Geliebte Suenderin
nur, er kann sich mich leisten, denn als Herzogin werde ich die teuren Launen einer Herzogin haben«, informierte sie Mary mit rachsüchtig blitzenden violetten Augen.
Weh mir! Nach allem was ich jemals las,
Was ich je hört’ in Sagen und Geschichten,
Rann nie der teuren Liebe Strom sanft.
William Shakespeare
KAPITEL 14
Sabrina schaute aus dem Fenster, über den Park, zu der mittelalterlichen Kapelle am unteren Ende des Sees und dachte verwundert über das Schicksal nach, das sie zur Herrin all dieser Pracht gemacht hatte. Ein Besuch in Camareigh war bereits ein ehrfurchtsgebietendes Erlebnis, aber hier zu leben, lehrte Demut. Sie hatte Camareigh das erste Mal durch die Fenster der Kutsche gesehen, in der sie die in Terrassen angelegte und von Kastanien gesäumte Auffahrt entlangfuhren, vorbei an streng angelegten Rasenflächen und bewaldeten Hügeln, bis Camareigh, mit seiner edlen Fassade und den majestätischen Linien, fast wie ein Märchenschloß aus dem Dunst auftauchte. Sie hatte über sechzig Fenster allein im Ostflügel gezählt. Der warme, honigfarbene Stein fügte sich in die Landschaft ein, als stünde er hier von Anbeginn der Zeit in ungestörter Pracht auf heiligem Boden.
Jetzt gehörte all das ihr, ohne daß sie den Wunsch dazu gehabt hatte. Sie hatte das Recht, durch die Gärten mit den kunst-voll beschnittenen Bäumen und die mit Eibenhecken gesäumten Wege zu wandeln, zu tiefer gelegenen Gärten mit versteckten Teichen voller bunter Seerosen.
Es war die perfekte und angemessene Umgebung für Lucien Dominick, Herzog von Camareigh. Jetzt konnte sie begreifen, warum er so heftig um sein Erbe gekämpft hatte, aber sie konnte ihm immer noch nicht verzeihen, daß er sie als Mittel zum Zweck mißbraucht hatte. Er hatte Camareigh gewollt, und nichts hätte ihn daran hindern können, es zu bekommen.
Sabrina dachte an die Eleganz des goldweißen Salons und der langen Galerie mit ihren schönen Gemälden und den Porträts der Familie Dominick, die große Treppe mit den Fresken, die hohen Spiegel, in denen sich die handbemalten Tapeten der Salons spiegelten, die gestuckten Decken und die mit Gobelins behangenen Wände. Es war unbestritten wunderschön - aber ihr fehlte Verrick House. Sie hatte Sehnsucht nach den eichengetäfelten Zimmern und den niedrigen Balkendecken, nach den verfallenen Mauern des Gartens und des Obstgartens und dem fröhlichen Durcheinander der Blumen. Manchmal kam es ihr vor, als wäre das Leben in Verrick House ein Traum gewesen, etwas, das nie wirklich existiert hatte.
Tante Margaret lebte jetzt als einzige dort, mit Hobbs als Gesellschafterin. Mary hatte gegen Ende des Jahres Colonel Fletcher geheiratet. Er war jetzt Zivilist und genoß es, zur Ab-wechslung den Landedelmann zu spielen und ein ruhiges Leben auf seinem Besitz zu führen. Bei dem Gedanken an Richard mußte Sabrina lächeln, er hatte sich im Lauf des letzten Jahres geradezu erstaunlich verändert. Er hatte viel von seiner Schüch-ternheit und Behäbigkeit verloren und war jetzt übermütig wie alle Jungs und ewig zu Streichen aufgelegt. Das einzige, was ihr ein bißchen Sorge machte, war Richards ständiger Gefühlskon-flikt. Einerseits versuchte er, ihr gegenüber loyal zu sein, ande-rerseits war Lucien sein Idol, die erste Vaterfigur in seinem Leben, was er vergeblich zu kaschieren versuchte. Sabrina hatte versucht, ihn nicht zu beeinflussen, aber er merkte natürlich, wie es zwischen ihnen beiden stand. Wahrscheinlich war das ihre Schuld. Ihr verfluchter Stolz hatte sie so lange der Wahrheit gegenüber blind gemacht, aber im Laufe der Monate war es immer schwieriger geworden, die richtigen Worte zu finden, um ihre Meinungsverschiedenheiten beizulegen.
Wie wütend sie gewesen war, als sie ihr Gedächtnis wiedergefunden hatte und Lucien die bittersten Vorwürfe machte, weil er sie hintergangen und zum Narren gehalten hatte, zumindest hatte sie das damals geglaubt. Wenn sie jetzt an diese Tage zurück-dachte, sah sie all die Fehler, die sie gemacht hatte. Als sie das erste Mal vor diesem Fenster gesessen hatte, war Lucien hinter ihr ins Zimmer gekommen, und durch seine damaligen Worte entstand ihr Verhaltensplan. Wie lebendig doch die Vergangenheit wurde, wenn sie sich an diesen Tag erinnerte.
»Planst du meinen Untergang?« hatte Lucien gefragt, als er sie mit gerunzelter Stirn da sitzen sah.
»Das schaffst du auch ohne meine Hilfe«, konterte sie, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
»Zu schade, daß
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