Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
Vom Netzwerk:
einen in den Wellen treibenden Strohhalm und klammere mich an ihn und murmle: 'Hm, ja, schon. Unser vermeintlicher Freund und Helfer, der Oberterrorist, hat sie doch in unserem unterirdischen Verlies zum Islam bekehrt, indem er sie ...'
    Ich lasse den Satz unvollendet, und Lydia erwidert mit für sie eher ungewohntem Sarkasmus: 'Ach ja, unser Freund und Helfer! Und der war blond und blauäugig ...?'
    'Naja, das gerade nicht.'
    'Na eben, das ist mir auch nicht so vorgekommen.'
    'Das heißt, er scheidet als Vater von Myriams Baby vermutlich aus?'
    'Hm - vermutlich.' Auch das klingt in meinen Ohren wieder ganz schön sarkastisch, ich kann mir nicht helfen - ganz so, als ob sie sich über mich lustig machen wollte. Und ich spüre, wie mich mein Strohhalm nicht mehr trägt und wie ich in den Wellen versinke und immer mehr Wasser in die Kehle kriege und elendiglich zu ersticken drohe. Und wie aus weiter Ferne höre ich Lydias gedämpfte Stimme, und sie sagt: 'Und sonst siehst du gar keine Möglichkeit?'
    Und jetzt ist es so weit. Ich schluchze laut auf und werfe mich über ihre Brust und heule auf dieser wie ein Schloßhund und schäme mich fürchterlich vor ihr und versuche mein Heulen zu unterdrücken. Aber es nutzt sowieso nichts, und überhaupt spürt sie ja höchstwahrscheinlich mein krampfhaftes Schluchzen, und das Heulen wird dadurch nur zur doppelten Qual. Mit einem Schlag ist mir klargeworden, daß Lydia fest davon überzeugt ist, daß niemand anderer als ich der Vater von Myriams Baby sein kann, und so, wie sie mir's klargemacht hat, muß ich sagen, glaub' ich's sogar selber. Schließlich paßt alles bestens zusammen: Zeit, Ort, Haarfarbe, Farbe der Augen, und was es da sonst noch alles gibt. Und so ist Myriams Baby also mein Baby, und jenes Baby, das diesem grausamen, archaischen Ritual der Steinigung zum Opfer gefallen ist, war folglich mein Baby! Und dieser Gedanke verursacht mir einen derartigen Schmerz, daß ich minuten- oder stundenlang - was weiß ich - auf Lydias Brust liege und ihr Nachthemd mit meinen Tränen naß mache. Zugleich regt sich mein schlechtes Gewissen vor Lydia und quält mich zusätzlich. Über meine Schäferstündchen mit Myriam haben wir nämlich seit damals nie wieder geredet, die sind zwischen uns immer quasi tabu gewesen, und durch Lydias vermeintliche Anspielungen von vorhin ist dieses Tabu zum allerersten Mal gebrochen worden - wenn überhaupt. Gottseidank scheint sie mir meine damaligen ... naja, Aktivitäten nicht mehr direkt übelzunehmen, denn jetzt streichelt sie mir tröstend über die Haare und flüstert dazu: 'Aber Schatzilein, liebes, tu doch nicht so weinen! Du kannst es ja doch nicht mehr ungeschehen machen! Gar nichts kannst du ungeschehen machen! Was geschehen ist, hat offenbar das Schicksal so gewollt.' Und noch mehr in diesem Sinn. Ich hab' mir nur einen Bruchteil davon gemerkt. Ich war ja ganz fertig und hörte, wie gesagt, ihre Stimme nur gedämpft, wie aus weiter Ferne, oder so wie einer, der im Wasser versunken ist und dem man von oben was zuruft. Und sowie meine Tränenflut etwas nachließ und ich sozusagen wieder ein wenig Luft schnappen konnte, da murmelte ich: 'Seit wann weißt du's denn?'
    'Seit dem Foto', murmelte sie zurück.
    'Seit welchem Foto?'
    'Na, dem mit Myriams Baby.'
    'Ah, dem zernudelten Foto, das mir der arme Narr ...?'
    'Jawohl! Und hast du dir auf diesem Foto ihr Baby genauer angeschaut?'
    'Freilich! Wie ein richtiges Engerl sieht's aus oder wie ein Christkinderl!'
    'Schon, aber sonst ist dir nichts aufgefallen?'
    'Na, zuerst nicht, da war ich nur hingerissen von seinem Anblick. Erst wie du es dem Herrn Girgis gezeigt hast und der dann ganz aus dem Häuschen war, da ist mir erst bewußt geworden, daß ihr schwarzlockiger und schwarzäugiger Göttergatte nicht gut der Vater sein kann.'
    'Und sonst ist dir nichts aufgefallen?'
    'Hm ... Was hätte mir denn sonst noch auffallen sollen?'
    'Na, ihr Männer seht sowas ja nie! Ich hab's ja selber nicht gleich gesehen, erst, wie Myriams Papa durch sein Entsetzen zum Ausdruck gebracht hat, daß da irgendwas nicht stimmt. Da hab' ich mir's noch einmal etwas genauer angeschaut, und da war's für mich dann unübersehbar: dieselben Augen, derselbe Mund ...'
    'Bitte, von was redest du eigentlich?'
    'Davon, wie sehr Myriams Baby dir aus dem Gesicht geschnitten ist ... geschnitten war.'
    'Mir aus dem Gesicht geschnitten?'
    'Ja, und wie! Ist dir das wirklich nicht aufgefallen?'
    'N-nein. Aber es ist, wie du

Weitere Kostenlose Bücher