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Geliebte Rebellin

Titel: Geliebte Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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beschert gewesen. Dazu kam noch, sagte sie sich immer wieder, dass ihre Schwester die Opern und Theatervorstellungen und die aufregenden Bälle und Abendgesellschaften von ganzem Herzen genossen hätte. Sie hatte die Liebe ihrer Eltern zu den Künsten und zu geselligen Veranstaltungen geerbt. Man hätte ihr eine Chance geben müssen, den Menschen zu begegnen, die gesellschaftlich auf einer Stufe mit ihr standen. Sie hätte die Gelegenheit haben sollen, mit einem gutaussehenden jungen Mann Walzer zu tanzen.
    So viele Dinge, die für Ariel selbstverständlich hätten sein sollen, waren ihr entgangen.
    Charlotte gab sich einen Ruck und wandte sich wieder dem akuten Problem zu. Sie zwang sich, das zu tun, was sie immer tat, wenn Gedanken an die Vergangenheit ihre Stimmung zu trüben drohten. Sie konzentrierte sich auf die Zukunft. Und im Moment schloss diese Zukunft Baxter St. Ives mit ein.
    »Ich wünschte, ich wäre mir ebenso sicher wie du, was Mr. St. Ives angeht.« Charlotte stützte einen Ellbogen auf den Tisch im Frühstückszimmer und legte das Kinn auf den Handballen.
    »Er eignet sich perfekt für den Posten.«
    Charlotte seufzte. Inzwischen hatte sich herausgestellt, dass sie die einzige in diesem Haushalt war, die spürte, dass Baxter St. Ives weitaus mehr zu verbergen hatte, als er zu Beginn preisgeben wollte. Gestern hatten ihr sowohl Ariel als auch Mrs. Witty, die Haushälterin, eindeutig zu verstehen gegeben, dass sie ihn als Ersatz für Marcle billigten. Die beiden waren derart überzeugt von ihren Eindrücken, dass Charlotte fast ihr eigenes instinktives Misstrauen angezweifelt hätte.
    Fast, aber nicht ganz. Schließlich hatte sie bei der Einschätzung von Herren eine ganze Menge Erfahrungen gesammelt, und ihre Intuition ließ sie in solchen Momenten nur äußerst selten im Stich. Sie konnte ihren eigenen Eindruck nicht kurzerhand als unrichtig abtun.
    Es verblüffte sie, dass die anderen nicht durch Baxters Brillengläser hindurchsehen und die Wahrheit erkennen konnten, die dahinter lauerte. Er behauptete, sich für Chemie zu interessieren, doch ihrer Meinung nach handelte es sich bei ihm nicht um einen modernen Naturwissenschaftler. Dieser Mann hatte die Augen eines Alchemisten, die Augen eines dieser legendären Wissenschaftler, die von der Suche nach den mystischen Geheimnissen des Steins der Weisen besessen waren. Sie konnte sich mühelos vorstellen, wie er sich über einen brodelnden Schmelztiegel beugte und Experimente ersann, die es ihm ermöglichen würden, Blei in Gold zu verwandeln.
    Gewaltige Intelligenz, wilde Entschlossenheit, ein erbarmungsloses Durchsetzungsvermögen und ein eiserner Wille glühten in den bernsteinfarbenen Tiefen seiner Augen. Dieselben Eigenschaften waren auch in seine kräftigen und ausgeprägten Gesichtszüge eingemeißelt. Sie hatte aber außerdem noch etwas anderes an ihm wahrgenommen, etwas, was sie nicht so recht entschlüsseln konnte. Vielleicht ein Anflug von Melancholie. Was keineswegs unerwartet kam, wenn sie es sich jetzt genauer überlegte.
    Es lag eine weit zurückreichende, künstlerische Tradition der Darstellung dieses finsteren, sehnsüchtigen Strebens in den Symbolen der Alchemie und der Typenlehre. Diejenigen, die sich der endlosen Suche nach den verborgenen Geheimnissen der Natur verschrieben, waren zweifellos dazu verdammt, Phasen der Enttäuschung und Verzweiflung zu durchleben.
    Baxter St. Ives war mit Abstand der interessanteste Mann, der ihr je begegnet war, gestand sich Charlotte ein. Aber gerade diese Eigenschaften, die sie so faszinierend an ihm fand, trugen auch zur Gefährlichkeit eines Mannes bei. Das mindeste, was man behaupten konnte, war, dass ein Mann mit dieser Veranlagung alles andere als leicht zu lenken sein würde.
    Sie benötigte jedoch einen Sekretär, der Anweisungen entgegennahm, ohne Einwände zu erheben, und das letzte, was sie gebrauchen konnte, war jemand, der ständig Erklärungen und Rechtfertigungen verlangte. Sie glaubte nicht, dass Baxter sich klaglos herumkommandieren lassen würde. Bestenfalls würde er sich als schwierig erweisen.
    »Vielleicht kann sich Mr. St. Ives jetzt, nachdem er einen neuen Posten hat, auch einen neuen Schneider leisten.« Ariel kicherte, als sie mit ihrem Teller an den Tisch zurückkehrte. »Sein Jackett hat alles andere als gut gesessen, und seine Weste war von einer auffallenden Schlichtheit. Ist dir aufgefallen, dass er statt einer richtigen Hose eine Kniebundhose getragen hat?«
    »Das

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