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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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an dieser Stelle nicht aufgefallen.
    Und dann griff er sich plötzlich an den Kopf und sagte (auf englisch): 'Ah - ein Bett! Ein Totenbett!'
    'Was ist ein Totenbett?' sagte ich.
    'Das hier! Und die zwei Löwenkörper gehören dazu! Die bilden die Träger, die Seitenteile des Totenbettes! Sie haben es zerlegt oder haben begonnen, es zu zerlegen, um es durch dieses Loch hinausschaffen zu können!' Und dabei zeigte er zum Schönen Loch hinauf.
    'Aha', sagte ich, 'so eines, wie da drüben noch eines steht?' und zeigte in eine der hinteren Ecken.
    'Ganz richtig, da drüben, und eine große Truhe steht drauf!'
    'Und darunter?' murmelte ich mehr zu mir selber.
    'Darunter? Hm - darunter waren doch Schachteln und eine Menge anderer Dinge, zum Beispiel mehrere Fächer - oder täusche ich mich da?'
    Jetzt sagte ich gar nichts mehr, sondern dachte nur daran, was oder vielmehr wer mit Vorliebe unter Betten zu liegen pflegt - sogenannte Hausfreunde nämlich, wenn der Ehemann vorzeitig heimkommt.
    Schließlich murmelte ich: 'Ich geh' noch einmal nachschauen!' und bahnte mir noch einmal den Weg zu jenem sogenannten Totenbett in einer der hinteren Ecken, und dort angelangt, ließ ich mich auf die Knie nieder und bückte mich, um unters Totenbett zu gucken und gleichzeitig zu leuchten, und begann, als das auch nichts fruchtete, die Fächer und Schatullen und so weiter wegzuräumen. Und siehe da: jetzt erst konnte das Licht meiner Taschenlampe und konnte mein Blick wirklich unter das Totenbett vordringen, und was entdeckte ich da zu meiner maßlosen Überraschung?
    Ein Paar hübscher, modischer schwarzer Schuhe, gar nicht altägyptisch aussehend, und nicht nur sie; sondern sie steckten auf einem Paar Füße, und die sahen schon gar nicht altägyptisch aus; und wie sie zitterten!
    'Ah!' rief ich (natürlich auf englisch) aus. 'Was haben wir denn da?' Und gleichzeitig hörte ich, wie sich die zwei anderen in Bewegung setzten und immer näher kamen, und dann kniete plötzlich Ibrahim neben mir, schaute kurz unters Bett und begann dann fürchterlich zu schimpfen, hineinzuschimpfen in den Raum unterm Bett, und dabei fuchtelte er wie wild mit seinem Schießeisen herum. Und nach einiger Zeit kam Leben in besagten Raum unterm Bett, und der Rest der kleineren Gegenstände unterm Bett wurde wie von Zauberhand weggeschoben, und dann kroch auf einmal eine menschliche Gestalt hervor, rappelte sich mit sichtlicher Mühe auf und hob augenblicklich beide Hände in die Höhe.

    Es war ein graumelierter und eigentlich äußerst seriös wirkender älterer Mann, den ich noch nie gesehen hatte. Aber Ruschdi schien ihn schon einmal gesehen zu haben, ja sogar ausgesprochen gut zu kennen, denn er stieß einen lauten, überraschten Schrei aus und begann in größter Erregung auf ihn einzureden. Der sagte aber kein Wort, sondern machte nur ein gelangweiltes und zugleich grenzenlos frustriertes Gesicht.
    Doch der gute Ibrahim, der sich durch diese Vorgänge keineswegs beruhigt hatte, sondern schweigend, aber wild schnaubend daneben stand, verlor plötzlich auch noch den allerletzten Rest an Geduld, stieß dem so seriös aussehenden Hausfreund sein Schießeisen in den Rücken und zischte nur ein Wort: 'Jalla!', und das heißt, wie wir schon wissen, auf deutsch 'avanti'. Und tatsächlich setzte sich der, die Hände weiterhin brav erhoben, augenblicklich in Bewegung, und Ibrahim ihm nach, das Schießeisen weiterhin in seinem Rücken, während Ruschdi, sichtlich erschüttert, noch wie angewurzelt stehenblieb und den beiden gebannt nachstarrte. Ich blieb mit ihm zurück und sagte nach einiger Zeit stockend: 'You ... know this man?'
    Er nickte nur geistesabwesend. Das konnte aber meine Neugier nur vorübergehend dämpfen, und nach einer angemessenen Pause meldete ich mich von neuem zu Wort und sagte: 'Who ... is it?'
    Nun, auf diese Frage konnte er nicht mehr nur mit yes oder no antworten und schon gar nicht mit einem bloßen Nicken, und daher sagte er zuerst einmal überhaupt nichts, und dann schien sich seine Betäubung allmählich zu legen, und er stieß zwischen den Zähnen hervor: 'The Inspector of Antiquities!'
    'The Inspector of Antiquities?' wiederholte ich ungläubig, und dann blieb mir die Spucke weg. Schließlich wiederholte ich noch einmal, um mir letzte Gewißheit zu verschaffen: 'The Luxor Inspector of Antiquities?'
    Und wieder nickte Ruschdi nur, ohne mich anzublicken. Er blickte starr den beiden anderen nach und schaute zu, wie sie vor dem

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