Wachberg und nach Emmersdorf hinüber, und wir Buben saßen links und rechts an den Längswänden des Kammerls, rechts der Sopran und links der Alt, wenn man aus dem Fenster schaute, und in der Mitte stand das Klavier, und an diesem saß der Bratsch, und der hatte halt gerade eine seiner grantigen Phasen, und wir waren drum deutlich braver als sonst, um ihn nicht zusätzlich auf die Palme zu bringen. Aber irgendwie haben wir ihn dann doch zusätzlich auf die Palme gebracht - ich weiß nicht mehr, wodurch; entweder hat einer falsch gesungen oder haben welche doch was zum Schwätzen gehabt oder war's sonst was.
    Jedenfalls fing er mit einemmal fürchterlich zu brüllen und mit der rechten Hand herumzufuchteln an, und dabei passierte es: er erwischte mit ihr den Klavierdeckel und haute sich ihn mit aller Wucht auf die Finger der linken Hand, die, wie sich's gehörte, noch auf den Tasten lagen. Augenblicklich verstummte er vor Schmerz oder Schreck oder auch beidem, und die Runde seiner Sängerknäblein war zwar schon stumm, erstarrte aber noch zusätzlich vor Entsetzen über das bedrohliche Geschehen, und sie saßen wie gelähmt - alle außer Klein-Giggerle auf der Altseite. Der war für derartige Situationskomik schon immer höchst anfällig gewesen und konnte sich auch jetzt nicht beherrschen und erstarrte nicht gleich den anderen vor Entsetzen, sondern platzte, gerade weil so dicke Luft herrschte, einfach heraus und bekam einen tollen Lachkrampf. Und der Erfolg meines Herausplatzens? Na, der Bratsch bekam einen hochroten Kopf, sprang auf, stürzte auf mich zu und verpaßte mir eine Ohrfeige, die ich noch tagelang spürte und an die ich noch jahrelang zurückdenken mußte.
    Ja, und genau diese Situation wiederholte sich jetzt in unserer ägyptischen Ferienwohnung: ich bekam einen tollen Lachkrampf, und unser lieber Freund und Helfer, falls es wirklich einer war, bekam einen tollen Wutanfall und verabreichte mir eine zweite Ohrfeige, und die war auch nicht von schlechten Eltern, und ich sah eben wieder für kurze Zeit die lieben Sternlein funkeln und sprühen, daß es eine Freude war; und wieder setzte der Ton aus, und wieder torkelte ich eine Zeitlang wie ein Besoffener.
    Aber jetzt wurde mir's wirklich zu bunt, und ich versuchte mich zu konzentrieren und sammelte meine ganze verbliebene Energie, und während er mich noch wie verrückt anschnauzte, sprang ich auf ihn zu und packte ihn mit der linken Hand am Schlawittchen, und mit der rechten klebte ich ihm eine, so fest ich konnte, und noch eine, und noch eine. Na, aller guten Dinge sind drei, dachte ich und ließ von ihm ab, und er stand nur da und schaute mich blöd an. Aber im selben Moment waren schon zwei oder drei von seinen Kumpanen auf mich zugestürzt und hielten mich an den Armen fest, und er schnauzte sie wieder an, und daraufhin zwangen sie mir trotz meiner Gegenwehr die Arme auf den Rücken, und dann spürte ich, wie sie sie mir wieder mit einem Strick zusammenbanden.
    Anschließend ließen sie von mir ab und ließen mich mit meinem nun doppelt so schlimmen Brummschädel allein und kümmerten sich gar nicht mehr um mich; dabei hätten sie jetzt mit mir naturgemäß leichtes Spiel gehabt. Naja, vielleicht fürchteten sie die Rache meiner zwei Lieben. Wie sagt der Dichter? Da werden Weiber zu Hyänen. Und tatsächlich wandten sie jetzt ihre gesamte Aufmerksamkeit meinen Lieben zu. Der vierte von unseren lieben Freunden schien nämlich inzwischen gefunden zu haben, was sie vorhin alle vier so fieberhaft in unseren Säcken gesucht hatten: zwei schwarze Kopftücher nämlich. Mit zwei schwarzen Kopftüchern rückte er an und überreichte diese unserem immer noch wutentbrannten Freund und Helfer, auf dessen Wangen jetzt wunderschön die Konturen meiner Finger zu erkennen waren. Zu was braucht der schwarze Kopftücher, noch dazu deren zwei? Aber ich sollte es sehr rasch erfahren. Denn wie gesagt, seine ganze Aufmerksamkeit wandte er jetzt meinen zwei Lieben zu, und zwar pflanzte er sich als erstes vor Myriam auf und band ihr das eine Kopftuch um den Kopf, und dann pflanzte er sich vor Lydia auf und band ihr das andere Kopftuch um den Kopf. Na, sehr hübsch, dachte ich bei mir, ausgesprochen sexy, und zwar bei beiden! Und dann dachte ich, ach ja, so sind ja die Fundamentalisten, die würden ja gern sämtlichen Frauen Kopftücher verpassen, damit sie nicht ihre

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