Geliebte Rebellin
Stiefeln steckten.
Charlotte wappnete sich. Es war riskant, Baxter an die Grenzen seiner Selbstbeherrschung zu treiben. Tief in ihrem Innern wusste sie zwar, dass er ihr niemals weh tun würde. Dennoch brachte diese Situation ein ausgeprägtes Element der Unberechenbarkeit mit sich.
Ehe sie auch nur ahnen konnte, was er vorhatte, gab eine der Bodendielen in der Eingangshalle außerhalb ihres Arbeitszimmers ein Ächzen von sich. Charlotte erstarrte.
Auch Baxter hielt mitten in der Bewegung inne. Er warf einen Blick auf die Tür und sah dann finster Charlotte an. »Einer deiner Bediensteten?«
»Nein.« Sie wirbelte herum und starrte auf die geschlossene Tür des Arbeitszimmers. »Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass meine Haushälterin die ganze Nacht über fort ist. Ariel kann es nicht sein. In dem Fall hätten wir nämlich die Kutsche Ihrer Tante vorfahren hören.«
Schritte donnerten durch den Korridor. Charlotte begriff, dass jemand durch die Eingangshalle auf die Hintertür des kleinen Stadthauses zurannte.
»Verdammter Mist.« Baxter sprang mit einem Satz zur Tür. »Du bleibst hier.« Er riss die Tür auf und rannte in die Eingangshalle.
Charlotte griff mit einer Hand nach einem schweren silbernen Kerzenständer, hob mit der anderen Hand ihre Röcke an und rannte ihm nach.
Dunkelheit umfing sie. Jemand hatte die Wandlampe gelöscht, die sie vorhin angezündet hatte. Die einzige Beleuchtung war das Licht, das aus dem Arbeitszimmer in die Eingangshalle fiel.
Der Widerhall von Schritten war im hinteren Teil des Hauses zu hören. Es waren die Schritte von zwei Personen. Baxters Schritte und die des Eindringlings.
Sie stürzte sich in die Dunkelheit der Eingangshalle.
Ein kalter Windhauch sagte ihr, dass die Hintertür offenstand. Sie konnte den matten Glanz des Mondscheins am Ende des Korridors sehen. Der Eindringling war bereits aus dem Haus gelaufen und in den Garten geflohen.
Sie blieb an der Hintertür stehen und versuchte, in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Kein Anzeichen wies darauf hin, dass jemand durch die Büsche schlich.
»Baxter? Wo steckst du?«
Sie bekam keine Antwort.
Panik stieg in Charlotte auf. Der Einbrecher war zweifellos bewaffnet gewesen. Sie hatte keine Schüsse gehört, aber viele Wegelagerer zogen die stumme Klinge eines Messers vor. Sie sah Baxter verwundet vor sich, und vielleicht lag er sogar in nächster Nachbarschaft der Rosensträucher im Sterben. Diese Vorstellungen trieben sie augenblicklich in die Nacht hinaus.
» Baxter . Oh, mein Gott, wo steckst du bloß? Sag etwas, Baxter.«
»Ich dachte, ich hätte dir gesagt, dass du drinnen warten sollst.«
Baxter tauchte plötzlich aus dem dichten Dunkel auf. In einem Moment war er nirgends zu sehen, und im nächsten Augenblick stand er direkt vor ihr. Der Mondschein fiel seitlich auf sein Gesicht und ließ seine Brillengläser funkeln.
»Ist alles in Ordnung mit dir?«
»Ja.« Er nahm ihren Arm und führte sie zum Haus zurück. »Aber es ist mir nicht gelungen, ihn zu fangen. Er ist in der schmalen Gasse hinter dem Garten verschwunden. Er scheint sich hier gut ausgekannt zu haben und muss das Haus längere Zeit beobachtet und seinen Fluchtweg geplant haben, ehe er sich heute Nacht ans Werk gemacht hat. Er schien genau zu wissen, was er tut und wie er am schnellsten fliehen kann.«
»Gott sei Dank, dass du 'ihn nicht erwischt hast. Er hätte mit einem Messer oder mit einer Pistole bewaffnet sein können.«
»Wie nett von dir, dass du dich um meine Gesundheit sorgst.«
»Sarkasmus ist im Moment gänzlich unangebracht.«
»Tut mir leid.« Er schob sie behutsam ins Haus hinein. »Gelegentlich nehme ich Zuflucht zum Sarkasmus, wenn ich an einem einzigen Abend zuviel Aufregendes erlebt habe.«
Charlotte entschloss sich, diese Bemerkung zu ignorieren. Baxter war beinah mit einem Gauner in Berührung gekommen. Es war sein gutes Recht, aufgeregt zu sein.
»Gütiger Himmel«, flüsterte sie, als er die Tür hinter sich schloss »Mir ist gerade etwas eingefallen. Wir haben vorher keinen Laut in der Eingangshalle oder auf der Treppe vernommen. Das heißt, dass sich der Eindringling schon im Haus aufgehalten haben muss, als wir zurückgekommen sind.«
»Das ist sehr wahrscheinlich.«
»Was für eine grässliche Vorstellung.« Charlotte erschauerte. »Wenn ich mir vorstelle, dass er die ganze Zeit über hier war und gelauscht hat, während du und ich uns . . . uns . . .« Sie konnte sich nicht dazu durchringen, den Satz
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