Geliebte zweier Welten: Roman (German Edition)
Erinnerungen heimgesucht wurde. Später würde sie in Erfahrung bringen, was die Firma wirklich beabsichtigte, woran sie arbeitete und was ihr verstorbener Vater alles geleitet hatte. Wenn es stimmte, was Caleb sagte, dann würde sie das nicht weiter zulassen. Sie töteten Wesen, die selbst Kinder hatten. Kinder, die anders waren und die darunter litten zu sehen, wie ihre Eltern getötet wurden. Ein Kind war und blieb ein Kind, egal, welchem Wesen es entstammte.
Sie hatte ihren Vater sterben sehen. Warum bedauerte sie seinen Tod nicht? Warum nur?
Sie ballte die Fäuste und schlug damit auf den weichen Boden. Sie spürte, wie ihre Schläfe feucht wurde. Sie wischte die Feuchtigkeit mit der Hand ab und stellte fest, dass es eine Träne war und dass sie weinte.
»Das reicht, genug geweint …« Sie richtete ihren Oberkörper auf und blieb mit gekreuzten Beinen sitzen.
Sie hatte um nichts davon gebeten. Sie hatte nicht gewählt, das zu entdecken, was sie entdeckt hatte. Sie steckte bis zum Hals in etwas, das sie nicht wollte, in einem Krieg, der nicht der ihre war. Aber sie war darin verwickelt worden. Das reichte jetzt.
Sie hatte nichts. Sie war allein. Was konnte sie noch verlieren? Sie war nicht feige. Und sie gehörte auch nicht zu denjenigen, die sich die Decke über den Kopf zogen, um die Welt um sich herum zu vergessen.
Eine Welt voller Dunkelheit, Blut und Klans hatte sie aus ihrem bequemen und angenehmen Leben geholt. Jetzt mussten alle die Konsequenzen tragen.
Caleb allen voran. Warum musste sie immerzu an ihn denken? Sie rieb sich die Handgelenke und blickte ins Leere.
Dann stand sie auf. Sie sah sich nach beiden Seiten um und lief, ohne darüber nachzudenken, den Hügel hinunter bis zum Ufer des Flusses. Sie achtete darauf, dass keiner sie sah, und stieg in den Fluss. Das Wasser war kalt, doch sie begrüßte diesen Temperaturwechsel, denn er brachte sie zurück in die Realität. An der Oberfläche schwirrten kleine Stechmücken. Gott sei Dank führte der Fluss nicht viel Wasser. So schnell sie konnte versteckte sie sich unter der Steinbrücke und tastete die Ziegel ab.
Ein Ziegelstein, der fast ganz vom Wasser bedeckt war, trug eine Inschrift.
J A T FOREVER .
J A T auf ewig?
Sie war darauf bedacht, dass keiner sie sah. Langsam wurde es dunkel, es kamen keine Menschen mehr vorbei. Sie führte die Finger an den Seiten des Ziegels entlang. Es fühlte sich so an, als ob da nichts wäre. Und … er bewegte sich …
Neugierig versuchte sie den Ziegelstein zu lösen. Es fiel ihr ziemlich schwer. Nur noch ein bisschen und … zack. Der Ziegelstein kam heraus und lag in ihrer Hand. Sie lächelte und sah das schwarze Loch in der Wand an. Sie führte eine Hand vorsichtig tastend ein. Gab es dort Ratten? Denk nicht daran.
Sie berührte feuchte Erde, eine raue Wand und etwas, das in ein Tuch eingehüllt war. Sie steckte ihren halben Arm hindurch, um es zu erreichen und mit Kraft herauszuholen.
Papa und Mama haben dir zwei Geschenke dort gelassen. Sie sind in dem magischen Stein unter der Brücke im West Park versteckt. Erinnerst du dich an den Stein, mein Schatz? Erinnerst du dich an Wolverhampton?
Stimmte das? Es gelang ihr, das Tuch mitsamt dem darin befindlichen Gegenstand herauszuholen. Es war rechteckig, dick und schwer. Um Himmels willen, es stimmte also alles.
Sie rannte aus dem Wasser wie eine Besessene. Sie hielt diesen Schatz fest, als würde er das Leben beinhalten. Sie sah zum Himmel, die Sonne ging so langsam unter. Ein schlechter Zeitpunkt.
Mit tropfender Jeans, nassen Füßen und zitternden Händen suchte sie nach einem Unterschlupf im Park. Der Fuß eines Baumes, ein Gestrüpp, der Schutz einer Mauer, irgendetwas, das ausreichen würde, um zu untersuchen, was sie bei sich hatte.
Sie traf auf eine Baumgruppe, die einen Kreis zu bilden schien. Sie setzte sich hinter diese und wurde von den Baumstämmen verdeckt. Sie kniete sich hin, legte ihren Schatz auf den Rasen und entfernte das schmutzige Tuch. Die Geschenke waren gegen die Feuchtigkeit mit einer isolierenden Plastikfolie eingebunden. Auch diese entfernte sie, und dann entdeckte sie zum ersten Mal, was die ganze Zeit unter der Brücke versteckt gewesen war.
Ein Buch. Es hatte einen festen Einband mit kleinen grünen Edelsteinen. In der Mitte stand mit dunkleren Topasen: JADE .
In der schützenden Plastikfolie war ein weiterer, weniger sorgfältig eingepackter Gegenstand erkennbar. Ein wertvolles, hervorragend verarbeitetes Messer.
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