Geliebter Fremder
zusammenleben könnte, überhaupt in Betracht zu ziehen.
»Larissa, wenn auch nur die leiseste Möglichkeit besteht, dass der Mann vielleicht ein Betrüger ist, dann könntest du in Gefahr sein. Du weißt nicht, wie seine Vergangenheit aussieht oder zu was er fähig ist…«
»Er ist mein Mann.« Lara wich nicht von ihrem Standpunkt ab, obwohl sie blass wurde. »Ich bin mir ganz sicher.«
»Hat er gestern Abend versucht, mit dir …«
»Nein.«
»Wenn er dich in den Armen hält, wirst du vermutlich sofort wissen, ob er der Mann ist, den du geheiratet hast, oder nicht.«
Während Lara noch nach einer Erwiderung suchte, fiel ihr ein, wie heiß sie seinen Atem auf der Haut gespürt hatte, wie sich seine Haare angefühlt hatten, und sein Geruch nach Sandelholz stieg ihr wieder in die Nase. Es hatte eine seltsam elementare Bindung zwischen ihnen bestanden. »Ich weiß nicht, wer er ist«, flüsterte sie unbehaglich.
»Aber ich muss einfach glauben, dass er mein Ehemann ist, weil es sonst keinen Sinn ergibt. Kein Fremder könnte die Dinge wissen, die er weiß.«
Der Abend nahte, aber die Gäste gingen nicht, trotz Dr. Slades missbilligenden Einwänden. »Das war genug Abwechslung für einen Tag«, sagte der alte Arzt zu Lara. Sie blickten zu Hunter, der an einem Sideboard auf der anderen Seite des Wohnzimmers stand. »Er muss sich jetzt ausruhen, Lady Hawksworth.«
Lara beobachtete, wie ihr Mann gleichzeitig Brandy einschenkte und über die Bemerkung eines Freundes lachte. Er wirkte vollkommen entspannt … nur bei genauerem Hinsehen fielen einem die Schatten unter den Augen und die tiefer werdenden Falten um den Mund auf.
Er hatte eine Vorstellung gegeben, stellte sie fest. Eine gut gemachte Vorstellung, die ihm die Unterstützung der Dorfbewohner sichern sollte … und er hatte Erfolg damit gehabt. Heute war er jeder Zoll der Schlossherr gewesen, selbstbewusst, gastfreundlich und höflich. Falls die Besucher ursprünglich vielleicht misstrauisch wegen seiner Identität gewesen sein sollten, so würden jetzt nur noch sehr wenige sie anzweifeln.
Lara empfand Mitleid, während sie ihn ansah. Trotz der Menschen, die ihn umgaben, wirkte er sehr allein. »Er sieht ein wenig erschöpft aus«, sagte sie zu Dr. Slade. »Vielleicht könnten Sie Ihren Einfluss geltend machen und ihn dazu überreden, sich zurückzuziehen.«
»Das habe ich bereits versucht«, schnaubte der alte Mann. »Er ist so eigensinnig wie immer. Wahrscheinlich wird er den Gastgeber spielen, bis er vor Erschöpfung zusammenbricht.«
Lara betrachtete ihren Mann. »Er hat noch nie auf die Meinung anderer gehört«, stimmte sie zu. Zumindest das war ein Charakterzug an Hunter, der sich nicht geändert hatte. »Ich werde jedoch mein Bestes tun, um ihn zu überreden.«
Lächelnd trat sie auf Hunter und die drei Männer zu, die um ihn herumstanden. Zuerst richtete sie das Wort an den, der ihr am nächsten stand, Sir Ralph Woodfield, einen vermögenden Gentleman mit einer Leidenschaft für die Jagd. »Sir Ralph«, rief sie entzückt aus, »welch eine große Freude, Sie hier anzutreffen.«
»Vielen Dank, Lady Hawksworth«, kam die herzliche Antwort. »Darf ich Ihnen zu Ihrem großen Glück gratulieren? Wir haben diesen Mann hier alle schmerzlich vermisst. Aber wahrscheinlich freuen Sie sich mehr als jeder andere über seine Heimkehr.« Ein leichtes Zwinkern begleitete den letzten Satz.
Lara errötete wegen der Anspielung. Sie hörte diese Bemerkung nicht zum ersten Mal an diesem Tag und es kam ihr so vor, als ob ganz Market Hill sie für eine liebeskranke Witwe gehalten hätte. Sie verbarg jedoch ihren Ärger und lächelte ihn an. »Es ist wirklich eine große Gnade, Sir. Auch andere Menschen werden das so empfinden …
Aber lassen Sie mich Ihnen nun von der Idee erzählen, die mir kürzlich in den Sinn gekommen ist. Ich bin sicher, Sie werden begeistert sein.«
»Oh?« Sir Ralph neigte erwartungsvoll den Kopf, da ihre Worte offenbar sein vom Brandy beduseltes Hirn erreicht hatten.
»Ich dachte an Ihre Vollblutzucht und die sorgfältige Pflege, die Sie Ihren Tieren angedeihen lassen, und da dachte ich mir … warum macht Sir Ralph eigentlich nicht eine Art Heim für alte und verkrüppelte Pferde auf, und zwar hier in Market Hill?«
Sein Unterkiefer fiel herunter. »Ei-ein Heim für …«
»Ein Ort, an dem sie bleiben können, wenn sie lahm oder krank sind oder aus irgendwelchen anderen Gründen zu nichts mehr nütze sind. Ich bin sicher, es
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