Geliebte Suenderin
Messer ins Herz gestoßen. Sie schloß die Augen, und die Trä-
nen des Schmerzes und Elends mischten sich mit ihrem Blut.
Lucien überließ die beiden dem Arzt und ging aus dem Zimmer. Die beiden waren bestraft genug, er wollte keine Rache mehr. Sie mußten mit dem, was passiert war, den Rest ihres Lebens leben. Percy hatte Kates Schönheit als ein Teil von sich vergöttert, und Kate hatte ihre Schönheit vom ersten Tag, an dem sie sich ihrer bewußt wurde, schamlos ausgenützt. Was konnten sie jetzt noch tun?
Lucien versuchte, auf dem Ritt nach Verrick House diesen Alptraum abzuschütteln. Was, fragte er sich, würde ihn dort erwarten? Schade, daß Kate und Percy nicht realisiert hatten, welchen Schaden sie angerichtet hatten.
Sabrina hatte sich erinnert. Sich an den Haß und das alte Mißtrauen gegen ihn erinnert - und an den Grund ihrer Heirat.
Wirklich schade, denn es war ihm vergönnt gewesen, eine Seite von ihr kennenzulernen, die er vorher nicht gekannt hatte, und festzustellen, daß sie ihm gefiel, und er hatte genossen, wie sie die hingerissene Geliebte spielte.
Zu schade, daß sie sich erinnert hatte, aber, soweit es ihn betraf, änderte das nichts.
»Lügen! Alles Lügen!« schrie Sabrina Mary wütend an. »Und du, meine eigene Schwester, stellst dich gegen mich. Wie konntest du nur, Mary?« fragte sie, und ihre violetten Augen spiegelten ihre Verletzung und Enttäuschung wider.
Mary verkrampfte ihre Hände ineinander und ließ ihre grauen Augen durchs Zimmer wandern, um Sabrina nicht in die Augen sehen zu müssen. »Was hätte ich denn tun sollen? Du hattest alles vergessen, Rina. Du hast dich überhaupt nicht mehr an Lucien erinnert. Du hattest all die Jahre voller Sorgen und Gefahr vergessen. Warum sollte ich dich zwingen, dich zu erinnern? Du warst mit einem Mal wieder so jung - so sorglos.
Und das Wichtigste, was du anscheinend wieder vergessen hast, ist doch, daß du Luciens Kind erwartest.«
»Warum mußt du mich daran erinnern?« fragte Sabrina verzweifelt, nahm ihren Hut ab und zog sich die Reitjacke aus.
»Weil es schon sehr bald unübersehbar sein wird«, sagte Mary ruhig und sah voller Ungeduld, wie Sabrina ihre ge-schwollene Lippe abtupfte. Dann stieß sie einen leisen Wutschrei aus: »Willst du mir nicht endlich sagen, was passiert ist?
Ich kann einfach nicht glauben, daß Lucien dich schlagen könnte. Warum hast du dich so plötzlich an alles erinnert?«
fragte Mary verwirrt. »Lucien war in den letzten Wochen so lieb. War das nur gespielt? Ich verstehe das nicht.«
Sabrina drehte sich vom Spiegel weg. »Entdeckst du jetzt erst, wie rücksichtslos Lucien tatsächlich sein kann, wenn er etwas haben will? Natürlich war er lieb. Er hat seinen Willen durchgesetzt. Ich war die willige, liebende Braut. Lucien kriegt sein Erbe und eine Geliebte noch obendrein. Wenn ich mir vorstelle, daß ich ihm geglaubt habe! Wie er mich ausgelacht haben muß, jedesmal wenn ich ihm sagte, daß ich ihn liebe. Ich werde ihm nie verzeihen. Nie! Hast du gehört!?« schrie Sabrina. »Ich wünschte, die Räuber hätten ihn umgebracht!«
»Räuber? Jemand hat dich und Lucien überfallen?« fragte Mary fassungslos.
Sabrina lachte mit einem Anflug von wirklichem Humor und berichtete: »Du kannst dir vorstellen, wie überrascht ich war, als plötzlich Bonnie Charlie auf uns losgeritten kam. Das vertraute Gesicht hat meine Erinnerung ausgelöst, und alles war plötzlich wieder da. Dann haben sie angefangen zu kämpfen, und plötzlich sind, wie durch ein Wunder, Will und John aufgetaucht, und dann war die Hölle los.«
Mary erinnerte sich an die Vision, die sie von Sabrina, Bonnie Charlie und Lucien in Gefahr gehabt hatte. Sie war also eingetroffen. »Wenn die zwei aufgetaucht sind, dann kann ich mir ja vorstellen, wie der Kampf ausgegangen ist«, bemerkte Mary.
»Wie recht du hast, obwohl Lucien einiges einstecken mußte, bevor Will und John auftauchten«, sagte Sabrina, aber es schien sie nicht sonderlich zu bewegen.
»Was passiert jetzt?« fragte Mary und wartete ängstlich auf die Antwort.
Sabrina schob hochmütig ihr Kinn vor, und ihr Blick war eisig.
»Nichts, absolut nichts.«
Mary beobachtete sie mißtrauisch. »Und was soll das heißen?«
Sabrina lächelte boshaft. »Der Herzog wollte eine Frau, und jetzt hat er eine, also werde ich meine Herrschaft als Herzogin von Camareigh genießen. Und ich werde meiner Rolle gerecht werden, Mary. Schließlich ist Seine Gnaden sehr reich. Ich hoffe
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