Geliebter Feind
preßte sich ihren Körper a n seinen. Die Finger der anderen schob er in ihr Haar und zog ihren Kopf zurück, so daß sie zu ihm hochschauen mußte.
„Hört mir zu, Liebste. Ja, ich habe Elaine geliebt, doch Ihr, Kathryn, seid es, die meinem Herzen befiehlt, wie es noch keine andere Frau zuvor getan hat. . . " Seine Stimme war nur noch ein Flüstern. „ . . . und wie es auch keine andere Frau jemals tun wird."
Kathryn begriff den Sinn dieser Rede. Tränen traten ihr in die Augen, und die Lippen bewegten sich, ohne daß sie gleich Worte zu formen vermochte.
„Wollt Ihr damit etwa sagen . . . " Sie mußte erst tief Luft holen, und jetzt zitterten ihre Lippen auch noch. Guy hob fragend und amüsiert zugleich eine Augenbraue hoch. „... daß Ihr mich liebt?"
Er neigte sich zu ihr. Seine Lippen berührten ihre wie ein Hauch. „Ja", flüsterte er. „Ich liebe Euch, Kathryn."
Kathryn schwindelte es, so mächtig waren die Empfindungen, die sie durchströmten. In ihrem Inneren schien alles drun-ter und drüber zu gehen. Ihr Freudenschrei wurde zu einem Schluchzen, und am Ende konnte sie sich nur noch überwältigt a n ihrem Gemahl festklammern.
Wie von selbst kamen ihr die Worte auf die Lippen. „Ach Guy, ich liebe Euch auch!" rief sie. „Ich liebe Euch schon seit langem - sogar als ich Euch haßte, weil Ihr mich soweit gebracht hattet, daß ich Euch liebte. Ich wollte es ja nicht, doch ich konnte es nicht ändern ... und dann hatte ich solche Angst, Ihr würdet mich niemals lieben können . . . "
Inzwischen rollten ihr die Tränen über die Wangen. Guy wischte sie ihr zuerst mit den Daumen ab und neigte dann den Kopf, um sie ihr unendlich zärtlich fortzuküssen. Erst an Eurer Seite konnte ich die Last der Vergangenheit abwerten.
„Zweifelt niemals an meiner Liebe ", flüsterte er. „Bevor Ihr in mein Leben tratet, fürchtete ich, in meinem Herzen würde der ewige Winter regieren. Ihr jedoch habt mir das Feuer und die Wärme des Sommers gebracht. Ihr habt die Winterkälte aus meiner Seele vertrieben."
Er sprach so eindringlich und zärtlich, daß es Kathryn zu-tiefstbewegte. „Bei allem, was heilig ist", sagte er feierlich, „ich schwöre, daß ich Euch mit jedem Schlag meines Herzens mehr liebe."
Kathryn lächelte unter Tränen. „Manchmal entfacht mein Feuer ja leider nur Eure Wut. . . "
„Richtig", bestätigte er mit einem schiefen Lächeln. „Ihr seid starrsinnig, trotzig, stolz und so dornig wie eine Rose." Er wurde wieder ganz ernst. „Ich liebe Euch nicht trotz dieser Eigenschaften", erklärte er leise. „Ich liebe Euch gerade deswegen.
Ich liebe Euch so, wie Ihr seid, Kathryn, gleichgültig, wie eigen-sinnig Ihr auch sein mögt. Und ich will Euch gar nicht anders haben."
Sein Blick und sein Ton griffen ihr ans Herz. Jetzt standen keine Gespenster mehr zwischen ihnen, weder Elaine noch Roderick, nicht einmal Richard of Ashbury. Niemand würde ihnen das Glück nehmen können, das die Zukunft für sie bereithielt.
Sie waren beide frei in ihrer Liebe.
Sie schlang ihm die Arme um den Hals und bot ihm ihren verlockenden Mund dar, den er begierig in Besitz nahm. Er küßte sie sowohl hungrig als auch zart, ebenso sanft wie glutvoll. Aufstöhnend hob er sie danach in die Arme und trug sie zum Bett, wo die Leidenschaft endlich über sie beide die Herrschaft an-trat.
Als Kathryn viel später glücklich und erschöpft in Guys Armen lag, mußte sie daran denken, daß fast ein Jahr vergangen war, seit er sie gegen ihren Willen nach Sedgewick gebracht hatte. Wie unendlich traurig war sie doch damals gewesen, Elizabeth und Ashbury verlassen zu müssen! Wie hatte sie sich nach ihrer Heimstadt zurückgesehnt!
Doch Elizabeth und Hugh waren glücklich, und Ashbury …
einst hatte sie geglaubt, Ashbury wäre ein Teil ihrer Welt, und ohne Ashbury besäße sie gar nichts. Sie lächelte insgeheim. Wie sehr sie sich doch geirrt hatte! Wie überaus töricht sie doch gewesen war!
Hier in Guys Armen hatte sie nämlich etwas entdeckt, das viel kostbarer, viel dauerhafter war als ein wehrhafter Haufen Steine und Bauholz: Guy liebte sie, und sie liebte ihn. Und mit dieser Liebe hatte sie keineswegs einen Teil von sich verloren. Vielmehr hatte sie den Teil gefunden, der sie erst zu einem Ganzen machte.
-ENDE -
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