Geliebter Barbar
war seine Pflicht, sie dies alles zu lehren. Und wenn sie es nicht lernte?
Sie wollte nicht, daß er sie für unfähig hielt. Lieber sterben!
»Judith?«
Seine Stimme war kaum lauter als ein Flüstern. Dennoch zuckte sie zusammen. Er merkte es, merkte auch, wie nahe sie einer Ohnmacht war. Und er glaubte zu wissen, warum.
»Wir können jetzt gehen«, sagte sie mit bebender Stimme. Aber sie bewegte sich nicht. Sie hatte ihre Tasche im Schoß liegen und schien sich am Griff festklammern zu wollen. Iain verbarg sein Lächeln. Er kam zu dem Bett hinüber und setzte sich neben sie.
»Warum sitzt du denn hier?« fragte er.
»Ich habe nur nachgedacht.«
»Worüber?«
Sie gab ihm keine Antwort und sah ihn auch nicht an. Ihr Blick war auf ihren Schoß geheftet.
Iain wollte sie nicht drängen. Er beschloß, so zu tun, als hätten sie alle Zeit der Welt. So saßen sie einige Minuten lang schweigend nebeneinander auf dem Bett. Judith konnte hören, wie Frances Catherine mit ihrem Mann flüsterte. Das Wort ›Blumen‹ fiel, und sie nahm an, ihre Freundin beschwerte sich gerade bei Patrick über die Hochzeitszeremonie.
»Kann ich heute abend ein Bad nehmen?«
»Ja.«
Sie nickte. »Sollten wir nicht gehen?«
»Hast du genug nachgedacht?«
»Ja, danke.«
Er stand auf. Sie reichte ihm ihre Tasche. Dann nahm er ihre Hand und führte sie zur Tür.
Frances Catherine versperrte ihnen den Weg. Sie wollte, daß die beiden zum Essen blieben. Da bereits alles fertig war, nahm Iain an. Judith war viel zu nervös, um zu essen, doch Iain hatte solche Probleme nicht. Er und Patrick aßen beide wie Männer, die gerade die vierzigtägige Fastenzeit überstanden hatten.
Nach dem Essen wollte er jedoch keine Zeit mehr verlieren und Judith genausowenig. So gingen sie Hand in Hand zur Festung.
Drinnen war es finster, und Iain brachte sie in den zweiten Stock hinauf. Seine Schlafkammer lag links von der Treppe, die erste von drei Türen in einem langen Flur.
Das Zimmer glühte vor Licht und Wärme. Ein helles Feuer brannte und verbreitete eine wohlige Hitze. Iains Bett nahm einen großen Teil der Wand links von der Tür ein. Eine Überdecke in den Clansfarben war darübergebreitet, und daneben befand sich eine kleine Truhe mit zwei Kerzen darauf.
Es gab nur einen Stuhl in der Nähe des Kamins. Eine viel größere Truhe war an die gegenüberliegende Wand geschoben worden. Auf ihrem Deckel stand ein viereckiges verziertes und goldgefaßtes Kästchen.
Iain schien nichts für Tand übrig zu haben. Der Raum war zweckmäßig und nüchtern, ganz wie der Mann, der in ihm schlief. Vor die Feuerstelle hatte man eine riesige Holzwanne gestellt, und Dampf stieg vom Wasser hoch. Iain hatte sie also schon geordert, bevor sie darum bat.
Er warf ihre Tasche aufs Bett. »Brauchst du noch irgend etwas?« Sie brauchte etwas, das ihr die Angst nahm, aber sie sprach diesen Gedanken nicht aus. »Nein, vielen Dank.« Mit gefalteten Händen stand sie in der Mitte des Raumes und wartete und betete, daß er gehen möge, damit sie allein ihr Bad nehmen konnte.
Iain dagegen wunderte sich, warum sie noch zögerte. »Brauchst du Hilfe beim Auskleiden?« fragte er.
»Nein«, platzte sie entsetzt heraus. »Ich weiß, wie es geht«, fügte sie etwas sanfter hinzu.
Er nickte und winkte sie dann mit gekrümmtem Finger zu sich heran. Diesmal zögerte sie nicht. Einen Schritt vor ihm blieb sie stehen.
Er war zufrieden, daß sie nicht zurückwich, als er seine Hand nach ihr ausstrecke. Sanft strich er ihr das Haar über die Schultern zurück und schob seine Finger dann in den Ausschnitt ihres Kleides, um die Kette hervorzuziehen.
Er sagte kein Wort, bis er ihr die Kette und den Ring abgenommen hatte.
»Erinnerst du dich an das Versprechen, das du mir heute abverlangt hast?«
Sie nickte. Lieber Gott, er wollte ihr doch jetzt nicht sagen, daß er seine Meinung geändert hatte?
Er sah die Angst auf ihrem Gesicht und schüttelte den Kopf.
»Ich habe noch nie mein Wort gebrochen, Judith, und ich werde es auch jetzt nicht tun.« Sie entspannte sich sofort wieder, und er wußte, daß er ins Schwarze getroffen hatte. »Wenn du mich besser kennen würdest, hättest du dir darüber keine Sorgen zu machen brauchen.«
»Aber ich kenne dich nicht besser«, flüsterte sie als Entschuldigung.
»Es gibt etwas, das du mir versprechen sollst«, erklärte er ihr. Er ließ Kette und Ring in ihre Hand fallen. »Trage dies niemals im Bett.«
In ihren Ohren klang das nicht wie
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