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Geliebte Suenderin

Geliebte Suenderin

Titel: Geliebte Suenderin Kostenlos Bücher Online Lesen
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Kutscher betrachtete die Trümmer, dann sagte er, mit einem besorgten Blick auf den Herzog, der trotz seiner zerfled-derten Kleidung sehr würdevoll dastand: »Versteh’ nicht, wie der Wagen so schnell fahren konnte. Die Straße ist doch gar nicht so steil. Kommt mir ein bißchen komisch vor, Euer Gnaden.«
    In diesem Augenblick kam einer der Lakaien angelaufen, ganz aufgeregt und außer Atem. »Da drüben sagt ein Kerl, er hätte gesehen, wie zwei Rowdies den Wagen die Straße hinunterge-schoben und dann zugeschaut haben, wie er schneller wurde, dann sind sie abgehauen.«
    »Wie es scheint, hat sich jemand die größte Mühe gegeben, mich ins Jenseits zu befördern«, sagte Lucien barsch und sah zu seinem Kutscher, der auf das Pflaster spuckte und dann eine Schimpftirade auf die unbekannten Angreifer losließ.
    »Ich schlage vor, du besorgst mir ein anderes Transportmittel«, befahl Lucien, als er sich der Kutschen bewußt wurde, die langsam an der Unfallstelle vorbeirollten. »Ich fühle mich etwas exponiert hier, nur mit einem Schuh.«
    Mit zweistündiger Verspätung traf Lucien schließlich an der großen Mahagonitür des Hauses am Berkeley Square ein, in dem die Herzoginwitwe residierte. Der Majordomus brauchte einige Zeit, bis er den Herzog erkannte, doch dann führte er ihn mit aller gebührenden Hochachtung durch die Eingangshalle, in der zahlreiche livrierte Diener standen, zum Salon und bat ihn zu warten.
    Lucien sah auf die Uhr und mußte grinsen, als ihm klar wurde, daß man ihn, zur Vergeltung für sein Zuspätkommen, warten ließ. Er kannte die Vorgangsweise im Haus seiner Großmutter am Berkeley Square viel zu gut, somit konnte er ihren nächsten Zug immer vorhersehen. Trotzdem amüsierte und irritierte es ihn immer wieder, was, wie er wußte, der Zweck der Übung war.
    Nur dieses Mal würde er sie schachmatt setzen.
    Lucien machte es sich bequem und holte ein Kartenspiel heraus, das er für genau diesen Zweck bei sich hatte. Er mischte die Karten und legte eine Patience auf einem Gobelinstuhl, den er sich zur Sitzbank gezogen hatte. Eine halbe Stunde später, er amüsierte sich immer noch mit seinen Karten, kam der Majordomus herein und verkündete, daß man ihn jetzt empfangen würde.
    Lucien schaute gelangweilt hoch und spielte gelassen eine weitere Karte aus. »Sobald ich fertig bin. Sie können Ihrer Gnaden sagen, daß ich in Kürze bei ihr sein werde«, sagte er und wandte sich wieder seinen Karten zu. Er grinste, als der Majordomus, ganz die gekränkte Würde, steif nickte und aus dem Zimmer ging. Luciens Lachen begleitete ihn.
    Fünfzehn Minuten später erschien Lucien vor der Tür des oberen Salons, klopfte und trat ein, dann ging er auf den großen Ohrensessel zu, der wie ein Thron vor dem Fenster stand, so plaziert, daß das Licht auf den Besucher fiel, der jetzt auf dem kleinen Stuhl gegenüber Platz nahm.
    »Bonjour, Grandmère.« Lucien begrüßte die Herzoginwitwe mit einem Lächeln und küßte ihre Hand, die sie ihm majestätisch entgegenstreckte.
    Die Herzogin schnaubte verächtlich. »Ein guter Morgen, in der Tat! Mich zweieinhalb Stunden warten zu lassen. Unverschämt, aber das warst du ja schon immer.«
    »Für dreißig Minuten dieser zweieinhalb Stunden seid Ihr aber verantwortlich, wenn ich mich recht erinnere«, sagte Lucien frech.
    Die Herzogin mußte lachen. »Du willst wohl versuchen, mich in meinem eigenen Spiel zu schlagen?«
    Lucien setzte sich, leise lachend. »Das ist bis jetzt noch niemandem gelungen, Grandmère.«
    Die Herzogin lächelte und beugte sich nach vorn, gestützt von ihrem Stock, und ihre blaugeäderte Hand zitterte leicht, als sie damit an Luciens gestiefeltes Bein klopfte. »Du beleidigst mich, indem du wie ein Stallknecht vor mir erscheinst. Ihr jungen Gecken schert euch doch keinen Deut darum, wie ihr ausseht.
    Kein Wunder, daß Blanche halb verrückt aus Angst vor dir ist.
    Manchmal habe ich das Gefühl, ich habe einen Fehler gemacht, als ich sie für dich ausgesucht habe.«
    Lucien begegnete gelassen dem Blick der sherryfarbenen Augen, die den seinen so ähnlich waren. »Ich glaube, es liegt vielleicht an der Narbe, Grandmère. Sie fürchtet, daß ich nicht nur aussehe wie ein Freibeuter«, bemerkte Lucien sarkastisch.
    Die Herzogin schnaubte verächtlich. »Zu meiner Zeit - na ja, das ist Vergangenheit, aber die Schönheiten, die heutzutage her-umspazieren, haben keinen Mumm. Bestehen nur aus einem Haufen Spitze und Schleifen«, beklagte sie sich. Sie

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