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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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und dem wieder im Dunkel seines Geheimnisses ruhenden 'Schatzhaus der Dämonen' Abschied und wanderten, jeder mit seiner Haue bewaffnet, langsam und nachdenklich durch die Hotelsuite zurück. Wir betrachteten ein allerletztes Mal ihre Wandmalereien und Hieroglyphen und die Spuren unseres Meisters Epiphanios und vielleicht auch des Knaben Serapion, erwiesen 'ganz nah dem Reiche der Dämonen' noch einmal 'den Dämonen die ihnen gebührende Ehre' und hofften wohl alle im stillen, daß es von der bewußten Abzweigung nicht viel weiter sein würde. Und mit einem allerletzten, nun nicht mehr sehnsüchtigen Blick auf die Inschrift über dem Eingang verließen wir die Hotelsuite, stapften mit klopfendem Herzen durch den Gang und hatten bald die Stelle erreicht, wo ich die Abzweigung, die uns ins Freie und in die Freiheit führen sollte, vermutete. Es konnte losgehen.
    Wir setzten uns erst einmal hin - aufrecht stehen war, wie ihr wißt, in diesem Teil des Gangs sowieso nicht möglich -, lächelten uns eine Zeitlang gegenseitig nur aufmunternd zu und überlegten dann gemeinsam, wie wir's anpacken sollten. Ich wies darauf hin, daß es höchstwahrscheinlich unvermeidlich sein werde, diesen ohnehin schon halb verlegten Gang total mit Sand zu verlegen, und es sei eben die Frage, in welche Richtung. Da jubelte Myriam auf und erklärte, das sei unsere Rettung; natürlich müßten wir den Gang in Richtung Ferienwohnung verlegen und möglichst sofort anfangen und den Gang möglichst schnell total verlegen; dann seien wir vor diesen Kerlen vollkommen sicher. Und dabei rümpfte sie die Nase und verdrehte die Augen, als ob diese Kerle schon direkt hinter uns her wären. Folglich schoben wir als erstes unsere Taschen und Freßsäcke auf die Seite Richtung Hotelsuite. Weiters stellten wir fest, daß wir's hier bei weitem nicht so bequem haben würden wie zuletzt bei unserem Schönen Loch, daß wir gebückt arbeiten müßten und uns, wenn wir nicht aufpassen, gegenseitig auf die Füße treten oder gar den Schädel einschlagen würden. Lydia schlug schließlich vor, daß immer nur zwei arbeiten und der Dritte sich inzwischen ausruhen solle; dann würden wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
    'Jawohl', jubelte Myriam, 'das hast du gut gesagt, Lydia! So werden wir's machen! Fängst du gleich an mit mir? Dann kann Christian inzwischen ein wenig schlafen.' Und ohne Lydias oder auch meine Antwort abzuwarten, kniete sie sich hin und begann spontan und mit sagenhaftem Eifer, mit ihrer Haue an der von mir bezeichneten Stelle den Sand von der Wand abzugraben. Das staubte nicht nur wunderbar, sondern ergab binnen Minuten eine bereits erstaunlich tiefe Nische, die mit aller wünschenswerten Deutlichkeit erkennen ließ, daß wir tatsächlich einen abzweigenden Gang vor uns hatten, der vom Boden bis zur Decke oder doch fast so weit mit Sand verschüttet war; und Lydia hatte alle Hände voll zu tun, um mit Myriams Eifer Schritt zu halten und den von ihr abgegrabenen Sand auf die Seite zu schieben - eben in Richtung Ferienwohnung. Ich selber versuchte sie, nämlich Myriam, zuerst bei ihrer hektischen Arbeit zu unterstützen, aber wir kamen uns dabei wirklich ständig in die Quere und behinderten uns nur gegenseitig, so daß ich mich auf Lydias milden Verweis hin sehr rasch auf einen Beobachtungsposten zurückzog und mich vorläufig damit begnügte, meinen zwei Süßen beim Arbeiten zuzuschauen. Schlafen hätte ich allerdings unmöglich können; dazu war ich viel zu aufgeregt.
    Aber vielleicht war Myriams Eifer beim Sandabgraben doch etwas übertrieben. Jedenfalls zeigte sie nach kurzer Zeit schon deutliche Ermüdungserscheinungen - war ja auch kein Wunder; schließlich mußte sie im Knien graben und dazu jede Menge Staub schlucken, und außerdem war in der sich bildenden Nische, in die sie mehr und mehr hineinkroch, die Atemluft wahrscheinlich auch nicht die beste. Daher löste ich sie schon nach relativ kurzer Zeit ab, und sie war darüber sichtlich froh, legte sich auf den mit Sand bedeckten Boden des Gangs, selbstverständlich auf der Seite der Hotelsuite, und dürfte innerhalb kürzester Zeit eingeschlafen sein. Aber durch ihr Beispiel belehrt, vermied ich jeden übertriebenen Eifer und hielt ein ausgesprochen gemütliches Arbeitstempo ein, und darüber freute sich wieder meine Lydia, die ja gleichermaßen kniete und gleichermaßen Staub schluckte. Nur mit dem Sauerstoff dürfte sie's anfangs deutlich besser gehabt haben, solange sie

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