Geliebter Feind
sie erkannte, daß sie nicht viel besser war als er. Hatte sie nicht vor ihrer Eheschließung ausschließ-
lich daran gedacht, Ashbury für sich und Elizabeth zurückzugewinnen? Ihre Motive waren genauso selbstsüchtig gewesen wie Rodericks. Doch das hatte jetzt ein Ende!
Ihr Herz pochte vor Erregung. Sie senkte den Kopf, damit Roderick ihr ihre Absichten nicht etwa ansah. Sie mußte ihn aufhalten, nur wie? Gegenwärtig vermochte ihr Verstand keinen klaren Plan zu entwerfen.
„Legt sie ab!" befahl Roderick kalt und deutete mit dem Kopf auf Brenna, die eingeschlafen war. „Wenn nicht, tue ich das, und ich kann nicht dafür garantieren, daß ich in meiner Hast, Euch zu nehmen, allzu behutsam mit ihr umgehen würde."
Die Vorstellung, er könnte sie berühren, war ihr unerträglich, dennoch tat Kathryn, wie ihr geheißen. Sie bettete Brenna auf einen kleinen Stapel Felle zwischen zwei Bäumen.
Sehr langsam richtete sie sich wieder auf, bemüht, den unver-meidlichen Augenblick so lange wie möglich hinauszuzögern.
Sie fürchtete, nicht viel gegen Roderick ausrichten zu können, denn erstens konnte sich ihre Körperkraft selbstverständlich nicht mit seiner messen, und zweitens mußte auch an Brenna gedacht werden.
Kathryn ekelte es davor, daß Roderick ihr gleich beiwohnen würde. Sie hoffte nur, daß sie hinterher, wenn er eingeschlafen war, würde entkommen können. Falls ihr die Flucht gelang, konnte sie Guys Leute sammeln - falls noch jemand von ihnen am Leben sein sollte.
Roderick kam auf sie zu und zog sie hart zu sich heran K r wollte sie küssen, doch sie riß den Kopf zurück und versuchte, sich der Umarmung zu entwinden.
„Was soll das?" grollte er. „Ihr seid meinen Küssen doch schon einmal mit Eifer begegnet, Kathryn."
„Das war vor meiner Vermählung. Ihr könnt meinen Körper nehmen, denn ich vermag wenig zu tun, um Euch davon abzuhalten. Doch wisset, Roderick: Mein Herz gehört Guy! Er allein bedeutet mir etwas. Ihr nicht!"
„Er ist nicht halb der Mann, der ich bin."
„Ihr müßt scherzen!" Kathryn lachte leise und spöttisch. „Ihr seid doch nichts als ein elender Feigling. Ihr habt Richard of Ashbury im Schlaf ermordet. Und Ihr fürchtet Euch davor, dem Earl of Sedgewick im offenen Kampf gegenüberzutreten. Ihr habt ihn Euren Männern überlassen, weil Ihr eine Niederlage befürchtet."
Er legte die Arme so fest um sie, daß sie fürchtete, ihr Rücken würde zerbrechen. Sein Gesicht war wutverzerrt. „Bei Gott, Weib, Ihr habt die Zunge einer Furie! Es wundert mich, daß der Earl sich Euer nicht schon längst entledigt hat. Vielleicht sollte ich das für ihn übernehmen?"
Seine Stimme klang wie das Knurren eines Raubtiers. „Wenn Ihr klug seid, Kathryn, dann tut Ihr jetzt Euer Bestes, um mir Freuden zu verschaffen, denn sonst könnte ich zu dem Entschluß gelangen, Ihr und Euer Balg seid die Mühe nicht wert."
Er preßte seine feuchten Lippen auf ihre. Sein heißer, saurer Atem verursachte ihr Übelkeit. Mit einer Drehung seines Körpers riß er sie zu Boden. Wild schlug sie mit Armen und Beinen um sich. Er fing ihre Handgelenke ein und drückte sie über ihrem Kopf auf die Erde.
Sein Gewicht über ihr machte ihr das Atmen beinahe unmöglich. Als sie nach Luft schnappte, drang er mit der Zunge brutal in ihren Mund ein. Kathryn schrie erstickt auf und - biß dann kräftig zu.
Roderick zuckte zurück, blieb jedoch auf den Knien über ihr hocken. Er starrte sie wütend an, während er sich die Hand vor den Mund hielt. Als er sie wieder fortzog, war sie blutig.
„Hinterhältige Hexe, verdammte!" Jetzt sah er tatsächlich wie ein Raubtier mit gefletschten Zähnen aus. Er hob die zur Faust geballte, blutige Hand.
Vielleicht ist es sogar besser so, fuhr es Kathryn durch den Kopf; wenn er mich bewußtlos schlägt, erinnere ich hinterher wenigstens nichts.
Zu dem Schlag kam es nicht.
Roderick wurde von ihrem Körper gehoben wie ein Vogel aus seinem Nest, und als er auf den Beinen stand, blieb ihm vor Staunen der Mund offenstehen.
Mit einem Freudenschrei sprang Kathryn auf. Guy war da! Er lebte noch!
Im Bruchteil eines Moments wurde aus ihrem Freudenschrei einer des Entsetzens. Roderick sprang über das Lagerfeuer, riß sein Schwert an sich und fuhr damit zu Guy herum.
„Ihr habt zum letztenmal nehmen wollen, was mein ist, Roderick. Und ich benötige keine Waffe, um Euch zu töten." Der Earl sprach leise und spöttisch. „Ich werde Euch mit meinen bloßen Händen vom Leben zum
Weitere Kostenlose Bücher