Geliebte Teufelin
möglichen Hacker-Freunde rund um die Welt um Hilfe gebeten, aber niemand hat es bisher geschafft. Es tut mir sehr leid, aber ich fürchte, wir können dir nicht helfen.“
Niemand sagte mehr etwas, Lisbeth schaute verlegen auf ihre Fingernägel, Ronny steckte sich eine Zigarette an und Albert schaltete das Gerät aus. Luzia saß auf der Liege, schüttelte den Kopf und konnte es nicht fassen. Die besten Hacker der Welt kö n nen diesen Scheiß-Code nicht knacken? Irgendjemand muss es doch können.
„Es gibt jemanden, den wir noch nicht gefragt haben.“ Lisbeths Stimme war so leise, dass sie kaum zu verstehen war.
„Wir haben alle gefragt“, Ronny schüttelte den Kopf.
„Alle, bis auf einen. Ihn konnten wir nicht fragen.“
„Du denkst doch nicht etwa an?“ Albert machte ein ungläubiges Gesicht.
„An wen?“ Luzia schöpfte neue Hoffnung.
„Ich denke, sie meint Freddy, oder? Das ist doch nicht dein Ernst?“ Ronny tippte sich an die Stirn.
Lisbeth nickte zustimmen d : „Genau, Freddy Krüger.“
„Der Freddy Krüger aus den Horrorfilmen?“ Luzia fühlte sich im falschen Film.
„Eigentlich heißt er Friedrich Hollmann. Wir haben ihm nur den Spitznamen geg e ben, weil er seinen Chef, dessen Sekretärin und noch drei andere Leute aus seiner Firma aufgeschlitzt hat“, erklärte Lisbeth.
„Und aus welchem Grund?“
„Ganz einfach, Freddy war, beziehungsweise ist der weltbeste Programmierer, den ich kenne. Er ist durchgedreht, weil er einen neuen Computer, den er beantragt hatte, nicht bekommen hat.“
„Deshalb hat er alle diese Leute umgebracht?“
„Na ja, das Problem an der Sache war, dass er einen Computer für drei Millionen Euro haben wollte, seine Firma aber nur eine halbe Million ausgeben konn te. Er ist als kleines Kind schon immer durchgedreht, wenn man ihm sein Spielzeug wegg e nommen hat. Und jetzt sitzt er in der Klapse, in der geschlossenen.“
„Deswegen konntet ihr ihn nicht fragen.“
„Genau, niemand kommt an ihn ran.“
„Niemand stimmt nicht so ganz…“ , alle schauten sie an, „ich komme überall rein, wo ich will.“
Die falschen Polizistinnen
Weitere zwei Tag e später, psychiatrische Klinik St. Augustin, Bücherei der geschlo s senen Abteilung.
Die Klinik hatte in der Branche den Ruf eines Luxushotels mit hervorragender med i zinischer Betreuung. Entsprechend hoch waren auch die Tagessätze, die die Priva t patienten zu zahlen hatten. Für Kassenpatienten gab es Unterbringung und Behan d lung in abgespeckter Version. Obwohl Friedrich Hollmann nur gesetzlich kranke n versichert war, wurde er wie ein Patient erster Klasse behandelt und genoss alle Pr i vilegien der privat Versicherten.
Hollmann saß schon seit zwei Stunden am Bücherei-Computer und spielte Schach mit einem selbst entwickelten Programm. Er war ein angenehmer Patient, der nie irgendwelche Scherereien machte. Im Aufnahmegespräch mit dem Chefarzt Prof. Dr. Z iesmer hatte er sich geweigert, auch nur ein Wort über den Grund seiner Einwe i sung zu reden. Als Ziesmer ihn jedoch nach seinen Vorlieben, wie Hobbys und Lie b lingsessen befragt hatte, sagte er nur ein Wort: „Schach“. Für den Professor war dies eine willkommene Gelegenheit, das Vertrauen des Patienten zu gewinnen. Er selbst spielte seit seiner Kindheit Schach und hatte bereits als Zwanzigjähriger den Titel „Großmeister“ errungen. Beim Kandidatenturnier für die Schachweltmeisterschaft war er nur knapp gescheitert. Gegen Hollmann hatte er jedoch nicht die geringste Chance. Hollmann hatte ein fotografisches Gedächtnis und konnte in Sekunde n schnelle zwanzig Züge im Voraus planen. Er war nie Mitglied in einem Schachclub gewesen und hatte auch noch nie an Turnieren teilgenommen, aber trotzdem spielte er schon seit längerem mit dem russischen Weltmeister Andrej Anatev Fernschach. Die Verbindung hatte er vor einem Jahr während des Weltmeisterschafts-Turniers hergestellt. Anatev spielte gegen den indischen Großmeister Ravi Armanji und brauchte noch einen Sieg, um das Turnier zu gewinnen. Hollmann verfolgte alle Pa r tien live im Internet und entwickelte parallel zu den Spielen eigene Lösungsstrat e gien. Verblüffender Weise machte Anatev 95 Prozent seiner Züge genauso wie Hollmann es vorausgesehen hatte, nur mit dem Unterschied, dass er wesentlich mehr Zeit zum Überlegen brauchte. Als die entscheidende Partie nach dem 35. Zug für 12 Stunden unterbrochen wurde, suchte Hollmann nach einer Lösung. Nach Meinung mehrerer
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