Geliebter Freibeuter
»Wie geht es dir?«
Mit einem Lachen warf Eloise den Kopf zurück. »Danke der Nachfrage, David Morgan. Mir geht es ganz wunderbar.«
Erstaunt bemerkte Morgan, wie gelöst, ja glücklich Eloise wirkte. Gar nicht so, als wäre sie eine Geisel und hätte Angst. Was war hier los?
»Wo ist Flynn?«, herrschte er Eloise an. »Was ist das für ein Spiel? Wie kommst du überhaupt hierher in den Norden?«
Nun lächelte Eloise nachsichtig, und als sie sprach, hörte es sich an, als spräche sie zu einem Kind.
»Ach, David, David, du solltest dich beruhigen. Ich bin gekommen, um dir zu sagen, dass dein Spiel aus ist.«
»Wie bitte?« Morgans Gesichtsausdruck war ein einziges Fragezeichen.
»Der Gouverneur weiß Bescheid, dass du ihn nicht nur stürzen, sondern auch töten wolltest«, fuhr Eloise fort, und alles in Morgan schien zu Eis zu gefrieren. »Peabody wurde verhaftet und hat alles gestanden. Seine beziehungsweise eure Helfershelfer sind ebenfalls in Haft.«
»Was hat das mit dir zu tun?« Mit einem Satz sprang Morgan zu Eloise und packte ihre Schultern. »Was willst du eigentlich von mir, Eloise Gilbert? Du bist meine Verlobte, doch du hörst dich an, als würdest du dich gegen mich stellen. Was soll diese dumme Nachricht, du befändest dich schon wieder in Flynns Gewalt?«
Morgans Finger drückten auf die noch nicht vollständig verheilte Wunde an Eloises rechter Schulter, aber sie ließ sich den Schmerz nicht anmerken. Fest sah sie Morgan in die Augen und sagte ruhig: »Ich habe nicht gelogen, David, denn ich befinde mich wirklich in den Fängen des Mannes, den du alsPiraten Dark Flynn kennst. Du hasst ihn, ich jedoch habe festgestellt, dass er ein ehrlicher und aufrichtiger Mann ist. Ehrlicher als du selbst, David Morgan!«
Morgan sah das Leuchten in Eloises Augen, und ein unglaublicher Verdacht keimte in ihm auf.
»Du machst mit dem Schurken gemeinsame Sache!« Seine Finger bohrten sich fester in ihr Fleisch, und aufgebracht schüttelte er Eloise heftig.
»Lass sie sofort los!« Eine donnernde Stimme ließ Morgan herumfahren.
»Flynn!«
Ryan trat mit gezogenem Degen hinter einem Baum hervor. Er trug jetzt wieder die Maske, und Morgan starrte ihn hasserfüllt an. Seine Hand fuhr an seinen Hosenbund und zog die Pistole, die er selbstverständlich mitgenommen hatte, aber Ryan war schneller. Mit einem raschen Hieb seines Degens schlug er Morgan die Waffe aus der Hand.
»Es ist Zeit, deine Taten zu gestehen, Morgan!«
Die Situation war so absurd, dass Morgan laut zu lachen begann.
»Ich habe keine Ahnung, wovon Ihr sprecht. Ihr habt keine Beweise, außer vielleicht die Aussage eines Mannes, von dem bekannt ist, dass er sich mit obskurem Gesindel herumtreibt. Außerdem seid Ihr, Flynn, ein gesuchter Verbrecher, dem kein anständiger Mensch Glauben schenken wird.«
»Ich habe gehört, wie du Peabody den Befehl gabst, den Gouverneur zu töten, um an seine Stelle zu treten.« Entschlossen trat Eloise vor Morgan und sah ihm in die Augen. »Es war im Garten der Plantage, und ihr habt nicht bemerkt, dass ich in der alten Laube war.«
Nur für einen Moment glomm Erschrecken in MorgansAugen auf, dann hatte er sich wieder unter Kontrolle. Anscheinend gelangweilt, zuckte er mit den Schultern.
»Was hat die Aussage einer Frau schon zu bedeuten?« Sein Blick ging zwischen Eloise und Flynn hin und her, dann begann er zu verstehen. Sein Verdacht wurde zur Gewissheit, und er schlug sich die flache Hand an die Stirn. »Zudem von einer Frau, die offenbar mit Piraten kooperiert. Wie dumm war ich eigentlich, nicht zu bemerken, dass du mit dem Gesindel gemeinsame Sache machst? Wie lange geht das schon, Eloise? Waren bereits der Überfall auf die
Queen Beth
und deine angebliche Entführung von langer Hand geplant?«
Eloise schüttelte den Kopf und erwiderte ruhig: »Nein, damals nicht, aber dann musste ich feststellen, was für ein Mensch du bist, David Morgan: hartherzig, geldgierig und machthungrig. Du behandelst dein Vieh besser als deine Sklaven und verdienst am Handel mit den armen Menschen, ohne dass dich ihr Leid auch nur im Geringsten berührt. Aber das alles spielt keine Rolle. Der Captain und ich sind gekommen, dich nach Kingston zu bringen, wo du dich vor dem Gericht verantworten wirst.«
Ungläubig schüttelte Morgan den Kopf und grinste.
»Ihr könnt nicht im Ernst glauben, dass ich freiwillig mit euch mitkomme.« Mit einer raschen Bewegung zog er seinen Degen und stellte sich in Kampfposition. »Ich werde
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