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Geliebter Feind

Geliebter Feind

Titel: Geliebter Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
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das Kathryn bei sich trug.
    „Herrin, Ihr reist doch nicht etwa ab?" fragte sie besorgt.
    „Gewiß tut sie das", antwortete Roderick über Kathryns Kopf hinweg. „Es ist schon so lange her, seit die Lady ihre Schwester zum letztenmal gesehen hat. Sie hat beschlossen, mit mir nach Ashbury zurückzukehren."
    Kathryn sah Gerdas auf sie gerichteten Blick und überlegte verzweifelt, wie sie dem Mädchen ein heimliches Zeichen geben könnte. Sie öffnete den Mund, doch leider verstärkte Roderick seinen Griff um ihren Arm so sehr, daß der Schmerz schier unerträglich wurde. Ihr Herz hämmerte wie wild, doch sie wagte kein Wort zu sagen.
    „Lady Kathryn ..." Gerda rang die Hände. „Was soll ich denn dem Earl sagen, wenn er wiederkommt?"
    Wieder war es Roderick, der dem Mädchen antwortete. „Du kannst dem Earl ausrichten, er brauche sich keine Sorgen zu machen." Er lächelte. „Ich werde das Leben der Lady bewachen, als wäre es mein eigenes."
    Kathryn hätte ihm am liebsten dieses beleidigende Lächeln aus dem Gesicht geschlagen, doch er schob sie schon aus der Halle hinaus.
    Esmeralda und Rodericks Pferd warteten schon gesattelt vor den Ställen. Ein Reitknecht half beim Aufsitzen. Kathryn drehte sich zu Roderick um und streckte die Arme nach Brenna aus.
    Schon dachte sie, er würde ablehnen, doch dann übergab er ihr das Kind, wobei er sie mit den Blicken förmlich durchbohrte.
    Kathryn mißverstand die Warnung nicht.
    Die Nachmittagssonne strahlte golden vom Himmel, als sie Sedgewick verließen, doch die Furcht umhüllte Kathryns Herz wie ein schwarzes Leichentuch. Wo mochte Guy jetzt sein? Lebte er noch? Hatte ihn irgendeines Kriegers Schwert schon seines letzten Atems beraubt?
    Stumm begann sie für Guys Unversehrtheit zu beten, für die Unversehrtheit ihres Kindes ... Kathryn betete so inbrünstig wie noch nie in ihrem Leben.
    „Halt!" Der Earl riß den Arm hoch, zügelte sein Schlachtroß und brachte es recht unvermittelt zum Stehen. Die lange Reihe seiner berittenen Krieger hinter ihm hielt an.
    Sir Michael ritt zu Guy heran und warf einen Blick auf die bewaldete Umgebung. „Herr? Weshalb halten wir denn jetzt schon?"
    Guy antwortete nicht sofort. Er vermochte sich die Unruhe in seinem Inneren nicht zu erklären; er wußte nur, daß sie mit jedem Schritt weiter fort von Sedgewick wuchs.
    „Ich bin mir nicht ganz sicher, Michael", sagte er endlich.
    „Doch ich werde das Gefühl nicht los, daß irgend etwas nicht stimmt."
    „Wie das, Herr?"
    Etwas, das Roderick heute morgen geäußert hatte, ging ihm im Sinn herum. „Mir ist mein Leben sehr lieb, so wie Euch Eures auch lieb sein sollte", hatte er bemerkt, und erst jetzt erkannte Guy das als eine mögliche Drohung.
    „Sir Roderick ist heute früh aufgebrochen", sagte er zu Michael, „und schon wenige Stunden später erhielten wir die Nachricht, daß Ramsey Keep unter Belagerung steht. Natürlich kommen solche Zufälligkeiten vor, doch wenn ich jetzt so dar-
    über nachdenke, dann erscheint es mir doch ein wenig zu ...
    zweckmäßig."
    Sir Michael rieb sich das Kinn und machte ein Gesicht, das ebenso besorgt aussah wie das seines Herrn. „Vermutet Ihr, daß Ihr mit dieser Botschaft von Sedgewick fortgelockt werden solltet?"
    Guy wünschte sich, er hätte mehr Streitkräfte auf seiner Burg zurückgelassen. Die Vorstellung, daß Kathryn dort nur mit der Notbesatzung zu ihrem Schutz zurückgeblieben war, wurde ihm immer unbehaglicher. „Ich weiß es nicht", antwortete er.
    „Ich werde es feststellen."
    „Soll das heißen, Ihr wollt nach Sedgewick zurückkehren, Herr?"
    „Jawohl. Michael, führt Ihr meine Männer weiter nach Ramsey Keep. Falls dort alles beim Rechten ist, haben wir nichts verloren. Falls nicht, so führt Ihr meine Truppe in die Schlacht.
    Und seid auf der Hut vor einer Falle, mein Freund."
    Der junge Ritter richtete sich sehr gerade auf. Er war sich der Verantwortung bewußt, die ihm sein Herr übertragen hatte, und es beschämte ihn, daß der Earl ihm so vertraute wie sonst kaum jemandem. „Ich werde Euch nicht enttäuschen, Herr", versicherte er ernst.
    Guy verschwand in einer riesigen Staubwolke. Er hoffte in-ständig, daß er auf Sedgewick alles in bester Ordnung vorfinden würde. Als er indessen dort eintraf, war dem nicht so. In der gro-
    ßen Halle hielt sich niemand auf. Guy durchquerte sie eilig und stieg die Treppe hinauf.
    Seine Gattin befand sich nicht im Herrengemach. Ein wenig geistesabwesend nahm er eine ihrer

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