Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geliebte Suenderin

Geliebte Suenderin

Titel: Geliebte Suenderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
lauschte. Sie hatte Mary gegenüber den narbengesichtigen Mann nie erwähnt.
    »Dann machte ich mir nur noch Sorgen. Ich fühlte nicht diesen kalten, verzweifelten Schmerz wie damals bei Großvaters Tod.«
    Mary lachte verlegen. »Ich weiß, es klingt verrückt und ergibt nicht viel Sinn, aber ich fühle, daß das, was passieren wird, unausweichlich ist.« Sie sah Sabrina hilfesuchend an.
    Sabrina erwiderte ihren Blick voller Ernst und nickte. »Na ja, solange du mich nicht am Galgen hängen siehst, ist ja alles gut.
    Ich werde nämlich den narbengesichtigen Mann heute abend treffen«, gab sie zögernd zu, »und wenn er nicht kämpft wie ein Löwe, kannst du mit mir im Morgengrauen rechnen.«
    »Es gibt also tatsächlich einen narbengesichtigen Mann?«
    fragte Mary erstaunt.
    »Ja, aber die Narbe entstellt ihn nicht«, erwiderte Sabrina. »Er sieht verwegen aus, und so ist er auch. Er ist derjenige, der auf John gefeuert hat.«
    Mary runzelte besorgt die Stirn. »Ich wünschte, mein Gefühl in dieser Sache wäre konkreter und ich könnte dich gezielt warnen. Ich ahne immer zuwenig, und das hilft dir nicht.«
    »O doch, Mary«, widersprach Sabrina. »Erinnerst du dich noch, wie du uns vor den Dragonern gewarnt hast, die uns an einem Abhang in den Hinterhalt locken wollten? Und damals, als Richard sich verirrt hatte und du genau wußtest, wo wir ihn suchen müssen? Oh, Mary, du hattest so oft recht, verzweifle jetzt nicht, nur weil du mir nicht alles sagen kannst.«
    »Aber warum sehe ich immer diesen narbengesichtigen Mann? Wer ist er? Und warum ist er wichtig für uns? Ich habe ihn schon in früheren Träumen gesehen«, gestand Mary. »Aber es ergibt keinen Sinn. Ist er ein Feind oder was?«
    »Natürlich ist er ein Feind, was denn sonst?« entgegnete Sabrina. »Ab heute abend wird er uns jedoch nicht mehr belästigen.«
    Mary schlug die Hände zusammen. »Ich hasse es! Ich hasse es, diese Zukunftsvisionen zu haben«, sagte sie unter Tränen. »Ich bin verflucht. Ich möchte normal sein, Rina. Ich will nicht anders sein. Manchmal denke ich, ich bin eine Hexe. Warum liebst du mich? Warum magst du mich überhaupt? Ich sehe nur Böses!«
    »Nein, Mary, du bist nicht böse. Deine Gabe ist ein Gottesge-schenk«, sagte Sabrina und legte beschwichtigend den Arm um Marys bebende Schultern.
    »Erinnerst du dich nicht an das englische Schiff, vor dem du uns gewarnt hast? Der französische Kapitän wird dir ewig dankbar sein. Und denk doch an die Nacht, in der du Will, John und mich gewarnt hast, nicht auf die Landstraße zu gehen. Am nächsten Tag hingen zwei Räuber am Galgen, die die Dragoner in der Nacht gefangen haben. Deine Gabe ist hilfreich und gut, Mary. Jetzt trockne deine Tränen und zeig mir ein Lächeln. Ich hab’ es satt, ständig lange Gesichter um mich zu haben. Will macht auch ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter.«
    Mary schenkte ihr ein etwas verwässertes Lächeln, dann erhob sie sich und strich ihre Röcke glatt. »Du hast recht, Rina. Trüb-sinn blasen hat keinen Sinn. Bestimmt wird alles gut. Es muß einfach.«
    Sabrina lächelte zufrieden. »Ich weiß, daß alles gut verlaufen wird. Hab’ ich bis jetzt einen Fehlschlag gehabt? Wir haben noch viele einträgliche Jahre vor uns, wart’s nur ab, du wirst schon sehen.«
     
    Sabrina war nicht ganz wohl in ihrer Haut, als sie und Will die vertraute Landschaft von Tälern und Wäldern verließen. Ein voller, gelber Mond erhellte die dunkle Nacht, als sie durch unwirtliches, wildes Heideland und durch einen dunklen Tan-nenwald ritten. Die Landschaft wandelte sich allmählich in etwas Bedrohliches. Die steinernen Dörfer sahen mit ihren hohen, mittelalterlichen Mauern wie Festungen aus. Die Felder und Alleen bildeten mit ihren Steinmauern und Zäunen ein Laby-rinth, das jede Flucht erschweren würde. In der Ferne sahen sie die schattenhaften Silhouetten großer Kamine von alleinstehen-den Häusern und kleine Niederungen. Vom Wind grotesk verkrüppelte Sträucher und Bäume umwuchsen die Gebäude.
    »Mir gefällt das überhaupt nicht«, sagte Will leise, aber seine Stimme hallte wie ein Donnerschlag in Sabrinas Ohren.
    Sie schaute zu ihm, seine massige, vertraute Gestalt beruhigte sie ein bißchen.
    »Jetzt ist es zu spät«, erwiderte Sabrina. Der dreifache Kamin des Hauses war vor ihnen aufgetaucht. Der redselige Diener hatte ihn und auch die Platanenallee, die zum Haus führte, in der Taverne erwähnt.
    »Irgendwie ist es zu still«, sagte Will mit

Weitere Kostenlose Bücher