Geliebter Barbar
scherzte.
Iain scherzte keinesfalls. Himmel, er sah … besorgt aus. Und unglaublich verletzbar. Judith war überrascht und sehr, sehr glücklich. Sie kam in seine Arme zurück. »Ich liebe dich«, flüsterte sie. »Natürlich bin ich gerne mit dir verheiratet.«
Er drückte sie fest an sich. »Und wirst mir daher auch gern deine Probleme überlassen«, folgerte er.
»Manchmal bestimmt«, sagte sie. Sie dachte nicht daran, ihm ganz zuzustimmen. »Und manchmal werde ich sie selbst regeln.«
»Judith …«
Sie unterbrach ihn. »Frances Catherine hat mir erzählt, daß du für Patrick immer mehr Vater als Bruder gewesen bist. Du hast schon als Kind seine Probleme gelöst, nicht wahr?«
»Vielleicht, als wir jünger waren«, gab er zu. »Heute, da wir erwachsen sind, entscheiden wir gemeinsam, was zu tun ist. Er verläßt sich genauso auf mich, wie ich mich auf ihn. Aber was hat mein Bruder mit uns zu tun? Du willst doch, daß ich für dich sorge, oder?«
»Ja, natürlich«, antwortete sie. »Ich will dir nur keine Last sein. Meine Probleme möchte ich mit dir teilen, nicht sie an dich abgeben. Verstehst du? Ich will zu dir gehören, möchte wichtig genug für dich sein, daß du auch deine Sorgen mit mir teilst. Kannst du nicht lernen, mich genauso ernst zu nehmen wie Patrick?«
Iain wußte darauf keine Antwort. »Ich will darüber nachdenken«, sagte er schließlich.
Sie lehnte sich gegen ihn, so daß er ihr Lächeln nicht sehen konnte. »Das ist alles, worum ich dich bitte.«
»Ich versuche, offen für neue Ideen zu sein, Judith.«
»Ja, natürlich tust du das.«
Sie berührte sein Kinn mit ihren Lippen. Er beugte sich nieder und küßte sie lang und innig und bedauerte sehr, sie wieder loslassen zu müssen, aber schließlich schob er sie von sich weg.
Judith entdeckte Andrew, der in einiger Entfernung wartete.
Ohne sich umzudrehen, rief Iain: »Bist du bereit, Andrew?«
»Ja, Clansherr«, rief er zurück.
»Woher wußtest du, daß er da hinten steht?« wunderte Judith sich.
»Ich habe ihn gehört.«
»Ich nicht.«
Er lächelte. »Das brauchtest du ja auch nicht.«
Seine Bemerkung ergab in ihren Augen keinen Sinn, hörte sich nur ziemlich arrogant an.
»Wohin bringst du ihn?« fragte sie leise, daß der Junge sie nicht verstand.
»Zu den Ställen«, antwortete Iain. »Er wird dem Stallmeister helfen.«
»Ist das seine Strafe? Iain, glaubst du nicht …?«
»Wir reden heute abend darüber«, unterbrach er sie.
Sie nickte, glücklich darüber, daß er ihr nicht befohlen hatte, sich ganz aus dieser Sache herauszuhalten. »Wie du möchtest«, sagte sie deshalb gefügig.
»Ich möchte, daß du zur Festung zurückkehrst.«
Sie nickte, verbeugte sich kurz vor ihm und ging dann den Hügel hinauf.
»Ruh dich diesen Nachmittag aus«, rief er hinter ihr her.
»Ja, Iain.«
»Ach meine, was ich gesagt habe, Judith.«
Sie begriff, daß er Widerspruch erwartet hatte, und als er keinen bekam, schien er angenommen zu haben, sie würde ihm ohnehin nicht gehorchen. Judith verbiß sich das Lachen. Ihr Mann begann sie zu verstehen.
Sie hielt ihr Versprechen. Frances Catherine kam sie besuchen, und als Patrick schließlich seine Frau wieder nach Hause geleitete, ging sie hinauf in ihr Zimmer. Ihre Gedanken kreisten um Frances Catherines bevorstehende Geburt, die ihr noch Sorgen machte, aber Judith war eine mögliche Lösung eingefallen. Sie hielt sich nicht für erfahren genug, zu wissen, was zu tun war, falls es Komplikationen gäbe. Aber sollte Helen das Problem nicht lösen können? Judith hoffte zumindest, daß Andrews Mutter sich ihr gegenüber nun freundlicher verhalten würde. Und wenn sie es geschickt anpackte, konnte sie die Hebamme vielleicht zur Mitarbeit überreden, ohne Agnes hineinziehen zu müssen.
Frances Catherine würde garantiert einen Anfall bekommen? Judith wollte ihre ganze Überzeugungskraft mobilisieren, um ihre Freundin davon zu überzeugen, daß Helen eine Hilfe und kein Hindernis sein würde.
Inständig hoffend, daß sie damit recht hatte, übermannte sie schließlich der Schlaf.
12. Kapitel
Judith schlief diesmal die ganze Nacht durch. Als sie aufwachte, hatte Iain das Zimmer schon verlassen. Dann fiel ihr ein, daß sie sich beeilen mußte, es gab eine Menge zu tun.
In einer Ecke entdeckte sie ihre Taschen, die jemand sorgfältig gestapelt hatte. Sie nahm an, daß es Iain gewesen war. Nachdem sie die Sachen in die kleine Truhe geräumt und das Zimmer in Ordnung gebracht hatte,
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