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Geliebte Widersacher 03 - Zaertlicher Winter

Geliebte Widersacher 03 - Zaertlicher Winter

Titel: Geliebte Widersacher 03 - Zaertlicher Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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nichts mehr in Rage bringt, als ein Mann, der eine Frau über ihren Körper belügt.“ Seine Lippen verzogen sich verächtlich.
    Lydia biss sich auf die Lippe. Dr. Jonas Grantham sagte viel zu ihr, meist mit einem sardonischen Glitzern in den Augen. Das hier war das Erste, was er zu ihr sagte, von dem sie glaubte, dass er es völlig ernst meinte. Seine Finger umklammerten die Griffe seiner Tasche, und er blickte in die Ferne.
    „Wie seltsam, dass Sie das sagen.“ Sie nahm ihren Korb auf. „Ich habe so viel enthüllt, worüber Sie sich aufregen sollten – meine Dummheit, mein fehlgeleitetes Vertrauen, mein Versagen darin, meine Tugend zu wahren. Und Sie ärgert es mehr, dass er mich belogen hat, als dass er Geschlechtsverkehr mit mir hatte?“
    „Ja“, erwiderte heftig. „Wenn ich eines gelernt habe, dann dass wir so gut wie nichts wissen. Krankheiten sind ein Rätsel. Gesundheit ist unerklärlich. Über den Körper und seine Funktionsweise ist praktisch nichts bekannt. Wir können nur die Geheimnisse der Toten erforschen. Und in all dieser finsteren Unwissenheit wird uns manchmal ein seltener Moment der Erkenntnis gewährt, des Begreifens. Die Wahrheit ist ein Geschenk.“
    Sie fühlte sich ganz komisch. Ihre Brust war zu eng, ihre Augen brannten. Lydia schüttelte heftig den Kopf. Sie wollte nicht solche Leidenschaft wecken.
    Aber er machte eine kurze Bewegung auf sie zu, streckte seine Hand aus, zog sie aber gleich wieder zurück. Er biss die Zähne zusammen und schaute weg.
    „Ich glaube“, sagte er, „dass in der Hölle ein besonderer Ort denen vorbehalten ist, die die Wahrheit vorsätzlich verbergen. Und ich hoffe, dass dieser Mann – wer auch immer er ist – dort brennt.“

Kapitel Fünf

    M RS. H ALL WAR im achten Monat schwanger.
    Jonas war sich nicht sicher, ob Miss Charingford entsetzt wäre über die sehr sichtbare Schwangerschaft der anderen Frau oder sich darüber freuen würde – er konnte nie zutreffend einschätzen, wie Frauen reagierten.
    Aber Lydia begrüßte Mrs. Hall, wie sie alle Menschen begrüßte – mit einem herzlichen fröhlichen Lächeln, mit freundlichen Bemerkungen und Komplimenten.
    „Diese Vorhänge sind aber schön“, bemerkte Lydia ernsthaft. „Sie sind sowohl praktisch als auch sehr hübsch. Jetzt sagen Sie nicht, Sie hätten sie selbst genäht.“
    Jonas war nie gut darin gewesen, so eine Unterhaltung zu führen. Das Labyrinth aus Regeln, das zu solch freundlichen Worten gehörte, machte ihn gewöhnlich ratlos. Aber Miss Charingford beherrschte es perfekt. Er hätte ihr stundenlang zusehen können, wie sie Leute zum Lächeln brachte.
    Wenn er Mrs. Hall sah, sah er keine Frau, die Vorhänge nähte. In seinen Augen war sie nicht schlank, sie war unterernährt. An ihrem dürren Körper wirkte ihr durch die Schwangerschaft aufgeschwollener Bauch grotesk.
    Es gab eine Krankheit, die nur Frauen befiel, und Mrs. Hall hatte sie. Es war keine Krankheit, mit der man sich ansteckte. Sie hatte auch keinen Namen. Es war ein Leiden, das Jahre brauchte, bis es ausbrach, und es kam so schleichend, dass die Leute kaum merkten, was geschah. Es traf Reiche wie Arme – auch wenn wie bei allen Krankheiten besonders die Armen darunter litten.
    Miss Charingford ging von Mrs. Hall zu ihren Kindern, ohne auch nur einmal zu Jonas zu blicken. Sie hatte ihn seit ihrem Ausbruch vorhin nicht angesehen.
    Nicht, dass es von Bedeutung wäre. Jetzt musste er arbeiten. Jonas wandte sich seiner Patientin zu.
    „Ich habe noch einen Zahn verloren“, teilte ihm Mrs. Hall leise mit. „Vor zwei Nächten.“
    Ihre Haut fühlte sich trocken und schuppig an, sie hatte tiefe Ringe unter den Augen. Ihre Kinder versammelten sich um Lydia. Sie hatte aus ihrem Korb Unmengen Wollstrümpfe geholt, die sie jetzt verteilte.
    „Gut, dass Sie sie mitgebracht haben“, erklärte Mrs. Hall. „Früher mal, da habe ich keine Almosen angenommen. Jetzt aber …“ Sie zuckte die Achseln, als wollte sie damit sagen, dass sie alles nehmen würde, was sie bekommen konnte.
    „Ihr Herzschlag ist in Ordnung“, sagte er und ließ ihr Handgelenk los. „Aber eben nur gerade so. In Ihren Lungen ist etwas Flüssigkeit. Ich denke, falls Sie die Gelegenheit haben, sich auszuruhen und zu erholen, sollten Sie im nächsten Monat nicht zu sehr zu leiden haben.“
    Sie nickte dazu. „Ich habe schon acht“, erwiderte sie. „Ich weiß, wie man es macht, Doktor.“
    „Es ist nicht die Geburt selbst, die mir Sorgen bereitet.“
    Er

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