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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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bevor er sich an den archäologischen Schätzen des unberührten Grabes vergreift! Aber was hätte es gebracht, das zu sagen? Infolgedessen mußte man sich eben nach der Decke strecken und nach irgendeiner akzeptablen Lösung suchen. Schließlich machten sie's so: Achmad legte sich auf den Rücken, und Ibrahim legte den Verwundeten seitlich, und zwar mit der linken, der unlädierten, Schulter unten, halb auf ihn drauf, und Achmad packte ihn in der Taille und zog ihn ungefähr so, wie im Wasser ein Retter einen Ertrinkenden in Richtung Ufer abschleppt, und Ibrahim kam auf dem Bauch nachgekrochen und versuchte anzuschieben. Naja, das klingt wesentlich einfacher, als es in Wirklichkeit war; und im übrigen hab' ich's auch nicht so genau beobachten können, weil ja vor mir der Herr Inspektor der Altertümer dahinkrabbelte. Na, wenigstens machte der keine Schwierigkeiten.
    Und dann war endlich auch das überstanden, und wir befanden uns wieder im Freien, oder genauer: auf der kleinen Fläche unter dem überhängenden Felsvorsprung, wo ich zuletzt so verzweifelt nach unseren altägyptischen Hauen gesucht hatte; und ich ersuchte Ruschdi, den Herrn Inspektor zu fragen, ob er sie vielleicht weggenommen habe und wohin. Aber siehe da, der verweigerte die Antwort und warf mir nur einen bitterbösen oder verächtlichen Blick zu und ließ sich von meinem offenbar viel zu zaghaft gezückten Schießeisen nicht im geringsten beeindrucken. Na, dann eben nicht! Ruschdi schien sich für die Frage sowieso nur mäßig zu interessieren; viel interessanter fand er allem Anschein nach das Theater, das Achmad und Ibrahim mit dem jetzt ganz entsetzlich stöhnenden Verwundeten aufführten. Der wollte oder konnte inzwischen nämlich überhaupt nicht mehr aufstehen, egal, was sie unternahmen oder probierten. Schließlich wurde es ihnen zu bunt, und sie beschlossen, ihn einfach zu tragen: Achmad packte ihn um die Brust und Ibrahim um die Beine, und so marschierten sie los, und wir anderen folgten ihnen nach. Und so kamen wir ohne besondere Zwischenfälle zum Auto zurück.
    Dort legten sie den noch immer fürchterlich Stöhnenden in den weichen Sand, und Achmad sperrte das Auto auf, holte daraus zwei Stricke heraus und fesselte mit dem einen ungerührt diesem die Hände, während Ibrahim mit dem anderen Strick ebenso ungerührt dem Herrn Inspektor der Altertümer die Hände fesselte, das heißt, zu fesseln versuchte; der verlor nämlich jetzt auf einmal seine bisherige würdevolle oder hochnäsige Ruhe und begann zu toben und zu schreien und mit den Armen herumzufuchteln, so daß Ibrahim allein seiner gar nicht Herr wurde und Achmad, sobald sein eigenes Werk vollbracht war, ihm beispringen mußte. Und zu zweit schafften sie's dann, was aber nicht hieß, daß der Herr Inspektor jetzt zu schreien aufgehört hätte. Im Gegenteil, er schimpfte jetzt unentwegt wie ein Rohrspatz, auch noch, nachdem sie ihn in die Mitte der hinteren Bank bugsiert hatten, und mir fiel auf, daß Ruschdi zwar kein Wort sagte, ihm aber anscheinend mit größter Aufmerksamkeit zuhörte. Nicht so Achmad und Ibrahim. Die lachten und witzelten zwar über sein Getue, kümmerten sich aber nicht weiter um ihn, sondern gingen, sobald sie ihn sicher im Wagen verstaut hatten, daran, den Kofferraum umzuräumen. Sie machten eine ganze Seite frei und verfrachteten anschließend unter vielem Ächzen und Stöhnen den Verwundeten dort hinein, wobei sie jetzt alle drei um die Wette ächzten und stöhnten. Na, jetzt konnte ich mein Schießeisen Gottseidank endgültig einstecken.
    Inzwischen setzte sich Ruschdi, offenbar, um dem Geschimpfe des Herrn Inspektors der Altertümer besser zuhören zu können und sich ja kein Detail entgehen zu lassen, nicht auf den Beifahrersitz, sondern hinter diesem neben ihn und bat mich, mich dafür auf den Beifahrersitz zu setzen. Achmad zwängte sich zum lebhaften Mißvergnügen des Herrn Inspektors ebenfalls noch auf den Rücksitz, und zwar an dessen andere Seite, und Ibrahim klemmte sich wieder hinters Lenkrad, und damit konnte es losgehen. Ich schenkte jetzt der Landschaft bei weitem nicht so viel Aufmerksamkeit wie bei der Herfahrt. Erstens kannte ich sie jetzt schon zur Genüge, und zweitens fand ich's weit interessanter, Ruschdi und den Herrn Inspektor der Altertümer hinter mir zu beobachten. Letzterer beruhigte sich nämlich mit der Zeit etwas, vielleicht, weil er sich durch Ruschdis Aufmerksamkeit irgendwie gebauchpinselt oder gar getröstet fühlte;

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