Geliebte Suenderin
würde ihn nie wieder treffen. Und weil sie nicht riskieren wollte, ihm je wieder zu begegnen, würde sie nie mehr die Maske von Bonnie Charlie anlegen. Die Scharade war zu Ende, und Bonnie Charlie würde sich zurückziehen. Sie hatten jetzt genug Geld. Sie war müde, nervlich am Ende von der ständigen Angst und den Sorgen, und dieses letzte Fiasko hatte ihr Selbstvertrauen ruiniert.
Sie wußte, wenn das Spiel zu lange gespielt wurde, würde man sie erwischen, so wie es diesmal schon passiert war. Sie waren leichtsinnig geworden, und ihre Arroganz hatte sie in die Falle gelockt und sie fast den Kopf gekostet.
Nein, sie durfte nicht riskieren, Lucien noch einmal zu begegnen. Er würde sicher wütend sein, wenn er sie verlor. Und er würde sie suchen, sie kannte seine eiserne Entschlossenheit inzwischen. Sie mußte ganz vorsichtig sein. Sie mußte sich eine Weile verstecken, und er würde sicher bald eine Nacht wunder-voller Liebe vergessen, der vergeblichen Suche überdrüssig werden und anderweitig Zerstreuung suchen. Es war eine bittere Pille, sich eingestehen zu müssen, daß sie für ihn nur eine Zerstreuung war. Er liebte sie nicht, wollte nur seine Wollust befriedigen.
Sabrina sah ihn voller Liebe an. Warum sollte sie etwas anderes für ihn sein? Wie viele Geliebte hatte er schon gehabt, seit er zum Mann geworden war? Aber für sie war er etwas Besonderes.
Lucien war ihre erste Liebe. Der idealisierte Traummann eines jungen Mädchens, der ihre Leidenschaft geweckt und sie vom unschuldigen Mädchen zur Frau gemacht hatte. Lucien würde für sie immer etwas Besonderes sein, nicht nur, weil er ihr erster Geliebter gewesen war, sondern weil er der Mann war, den sie liebte.
Sie hatte sich in den narbengesichtigen Mann verliebt. Nein, nie wieder würde sie ihn so nennen. Sie schaute hinunter in sein schlafendes Gesicht, und ihre violetten Augen waren ein Spiegel ihrer Liebe zu ihm. Sie zeichnete mit der Fingerspitze die grausame Narbe nach, zart wie ein Schmetterling, dann den fein geschwungenen Mund, der zu einem leichten Lächeln verzogen war. Seine Wimpern waren lang, und sie fuhr mit dem Finger die feinen Härchen entlang. Seine etwas schrägstehenden Augen ähnelten denen eines Satyrs, und Sabrina lächelte bei dem Gedanken an sein leidenschaftliches Liebesspiel.
Plötzlich übermannte sie die Verzweiflung ob ihres auser-wählten Schicksals, und getrieben von dieser Woge ihres unab-
änderlichen Loses, ließ Sabrina ihre Finger durch das drahtige Haar auf Luciens Brust streifen und küßte mit leichtem Knabbern sein Gesicht.
Lucien schlug überrascht die Augen auf, sie strahlten, als er ihr herzförmiges Gesicht über sich sah. Er drückte sie fest an sich, fand ihren weichen Mund mit seinem und sog ihre Süße ein wie die Biene den Nektar einer Blume.
»Ah, Kleine, wie sehr du mich erfreust«, murmelte er, als ihre kleine Hand ihn dreist liebkoste. Er sah überrascht in ihre funkelnden Augen, und was er sah, gefiel ihm. Sie hatte das Spiel übernommen und brannte nach ihm, führte ihn jetzt mit wachsender Leidenschaft. Ihre feurige Reaktion und zügellose Leidenschaft entfachte eine Flamme in ihm, und er nahm sie heftig, immer und immer wieder, bis sie so ineinander verstrickt waren, daß keiner mehr sagen konnte, wo sie nicht eins waren.
Sabrina sah hinunter zu Lucien, der tief und fest schlief, und versuchte, sich jeden seiner Gesichtszüge einzuprägen. Sie wandte sich langsam ab und schlich auf Zehenspitzen zur Tür, öffnete sie behutsam und schlüpfte geräuschlos hinaus. Sie schloß sie leise hinter sich, ohne sich noch einmal nach dem schlafenden Mann im Bett umzusehen. Sie warf einen prüfenden Blick den Gang entlang, dann eilte sie zu einer offenstehenden Tür und sah hinein. Die zerwühlten Laken und persönlichen Habseligkeiten im Zimmer zeigten, daß Lucien hierhergezogen war, nachdem sie in seinem Zimmer gesund gepflegt wurde.
Bestimmt hatte er zur Sicherheit ihre Kleider und Waffen hier-hergebracht. Sabrina ging instinktiv zu einer Truhe am Fuß des Bettes, öffnete den Deckel und grinste erleichtert, als sie ihren Rock und ihre Hose darin entdeckte. Darunter war ihre Pistole, ihr Degen und ihr Dolch. Ihr Hemd und die Weste waren wahrscheinlich zu schmutzig und zerrissen, um noch repariert werden zu können, dachte sie und zog sich ihre Strümpfe über die Hosen. Sie stieg in ihre Stiefel, zog sie hoch und packte ihre Waffen. Hocherfreut entdeckte sie in einer Ecke der Truhe ihre Maske
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