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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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nichts und sagte kopfschüttelnd: 'Was hätte ich mir denn anmerken lassen sollen? Und was hätte ich mitkriegen sollen?'
    'Na, daß es mir ... mit unserer Myriam genauso ... ergangen ist wie dir!'
    'Genauso ergangen wie mir?' Ich kapierte immer noch nichts.
    'Ja ... wie soll ich sagen ... daß ich sie genauso getröstet habe wie du!'
    'Genauso getröstet wie ich? O ja, das hab' ich schon gesehen ...'
    'Aber nein, gar nichts hast du gesehen!' Das klang jetzt aber schon direkt ungeduldig.
    'Aber sicher!' sagte ich mit einem gewissen Trotz. 'Ich hab' dir doch zugeschaut, wie du ihr die Hand gehalten und über die Haare gestreichelt hast!'
    'Ja, ja!'
    '... und wie du ihr den Unterleib und die Schenkel zuerst gesäubert und dann liebevoll eingeschmiert hast!'
    'Ja, ja! Wie hab' ich sie ihr eingeschmiert, sagtest du?'
    'Na, liebevoll! Stimmt's nicht?'
    'O doch! ... Und wie liebevoll ich sie sonst gestreichelt und eingeschmiert habe, besonders nachher im Hotel, als wir beide nebeneinander krank im Bett lagen und uns gegenseitig Trost spenden mußten, und dann in ihrer Wohnung in Kairo ...'
    Sie brach abrupt ab, legte ihren Kopf auf meine Brust und zog die Bettdecke drüber. Liebevoll gestreichelt und eingeschmiert? Mir schwante plötzlich was, aber ich schob, über mich und meine wilde Phantasie entrüstet, diesen Gedanken sofort unwirsch beiseite und sagte nach einigem Zögern versuchsweise: 'Liebevollen Trost?'
    Sie gab eine Zeitlang keine Antwort und sagte dann unter der Bettdecke: 'Liebevollen Trost - jawohl!'
    Nanu? War meine Phantasie vielleicht doch nicht so abwegig? Ich überlegte lange hin und her, während sie nach wie vor unter der Bettdecke versteckt blieb, und sagte schließlich: 'Wie liebevoll?'
    'Na, so liebevoll wie du halt!' tönte es nach einiger Zeit stark gedämpft unter der Bettdecke hervor, und ich glaubte mich verhört zu haben und sage: 'Du meinst: ihr habt euch gegenseitig genauso liebevollen Trost gespendet, du und Myriam, wie ich ihr?'
    'Ja ... ja!'
    'Aber ...' Jetzt war ich nahe am Verzweifeln. Sie konnte doch unmöglich das gleiche meinen! 'Aber ... du weißt doch ... du hast es ja selber gesagt ... daß ich durch meinen liebevollen Trost ... naja, eben zum Vater ihres Babys geworden bin! Du wirst doch nicht sagen wollen ...'
    'Will ich aber sagen.'
    'Ich bitt' dich ...'
    'Naja, zum Vater ihres Babys bin ich natürlich nicht geworden und zur Mutter auch nicht. Das geht irgendwie nicht. Aber sonst ...'
    'Wie meinst du: aber sonst?'
    '... aber sonst ... war, glaub' ich, nicht gar so ein großer Unterschied ... Bist du jetzt schockiert?'
    Ich war tatsächlich schockiert, und drum wußte ich überhaupt nicht, was ich sagen sollte. Mein Verdacht schien sich immer mehr zu bewahrheiten - oder sagen wir besser: meine Vermutung; schließlich hab' ich ja keine Vorurteile. Aber wenn man so plötzlich mit solchen Aussagen aus dem Mund seiner Allerliebsten konfrontiert wird, ist es kein Wunder, wenn man fürs erste sprachlos ist, oder? Als ich endlich meine Sprache wiederfand, sagte ich, ohne ihre letzte Frage zu beantworten, mit wahrscheinlich ziemlich belegter Stimme: 'Versteh' ich dich richtig, daß du und Myriam ...'
    'Ja ... ja, du verstehst mich absolut richtig!' tönte es äußerst gedämpft unter der Bettdecke hervor.
    '... daß ihr euch geliebt habt?'
    'Ja, wenn ich dir's sage!'
    '... daß ihr's miteinander getrieben habt, wie man so schön sagt?'
    'Ja, ja!'
    'Na sowas!'
    'Und du hast wirklich nie was mitgekriegt?'
    'Nein, wenn ich dir's sage!'
    'Bist du jetzt schockiert?'
    'Ja, ein bisserl schon... Nein, nicht wirklich. Ich bin nur ... ich war nur maßlos überrascht, vor allem, weil ich selber vor dir immer so ein schlechtes Gewissen gehabt habe und du mir erst jetzt klargemacht hast, daß das eigentlich gar nicht notwendig gewesen wäre ... Und in gewisser Weise bin ich jetzt direkt erleichtert, weil ich jetzt erkenne, daß du für meine ... für meine so unheilvolle Schwäche für Myriam tatsächlich ein gewisses Verständnis aufbringst, nicht wahr?' Und jetzt schlug ich die Bettdecke zurück, holte mit beiden Händen Lydias Kopf hervor und küßte sie zärtlich auf die Lippen, und sie erwiderte meine Küsse ebenso zärtlich und sagte dann sehr ernsthaft, fast feierlich: 'Ich weiß ja, daß du keine Vorurteile hast, und das gefällt mir ja so an dir ... unter anderem. Aber trotzdem kann ich dir versichern, daß ich deshalb keineswegs lesbisch bin - was man halt üblicherweise darunter versteht.

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