Geliebte Suenderin
empfing sie an der Tür, höchst überrascht, schon wieder zwei Gäste zu haben, wo er doch sonst das ganze Jahr über höchstens ein bis zwei hatte.
»Die Herzogin von Camareigh wohnt hier bei Ihnen. Ich möchte ihr Zimmer sehen, und bereiten Sie zwei weitere für mich und meinen Freund vor«, befahl Lucien dem sehr unwillig dreinschauenden Gastwirt.
»Vielleicht kann ich das nicht machen«, erwiderte er. »Und wer seid Ihr, daß ich Euch so einfach in das Zimmer der Lady lassen soll?«
»Ich bin ihr Mann und der Herzog von Camareigh. Das gibt mir das Recht.«
Der stählerne Blick des narbengesichtigen Mannes machte den Wirt nervös. »Mir soll’s recht sein. Ihr wollt zwei Zimmer und auch was zu essen?«
»Was immer verfügbar ist«, erwiderte Lucien. »Welches Zimmer ist das Ihrer Gnaden?«
»Rechts, die erste Tür.«
Terence folgte Lucien den schmalen Gang entlang zur ersten Tür. Sie traten ein und sahen sich neugierig um. Am Ende des Bettes stand ein Koffer, den Lucien als einen von Sabrinas erkannte und daneben ein kleinerer, der sicher Richard gehörte.
Das Zimmer war ordentlich und sauber, das Bett gemacht, aber es stand nichts Persönliches von Sabrina herum.
Lucien seufzte verärgert. »Ich weiß nicht, was ich gehofft hatte zu finden. Aber sobald unsere Pferde ausgeruht sind, reiten wir wieder los. Wir müssen sie finden. Vielleicht weiß der Wirt, wo das Schloß ist?«
»Die Pferde kannst du vergessen. In diesem Terrain, abseits der Hauptstraßen, sind sie nutzlos, und es wäre gefährlich, sie zu reiten. Wir brauchen Highland-Ponys«, riet Terence aus Erfahrung. Dann sah er sich nachdenklich im Zimmer um: »Ich glaube, wir sollten in ihre Koffer schauen. Etwas Wichtiges würden sie sicher nicht offen herumliegen lassen.«
Lucien kniete sich neben Sabrinas Koffer und versuchte vergeblich, ihn zu öffnen.
»Hier«, sagte Terence und reichte ihm ein Messer.
Lucien steckte das Messer hinter das Schloß und lockerte es, bis es aufschnappte. Er hob den Deckel auf und betrachtete einen Augenblick lang Sabrinas vertraute Kleider. Er strich über ein zartes Spitzenhemd, dann tastete er sich weiter nach unten, nahm einige Teile heraus, fand aber nichts, was ihnen irgendwie weiter-half. Er stapelte gefaltete Unterröcke und Kopftücher neben der Kiste und arbeitete sich weiter nach unten. Er wollte die Kleider gerade wieder zurücklegen, als Terence sich bückte und neugierig ein Stück Gobelin auseinanderfaltete. »Was das wohl ist?«
murmelte er, dann rief er: »Gütiger Gott im Himmel!«
Lucien sah überrascht hoch und sprang auf. »Was zum Teufel ist das?«
»Schau dir das an! Hier hast du deine Antwort auf die Frage, wo Sabrina und Richard sind«, sagte Terence aufgeregt und breitete den Gobelin aus.
Lucien schaute sich die Stickerei an. »Das sieht aus wie eine Karte. Da ist ein Schloß und ein See und eine Kirche -« Seine Augen wurden schmal, als er die kleinen Figuren und die Spur des goldenen Fadens sah. »Mein Gott, eine Karte zu einem vergrabenen Schatz.«
»Genau. Der alte Laird hat ihn vor sechs Jahren vergraben, um ihn vor uns zu schützen. Der alte Knabe war klug, denn die Armee hat geplündert, und sein Schloß gehörte zu den unglücklichen, die es traf, aber wir haben kein Gold gefunden. Das ist erstaunlich. Wo das wohl herkommt und warum gerade jetzt, sechs Jahre später?«
Lucien packte den Gobelin so fest, daß seine Knöchel weiß wurden. »Marys Vision, da war doch ein See und Richard und Sabrina in einem Boot, nicht wahr?« fragte er beängstigt.
Terence nickte besorgt. »Und sie sind gestern nicht zurückgekehrt. Das Schloß ist eine Ruine. Ich weiß nicht, wo sie die Nacht verbracht haben könnten.«
Lucien faltete den Gobelin wieder zusammen und steckte ihn unter den Arm. »Ich glaube, wir sollten ein Wörtchen mit dem Wirt reden und herausfinden, was er uns sagen kann.«
Das Essen war inzwischen im Speisesaal serviert worden, zusammen mit Whisky und Bier.
»Erlaubst du, daß ich das in die Hand nehme, Lucien?« fragte Terence, als sie das Zimmer betraten und sich an den Tisch setzten. »Wenn wir die Sache überstürzen, wird er uns gar nichts erzählen, und Drohungen werden da auch nichts helfen. Ver-traust du mir?«
Lucien warf dem Wirt einen ungeduldigen Blick zu und wil-ligte dann mit einem Seufzer ein. »Na gut, aber brauche nicht zu lange«, warnte er, goß sich einen Whisky ein und kippte das ganze Glas, ohne mit der Wimper zu zucken hinunter. Sie aßen
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