Geliebte Rebellin
und Salz sich Quecksilber gesellt.
Nach reiner Weisheit kann jeder streben,
Doch den wenigsten wird sie Aufschluss geben.«
Die Männer wiederholten den Gesang mit belegten Stimmen, und Zungen wanden sich mühsam um die Worte herum. Jemand kicherte.
Charlotte zog an Baxters Ärmel. Er zögerte. Sie versetzte ihm einen leichten Stoß, und er rückte widerstrebend zur Seite und gab ihr die Öffnung frei.
Sie holte tief Luft, stellte sich auf die Zehenspitzen und presste ein Auge an das Loch in der Wand. Sie starrte in einen schummerig beleuchteten Raum, in dem Schwaden von Räucheressenzen hingen. An der gegenüberliegenden Wand stand ein großer Schrank. Sie erkannte Hamilton und Norris. Gemeinsam mit den anderen Clubmitgliedern lümmelten sie sich auf großen türkischen Sitzkissen um eine Kohlenpfanne herum. Jeder von ihnen hielt ein Glas Rotwein in der Hand, aber sie schienen sich alle mehr für den Duft der angezündeten Kräuter zu interessieren als für den Wein.
»Das, was des Hermes' Erben lieb und teuer,
Enthüllt sich den Arbeitern im Feuer.«
Die Worte waren kaum noch zu verstehen. Die Männer neigten die Köpfe über ihre Gläser, und der Geruch, der durch das winzige Guckloch drang, wurde immer aufdringlicher. Er ließ Charlottes Augen tränen. Sie wandte den Kopf ab, um frischere Luft einzuatmen.
»Seht da, der Magier«, kündigte einer der Männer mit einem leisen Kichern an. »Er erscheint uns.«
Charlotte presste schnell wieder ein Auge an das Guckloch. Zu ihrer Verblüffung stellte sie fest, dass sich eine weitere Gestalt in dem geschlossenen Raum eingefunden hatte. Sie war ziemlich sicher, dass die Tür nicht geöffnet worden war. Es war, als hätte sich dieses Wesen schlicht und einfach aus dem Kleiderschrank heraus materialisiert.
Der Zauberer lief langsam durch den Raum und blieb inmitten der träge daliegenden Männer stehen. Er war von Kopf bis Fuß in weite schwarze Gewänder gehüllt. Eine schwere Kapuze war tief in sein Gesicht gezogen, Charlotte konnte seine Gesichtszüge nicht erkennen. Sie nahm an, es lag an dem Schatten, die die Kapuze warf. Dann wandte der Neuankömmling den Kopf ein wenig zur Seite. Licht glitzerte auf einer schimmernden schwarzen Seidenmaske, die sein gesamtes Gesicht verbarg.
Das ist nichts weiter als ein Zeitvertreib für feine Herren, sagte sie sich. Ein Spiel, das sich Hamilton und seine Freunde zu ihrer Unterhaltung ausgedacht haben. Aber sie kam nicht gegen das Unbehagen an, das sich ihrer bemächtigte, und auch nicht gegen das aufkeimende Grauen, das ihr gewaltig zusetzte.
»Lass uns sehen, wie groß deine Macht tatsächlich ist«, sagte Norris mit einer Tapferkeit, die aufgesetzt wirkte.
Die vermummte Gestalt hob die Hand. Ein Gegenstand baumelte an seinen Fingern, ein funkelndes Gehänge. Die Clubmitglieder starrten es mit unverhohlener Faszination an.
Eiskalte Finger glitten über Charlottes Wirbelsäule. Der Geruch war inzwischen nahezu überwältigend. Sie bemühte sich, den Anhänger klarer zu erkennen, doch aus dieser Entfernung war seine Form unmöglich auszumachen.
Sie zuckte zusammen, als sich Baxters Hand auf ihre Schulter legte. Wortlos trat sie zurück.
Baxter nahm den Platz an dem Guckloch wieder ein. Charlotte presste ihr Ohr an die Wand.
»Ich habe es«, sagte eines der Clubmitglieder. »Versetze ihn in eine Trance, die erst zu einem späteren Zeitpunkt ihre Folgen zeitigt.«
»Lass Norris morgen Abend auf der Soiree der Claphams gackern wie ein Huhn.«
»Bring ihn dazu, genau dann, wenn die meisten Leute einkaufen gehen, mitten auf der Pall Mall seinen Arsch zu entblößen«
»Überrede ihn dazu, mit Lady Bueltons Kleiner zu tanzen, diesem Pferdegesicht.«
»Es gibt keine Macht«, verkündete Norris schallend, »weder auf dieser Erde noch auf der metaphysischen Ebene, die mich dazu bringen könnte, mit Bueltons Tochter zu tanzen.«
Diese Behauptung wurde mit mattem Gelächter aufgenommen. Und dann senkte sich Stille über den Raum.
Charlotte presste ihr Ohr noch fester an die Wand, aber sie konnte keinen Ton verstehen. Sie versetzte Baxter einen Stoß Er zögerte, trat jedoch zur Seite.
Sie schaute durch das Guckloch und stellte verblüfft fest, dass es im Nebenzimmer noch dunkler geworden war. Jemand hatte die Lampe ganz heruntergedreht. Die Kohlen in der kleinen Kohlenpfanne glühten noch, doch der rotgoldene Schein fiel nicht auf die Gesichter der Männer.
Während Charlotte gebannt zusah, bewegte sich die
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