Geliebte Suenderin
aus dem Fenster, wo die Morgenröte den Himmel erhellte, mit leeren Augen, denn sie schaute in ihren eigenen Verstand, versuchte, mehr zu sehen.
Am späten Vormittag erst erreichten sie Camareigh. Sie betraten unangemeldet die große Halle, und Mary wollte sofort die Treppe hinaufgehen, als sie vom Butler aufgehalten wurde. Er war sehr überrascht, sie und ihren Mann hier zu sehen.
»Lady Mary«, stotterte er. »Ich fürchte -«
»Wo ist Sabrina? Sie ist doch hier, nicht wahr?« unterbrach ihn Mary voller Panik.
Mason richtete sich würdevoll auf. »Ich glaube, Ihre Gnaden hat Camareigh verlassen.«
»O Gott«, flüsterte Mary. Terence packte sie schnell, als sie ins Schwanken geriet. »Komm, Schatz, setz dich. Holt etwas Tee und Toast«, befahl er dem Butler mit herrischer Stimme, der nach einem schockierten Blick diesem Befehl gehorchte.
Mary lehnte sich in den Damaststuhl, holte tief Luft und versuchte, sich zu beruhigen. Terence blieb in ihrer Nähe, und als der Butler in Begleitung eines Dieners mit dem Teetablett zurückkam, fragte er: »Wo ist der Herzog? Bitte sagt ihm, daß wir hier sind und ihn sofort sehen müssen.«
»Ich fürchte, Seine Gnaden residiert im Augenblick nicht hier.«
Mary sah hilflos Terence an, mit angsterfüllten Augen. »Ist Lord Richard auch fort?« fragte sie zögernd, zitternd vor der Antwort.
»Um ehrlich zu sein, ja«, vertraute er ihnen an. Die Verzweiflung in Marys Gesicht ließ ihn endlich seine Zurückhaltung vergessen. Sie war doch schließlich die Schwester von Ihrer Gnaden. »Es ist äußerst merkwürdig. Der junge Lord ist gestern verschwunden, und nachdem sie das entdeckt hatte, war Ihre Gnaden äußerst beunruhigt und ließ ihre Kutsche anspannen.
Offensichtlich hat Lord Richard die Kutsche nach Norden genommen, aber wohin, kann ich nicht sagen, obwohl Ihre Gnaden zu wissen schien, wohin er wollte«, informierte er sie.
»Wenn ich offen sein darf, wir waren ziemlich durcheinander, weil Ihre Gnaden keinerlei Anweisung für uns hinterlassen hat«, schloß er und war, wie man sehen konnte, sehr erleichtert, endlich seine Last jemandem mit Autorität übertragen zu können.
»Was ist mit Rhea?« fragte Mary, der plötzlich das Kind eingefallen war.
Der Butler erlaubte sich ein Lächeln. »Die junge Lady ist sicher in ihrem Kinderzimmer, mit einer Amme und einer Kinderfrau.«
»Gott sei Dank. Ich geh’ schnell hoch und schaue nach ihr«, sagte Mary zu Terence und erhob sich. Jetzt war deutlich zu sehen, wie erschöpft sie war.
»Na schön, Schatz, und schau doch, daß du dich ein bißchen ausruhst, mehr können wir im Augenblick nicht tun«, riet ihr Terence, dann wandte er sich an den Butler und verlangte Feder und Papier. »Ich möchte eine Nachricht schicken. Der Herzog ist in London, nicht wahr?«
»Ja, ich denke schon«, erwiderte Mason neugierig.
Mary betrat leise das Kinderzimmer. Die Kinderfrau saß neben der Wiege und nähte. Sie lächelte erleichtert, als sie die Schwester Ihrer Gnaden erkannte. Mary ging zu der Wiege und schaute auf das kleine schlafende Baby. Goldene Locken bedeckten den kleinen Kopf, und ihre Backen waren rosig und gesund. Mary berührte den winzigen, perfekt geformten Finger mit dem Miniaturnagel.
»So wunderbar zerbrechlich und so vollendet«, murmelte sie.
»So ein vollkommenes kleines Wesen hab’ ich in all den Jahren, in denen ich Kinder gepflegt habe, noch nie gesehen«, gestand die Kinderschwester.
Mary musterte sie eindringlich und stellte fest, daß das freundliche Gesicht ihr gefiel. »Sie ist kostbar. Paßt gut auf sie auf, denn sie bedeutet Sabrina alles.«
»Ihre Gnaden war gestern morgen hier, mit rotgeweinten Augen, und ich weiß, wie ungern sie die kleine Rhea alleine läßt«, sagte die Kinderschwester traurig.
»Hat sie irgendeine Andeutung gemacht, wie lange sie wegbleiben will?« fragte Mary schnell.
Aber die Kinderschwester schüttelte den Kopf. »Sie hat mir nur gesagt, ich soll gut auf ihr kleines Mädchen aufpassen, mehr nicht.«
Mary seufzte, dann beugte sie sich über das Kind und gab ihm einen Kuß.
Sie ging nach unten und fand Terence vor einem Tablett, hungrig essend, und ließ sich eine Tasse frischen, dampfenden Tee geben.
»Du hast das Kind gesehen?« fragte er, obwohl er die Antwort bereits in ihren zärtlichen grauen Augen sah.
»Ja, und, Terence, sie ist das Süßeste, was man sich vorstellen kann. Sie sieht aus wie ein kleiner Engel. Ich werde eine sehr liebevolle Tante sein.«
»Ich
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